Unterhaltung

Abschied vom "Tatort"Rosen für die Staatsanwältin

07.12.2025, 21:48 Uhr
imageVon Ingo Scheel
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Nach dem 48. Fall ist für Mechthild Großmann Schluss beim Münsteraner "Tatort". (Foto: picture alliance / Panama Pictures)

Mit Mechthild Großmann verabschiedet sich ein besonders prägendes Gesicht - und eine besonders prägende Stimme - vom Münsteraner "Tatort". 48 Folgen lang zeigte sie Thiel und Boerne, wo es langgeht. Gute Arbeit, Staatsanwältin Klemm!

Es war ja schon eine ganze Weile bekannt, dass Staatsanwältin Klemm sich in den verdienten Ruhestand verabschieden würde, aber wenn es dann passiert, schmerzt es schon ein wenig. 48 Folgen, etliche Morde und Missetaten, ein Vielfaches an Zigaretten, es war ein langer Weg für Mechthild Großmann alias Wilhelmine Klemm.

Im Oktober 2002 feierte der Münsteraner "Tatort" seine Premiere, "Der dunkle Fleck", der Titel des Falles, es ging um den Fund einer mysteriösen Moorleiche. Das ARD-Publikum bekam es hier mit einem Sonntagabend-Krimi der ungewöhnlichen Art zu tun. Viel Lokalkolorit, mit Boerne, Thiel und Haller drei Charakterköpfe als "Tatort"-Triple, dazu Mechthild Großmann als Staatsanwältin Wilhelmine Klemm als ausgesprochen charismatische Vorgesetzte.

Großmann, am Tag vor Heiligabend 1948 ebendort geboren, wo sie Dekaden später zur besten Sendezeit agieren würde, in Münster, aufgewachsen im Kreuzviertel, kam über den Tanz zum Schauspiel. Hamburg, Bremen, Stuttgart, Bochum, einige ihrer Stationen. Sie spielte unter Peter Zadek, tanzte mit Pina Bausch, die sie Mitte der 70er-Jahre für Brechts "Die sieben Todsünden" als Sängerin besetzte.

Ein schillernder Weg für eine schillernde Künstlerin, an der Folkwang Universität der Künste dozierte sie in den 90ern, man wäre gern dabei gewesen und hätte ihr gelauscht. Vielleicht hat sie von ihrer Zeit mit Rainer Werner Fassbinder erzählt, in dessen "Berlin Alexanderplatz" sie 1980 als TV-Schauspielerin debütierte. Auf einem Foto aus jenen Tagen ist sie so zu sehen, wie sie auch in Münster ihre Kreise zog - als charismatische Raucherin, die Kippe im Mundwinkel, selbstbewusster Blick, man hört förmlich ihre Stimme dazu, dieses charmant angeraute Organ, das jene Sätze, die daraus hervortreten, immer so besonders klingen lassen.

Gute Arbeit, Staatsanwältin Klemm!

Neben den zahlreichen Film- und Fernsehrollen ist ihre Synchron- und Hörspiel-Vita entsprechend reich gefüllt, von "Augsburger Puppenkiste" bis "Die Unglaublichen", von "Der Schwarm" bis "Mücke, Maus und Maulwurf", von "Die Teufelin" bis "Der Schwobbel", eine Werkschau, so facettenreich und faszinierend, man würde sie sich gern von ihr vorlesen lassen.

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Ihr Schauspieldebüt feierte Großmann in Fassbinders "Berlin Alexanderplatz". (Foto: picture alliance/United Archives)

Sie dachte, es würde ein paar Folgen lang gehen, das bekannte sie jüngst im Interview mit den "Westfälischen Nachrichten", am Ende brachte sie es auf 48 Einsätze im Münsteraner "Tatort", vier Dutzend Fälle, die sie nachhaltig prägte. Wenn es mal wieder aus dem Ruder zu laufen drohte, wenn Boerne zu sehr zickte oder Thiel zu sehr motzte, war sie da - blies etwas Rauch in die Luft, rief zur Räson, zog noch einmal an ihrer Zigarette und hatte die Dinge wieder mal etwas gerader gerückt. Beim Blick auf den Nachnamen ihrer Nachfolgerin könnte man auf den Gedanken kommen, dass das auch in Zukunft funktioniert, vielleicht sogar noch ein bisschen besser. Strenger, so heißt sie, ob sie es auch ist, wird sich zeigen. Lou Strenger wird im kommenden Jahr zum ersten Mal in ihrer Rolle als Interims-Staatsanwältin Nikola König zu sehen sein. Der Titel der Folge ist bereits bekannt, und triggert umgehend einiges an Kopfkino-Impressionen, "Maskerade", so heißt der 49. Fall.

Mechthild Großmann, der man ein blumiges Liebesfinale im VW-Bus gönnte, wird ihn womöglich vom heimischen Sofa aus genießen und längst zu neuen Ufern aufgebrochen sein. Münster muss dabei nicht auf sie verzichten, am dortigen Schauspielhaus ist sie in "Das Vermächtnis" zu sehen. In Berlin wird sie mit dem Rundfunk-Sinfonieorchester auftreten, in Österreich mit einem Pianisten und natürlich wird es auch zahlreiche Lesungen geben.

Erst einmal jedoch gilt es, die Abschiedstränen in Ruhe zu trocknen, der Staatsanwältin ein Adieu nachzurufen, ein Kompliment, so wie sie es auch zu verteilen wusste, sparsam, aber effektiv: Gute Arbeit, Staatsanwältin Klemm!

Quelle: ntv.de

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