"Tatort" aus München Maria Hilf!
20.10.2018, 15:48 Uhr
Die Kriminalhauptkommissare Franz Leitmayr und Ivo Batic sind frustriert, weil die Befragung der Künstlichen Intelligenz "Maria" trotz Unterstützung durch Anna Velot (Janina Fautz) nicht so effizient vorangeht, wie sie sich das wünschen.
(Foto: BR/Hendrik Heiden/Bavaria Fictio)
Als Melanie verschwindet, hoffen die Münchner Kommissare Batic und Leitmayr, dass ihre beste Freundin Maria Hinweise geben kann. Das Problem: Es handelt sich um ein Programm auf dem Computer der Vermissten, um "künstliche Intelligenz".
Das Internet, unendliche Weiten. Dein Computer, das unbekannte Wesen. Wenn sich der "Tatort" immer mal wieder mit neuen Technologien beschäftigt, dann beschränkt sich das zuweilen darauf, dass mäßig beschlagene Herren jungen Damen über die Schulter gucken, die mit flinken Fingern das Laptop malträtieren, angejahrte Kommissare mühsam den Wikipedia-Eintrag übers "Darknet" runterbeten oder das Handy verteufelt wird. Ausgerechnet die Silberrücken von der Isar zeigen jetzt, dass es auch anders geht.
Dabei beginnt alles relativ konventionell, auch wenn Ivo Batic (Miroslav Batic) und Franz Leitmayr (Udo Wachtveitl) noch gar nicht so recht zuständig sind, wie letzterer richtig bemerkt. Bislang ist die 14-jährige Melanie Degner (Katharina Stegner) "nur" vermisst, das Morddezernat also eigentlich fehl am Platz. Aber Vater Robert Degner (Dirk Borchardt, im letzten Monat noch im "Polizeiruf 110" zu sehen) ist ein alter Kumpel und Kollege von Batic, also klinkt man sich hier auf dem kurzen Dienstweg ein.
Dass das kein Fall wie jeder andere ist, wird klar, als die Kommissare sich mit Melanies Computer, besser gesagt, der künstlichen Intelligenz darauf mit Namen 'Maria' beschäftigen. Maria kann sprechen, auf Situationen reagieren, weiß wahnsinnig viel, verrät aber längst nicht alles - und war in den Wochen vor dem Verschwinden Melanies so etwas wie ihre beste Freundin. Über das Programm führt der Weg ins Landesrechenzentrum, wo unter der Ägide von Bernd Fehling (Florian Panzner) und seiner überaus engagierten Assistentin Anna Velot (Janina Fautz) an diesem streng geheimen EU-Projekt gearbeitet wird.
Die kühle Arroganz der Maschinen
"KI", also 'Künstliche Intelligenz', nennen Stefan Holtz und Florian Iwersen, ein überaus gut eingespieltes Autoren-Duo, diesen Münchner Fall und die Frage, wie weit das noch führen kann - oder besser gesagt, bislang gediehen ist mit jener selbst denkenden Technologie - beantworten sie schon zum Auftakt per Schrifttafel. Vom sogenannten "Turing Test" ist da die Rede, einer Versuchsreihe, die zeigen soll, ob ein Computer wie ein menschliches Wesen denkt. Bis heute hat noch kein Rechner diesen Test bestanden. Ob der "Tatort" hier Neues zutage fördert oder gar Gegenteiliges, soll gar nicht erst gespoilert werden, über die Art und Weise kann man jedoch schon etwas sagen, ohne zuviel zu verraten.
Schon in den vergangenen Monaten hatte sich der "Tatort" mit Fällen wie "HAL" oder "Borowski und das dunkle Netz" an ähnlichen Themen abgearbeitet, so stimmig wie der Schweizer Regisseur Sebastian Marka (u.a. der Tukur-Fall "Es lebe der Tod") ist es noch keinem gelungen. Er gibt der Story einen ganz eigenen Unterton, konzentriert sich mal auf die kühle Arroganz der Maschinen, dann widmet er sich den Protagonisten, deren Binnenverhältnisse unablässig buffern, ohne ihr volles Datenvolumen auszuschöpfen.
Dazu findet Kameramann Willy Dettmeyer im Wechsel zwischen industriellem Ambiente und fließenden Naturaufnahmen eine ganz eigene Bildsprache. Thomas Mehlhorns Score atmet mal die süßliche Nostalgie einer Folge "Downtown Abbey", dann wieder klingen seine Soundscapes, als hätten sich Talk Talk und Kraftwerk zum gemeinsamen Musizieren getroffen. Sehenswert, bis zum atmosphärischen, kühl montierten und hochemotionale Finale.
Quelle: ntv.de