Ein Schwabe in HollywoodRoland Emmerich ist und bleibt der Katastrophen-König

Keiner zerstört die Welt so schön wie Roland Emmerich in Filmen wie "Independence Day", "The Day After Tomorrow" oder "2012", auch wenn nicht jeder den Pathos in seinen Werken mag. Nun feiert der Schwabe, der auszog, um Hollywood aufzumischen, seinen 70. Geburtstag.
Ein englischer Mistkerl wird im Unabhängigkeitskrieg mit der amerikanischen Flagge zur Strecke gebracht. Oder: Der Präsident der USA steigt - natürlich zum Unabhängigkeitstag - in einen Kampfjet, um eine Alien-Invasion zu verhindern. Wenn ein Film vor US-Patriotismus nur so strotzt, stehen die Chancen gut, dass ein Mann aus dem Schwabenländle dafür verantwortlich ist: Roland Emmerich.
Der Regisseur verstand es über viele Jahre hinweg wie kaum ein Zweiter, bombastische Action-Sequenzen mit einer gehörigen Portion Pathos anzureichern. Zuletzt schwächelte das Erfolgsrezept des Königs der Katastrophe, der an diesem Montag seinen 70. Geburtstag feiert, jedoch merklich. Sein 2019 erschienener Streifen "Midway - Für die Freiheit" blieb bereits deutlich hinter den Erwartungen zurück. Und beim kostspieligen Science-Fiction-Katastrophenfilm "Moonfall" krachte nur eines gewaltig nach unten: das Einspielergebnis.
1955 in Stuttgart geboren und anschließend im schwäbischen Sindelfingen aufgewachsen, begeisterte sich der Regisseur bereits früh für die Filmbranche. Das Jahr 1977, als Emmerich an der Hochschule für Fernsehen und Film in München Szenenbild studierte, fiel genau in die Anfangszeit der Blockbuster-Ära. Filmstudios setzten wieder vermehrt auf teure Produktionen und die Independent-Film-Bewegung der 60er-Jahre fand langsam, aber sicher ihr Ende.
Von "Star Wars" inspiriert
Ein ganz besonderer Meilenstein der Kinogeschichte hat dabei den Werdegang des Schwaben maßgeblich beeinflusst: "Star Wars". Nachdem er das Weltraum-Märchen gesehen hatte, wechselte Emmerich noch im selben Jahr ins Regiefach.
Emmerich entwickelte schon früh einen Hang zu opulenten Filmen. Seine Abschlussarbeit "Das Arche Noah Prinzip" kostete die stolze Summe von einer Million D-Mark. Damit sprengte der Science-Fiction-Streifen jeglichen Rahmen der Filmschule. Das Budget für einen Abschlussfilm lag damals bei gerade einmal 20.000 Mark. Größtenteils fremdfinanziert konnte das ambitionierte Projekt aber gestemmt werden und feierte 1984 auf den Internationalen Filmfestspielen in Berlin eine äußerst erfolgreiche Uraufführung.
Mit der Entscheidung, Filme zwar in Deutschland zu produzieren, sie aber in englischer Sprache zu drehen, erregte Emmerich schnell Aufmerksamkeit in Hollywood. Den Durchbruch in der Traumfabrik hatte er dann spätestens, als er 1992 mit Jean-Claude Van Damme und Dolph Lundgren den Sci-Fi-Actionfilm "Universal Soldier" drehte. Die zu Beginn seiner Karriere sicherlich durch "Star Wars" hervorgerufene Vorliebe für Science-Fiction und Raumfahrt trat auch beim 1994 folgenden "Stargate" mit Kurt Russell deutlich hervor.
Ruhigere Töne mit "Anonymus"
Danach entwickelte Emmerich ein Faible dafür, die Welt untergehen zu lassen und die Menschheit an den Rand ihrer Auslöschung zu treiben. 1996 kam die Gefahr noch aus dem All, als die Erde in "Independence Day" von zerstörungswütigen Außerirdischen angegriffen wurde. Kurz darauf sorgte er mit seiner Interpretation des japanischen Kultmonsters Godzilla im gleichnamigen Film für Angst und Schrecken. In "The Day After Tomorrow" führten die Folgen der globalen Erwärmung zu einer neuen Eiszeit, welche die Menschheit binnen Sekunden erfrieren ließ.
"Als Alexander die Größe seines Reiches sah, fing er an zu weinen, denn es gab nichts mehr, das er erobern konnte." Nach seinem Film "2012", in dem die Maya die drohende Apokalypse vorhergesehen haben, erging es Emmerich wie Alexander dem Großen: "Es ist die Mutter aller Zerstörungsfilme, mit Effekten, wie man sie noch nie gesehen hat. Ich wüsste wirklich nicht, was ich danach noch zerstören sollte", so der Regisseur zum Magazin "Merian". Hat er damals, im Jahr 2009, also zum letzten Mal die Welt untergehen lassen?
Rund sieben Jahre lang hielt Emmerich Wort. Mit dem Film "Anonymus", dem Drama über die Urheberschaft der Werke von William Shakespeare, schlug er 2010 ungewohnt ruhige Töne an. Nur einen Ort legte er zwischenzeitlich dann doch ein weiteres Mal in Schutt und Asche: das Weiße Haus. Hatte er es bereits von Aliens in die Luft sprengen oder von einer gigantischen Welle wegspülen lassen, sorgte er in seinem Film "White House Down" 2013 abermals für umfangreichen Renovierungsbedarf im Zuhause des US-Präsidenten.
Ende der Erfolgssträhne?
2016 kehrte Emmerich dann endgültig auf bekanntes Terrain zurück. Mit "Independence Day: Wiederkehr" legte er mit der Fortsetzung seines Kultstreifens nach und ließ abermals die Aliens auf die Erdbevölkerung los. Im Nachhinein - und nach verheerenden Kritiken - bezeichnete Emmerich das Sequel ohne Will Smith aber als "Fehler". "Ich hätte damals Nein sagen sollen zum Studio. Ich hätte den Film nicht machen sollen. Wir hatten ein viel besseres Skript mit Will Smith", sagte Emmerich. "Es ist dann viel zu schnell gemacht geworden, es ist nicht so gut geworden, wie es hätte sein sollen."
Eine irrwitzige Katastrophe gab es in seinem bis dato letzten Film zu sehen. Denn in "Moonfall" ist der Name bombastisches Programm: Aus unerfindlichen Gründen gerät der Mond aus seiner herkömmlichen Umlaufbahn rund um die Erde und droht deshalb, auf eben jene herunterzukrachen. Katastrophe trifft Sci-Fi trifft Pathos, gedreht von Emmerich - was nach einem sicheren Box-Office-Erfolg klang, wurde zum Mega-Flop. Weltweit spielte "Moonfall" nur rund 67 Millionen US-Dollar und damit nicht einmal die Hälfte der Produktionskosten ein.
Privat geht es bei dem Regisseur schon seit vielen Jahren deutlich harmonischer zu. Seit 2017 ist er mit seinem Partner Omar De Soto glücklich verheiratet. Nur beim Thema Kinder sind sich die beiden offenbar uneins.
"Mein Mann will Kinder haben, das muss ich respektieren. Wir reden jetzt nicht jeden Tag über dieses Thema, alle halbe Jahre kommt es allerdings wieder auf", so Emmerich bereits vor sechs Jahren in einem Interview mit dem Magazin "Bunte". Als Kompromiss habe er für seine bessere Hälfte einen zweiten Hund namens "Bandito" ins Haus geholt, plauderte er damals aus. "Ich habe gesagt: 'Omar, lass uns doch erst einmal schauen, wie das mit den Hunden funktioniert für ein paar Jahre.'" Zu einem endgültigen Ergebnis sind die beiden aber anscheinend noch immer nicht gekommen - Kinder haben sie jedenfalls nach wie vor nicht.