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Erster Auftrag für James Bond Vor 70 Jahren machte sich Ian Fleming unsterblich

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Ian Fleming soll kein gutes Gefühl gehabt haben - dann startete 007 einen weltweiten Siegeszug.

Ian Fleming soll kein gutes Gefühl gehabt haben - dann startete 007 einen weltweiten Siegeszug.

(Foto: imago stock&people)

Seinen ersten Roman über den Geheimagenten James Bond veröffentlicht Ian Fleming 1953. Mit "Casino Royale" legt der britische Autor den Grundstein für ein Phänomen der Popkultur. Doch der gigantische Erfolg kommt erst nach seinem Tod.

Die Angst vor der bevorstehenden Ehe soll Ian Fleming motiviert haben, seinen ersten Spionagethriller zu schreiben. Um sich vom Ende seines Junggesellendaseins abzulenken, setzte sich der britische Autor und ehemalige Geheimdienstoffizier an die Schreibmaschine und tippte auf seinem jamaikanischen Anwesen Goldeneye Anfang 1952 die ersten Worte. Gut ein Jahr später ist es so weit: Am 13. April 1953 wird der Roman "Casino Royale" in Großbritannien veröffentlicht. Es war die Geburtsstunde von James Bond.

Eine Erstausgabe von "Casino Royale".

Eine Erstausgabe von "Casino Royale".

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Dass seine Figur einmal so berühmt werden würde, hätte Ian Fleming sicher nicht zu träumen gewagt. Tatsächlich hatte er sogar große Zweifel an seinem Manuskript, als er "Casino Royale" - je nach Quellenlage - bereits nach sechs Wochen oder gut zwei Monaten seinem Freund, dem Schriftsteller William Plomer, präsentiert. Vorsichtig soll Fleming angemerkt haben, er schäme sich dafür, wolle es aber trotzdem riskieren. Doch Plomer erkannte das Potenzial von 007 und ermutigte seinen Freund, die Figur weiterzuentwickeln.

Neuer Spionagestandard

In "Casino Royale" soll Geheimdienstagent Bond im französischen Royale-les-Eaux an einem Baccarat-Turnier mit hohen Einsätzen teilnehmen. Sein Auftrag ist es, Le Chiffre in den Ruin zu treiben: Der sowjetische Agent hat Geld der kommunistischen Partei abgezweigt, um eigene kriminelle Aktivitäten zu finanzieren, kürzlich allerdings eine größere Summe verloren. Um seine gefährlichen Gläubiger auszubezahlen, braucht Le Chiffre dringend neues Kapital. Bei seinem Auftrag, dies zu verhindern, wird Bond - wie später in der Verfilmung mit Daniel Craig in der Hauptrolle - von Vesper Lynd unterstützt, einer Agentin des britischen Finanzministeriums, in der er sich verliebt.

"Casino Royale" markierte eine Abkehr vom bis dato üblichen Krimi. Flemings dynamische Erzählweise bestach durch eine ungewöhnlich rasante Handlung, packende Action und lebhafte Charaktere. Damit etablierte er einen neuen Standard für Thriller- und Abenteuerromane, der bis heute Bestand hat.

Ein gewalttätiger Gentleman

Flemings Inspiration für "Casino Royale" waren eigene Erlebnisse als Mitarbeiter des britischen Marinegeheimdienstes während des Zweiten Weltkriegs sowie reale Ereignisse, die er in dieser Zeit mitbekam. Am 28. Mai 1908 in London geboren, arbeitete er zunächst als Journalist und Börsenmakler, bevor er im Krieg Geheimdienstoffizier wurde. Es war wohl eine Berufung, denn die geheimnisvolle und gefährliche Welt der Spionage faszinierte Fleming.

In Bond erschuf er später einen neuen Heldentypus. Der Geheimagent ist höflich und kultiviert, bei Bedarf aber auch extrem gewalttätig - ein Gentleman und Auftragsmörder. Das hatte es vorher nicht gegeben.

"Der Gestank ist widerlich"

Ein auffälliges Merkmal an Flemings Schreibstil ist die lebendige, beschreibende Sprache, etwa mit Geräuschen und Gerüchen. "Der Gestank nach Rauch und Schweiß ist in einem Casino um drei Uhr morgens äußerst widerlich", lautet der erste Satz in "Casino Royale". So werden Leserinnen und Leser direkt mitten in eine lebhafte Umgebung versetzt.

In der Verfilmung von 2006 übernahmen Eva Green und Daniel Craig die Rollen von Vesper Lynd und James Bond.

In der Verfilmung von 2006 übernahmen Eva Green und Daniel Craig die Rollen von Vesper Lynd und James Bond.

(Foto: picture alliance / Everett Collection)

Fleming war für seine Liebe zum Detail bekannt. Geradezu akribisch beschrieb er alles, von der Kleidung, die seine Charaktere tragen, ihrem Essen und ihren Getränken, über Gebäude und Straßennamen bis zu den Autos, die sie fahren. Indem die Umgebung zeitgemäß und greifbar wurde, wirkte seine Geschichte glaubwürdiger.

Auch Fleming war ein Frauenheld

Wegweisend war auch seine äußerst bildliche Beschreibung von Gewalt und Sex, die damals nicht unumstritten war. Sie trug allerdings dazu bei, Bonds Image als harter und kompromissloser Held zu festigen. Für Aufsehen sorgte etwa eine detailliert beschriebene Folterszene, in der 007 nackt an einen Stuhl gefesselt ist und Le Chiffre ihm wiederholt mit einem Teppichklopfer zwischen die Beine schlägt.

Flemings eigene Persönlichkeit prägte die von ihm erschaffene Figur stark. Wie Bond war er selbst als Liebhaber schneller Autos, teurer Kleidung und exotischer Reiseziele bekannt. Der Autor hatte auch einen Ruf als Frauenheld - eine Eigenschaft, die sich bekanntlich ebenfalls in Bonds Charakter widerspiegelt. Auf der Suche nach einem möglichst gewöhnlichen Namen für seinen Helden wurde Fleming in seinem Bücherregal fündig. Dort stand das Vogelkundebuch "Birds of the West Indies" des Autors James Bond.

Elf Romane später

Flemings älterer Bruder Peter war zu diesem Zeitpunkt bereits ein etablierter Autor von Reiseliteratur. Er überzeugte seinen Verlag, der anfangs wenig Interesse an "Casino Royale" zeigte, den Roman zu verlegen. Es sollte sich lohnen. In Großbritannien wurde "Casino Royale" sofort ein Erfolg. Weniger als einen Monat nach Verkaufsstart waren die ersten rund 4700 Exemplare des Buchs ausverkauft.

Sean Connery (r.) bekam 1962 als einziger Bond-Darsteller noch Besuch von Ian Fleming am Set.

Sean Connery (r.) bekam 1962 als einziger Bond-Darsteller noch Besuch von Ian Fleming am Set.

(Foto: imago images/Cinema Publishers Collection)

70 Jahre später ist der Geheimagent 007 ein Phänomen der Popkultur. Elf weitere Romane und zwei Kurzgeschichtensammlungen von Fleming folgten, die in unzählige Sprachen übersetzt wurden. Dazu gibt es viele lizenzierte James-Bond-Geschichten von anderen Autoren. Zuletzt schrieb der Autor Anthony Horowitz eine Trilogie, in die er sogar ungenutztes Originalmaterial von Fleming einbaute und die für ihre Nähe zum Stil des James-Bond-Erfinders gelobt wurde.

Neuauflage mit Verärgerung

Der Start der berühmten 007-Filmreihe, die 1962 mit Sean Connery in der Hauptrolle begann und mit wechselnden Darstellern bis heute andauert, bedeutete einen weiteren gigantischen Popularitätsschub für den Geheimagenten. Die 25 Filme der Produktionsfirma EON sorgten weltweit für klingelnde Kinokassen. Fleming erlebte nur die Anfänge davon mit. Er starb am 12. August 1964, einen Monat, bevor der Film "Goldfinger" einen weltweiten 007-Hype auslöste.

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Dass "Casino Royale" erst 2006 von EON verfilmt wurde, lag daran, dass die Rechte zuvor woanders lagen. Ein US-amerikanischer TV-Film von 1954 mit Barry Nelson als Jimmy Bond und die verrückte Komödie "Casino Royale" von 1967 mit David Niven, Peter Sellers und Orson Welles haben wenig mit Flemings Debütroman gemeinsam. Der 21. Film der EON-Reihe mit Daniel Craig orientiert sich hingegen nah am Buch.

Zum 70. Jubiläum von "Casino Royale" werden alle James-Bond-Romane und Kurzgeschichten von Ian Fleming im April neu veröffentlicht. Doch Rechteverwalter Ian Fleming Publications sorgte ausgerechnet damit für große Verärgerung. Denn wie das Unternehmen im Besitz von Flemings Nachfahren bestätigte, wurden Begriffe und Referenzen, die heute als anstößig empfunden werden könnten, in der Neuauflage entfernt oder geändert. Unter anderem Fleming-Biograf Andrew Lycett kritisierte das scharf. Nicht alle Bücher sind davon betroffen. "Casino Royale" soll auch in der Neuauflage unverändert bleiben.

Quelle: ntv.de, Philip Dethlefs, dpa

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