Mein Lieblingsbraten Als Kind verschmäht
03.03.2005, 02:00 UhrMein erklärter Lieblings-Sonntags-Braten sind Rinderrouladen mit Rotkraut und Salzkartoffeln. Als Kind allerdings habe ich sie verschmäht - geschmeckt hat mir nur die leckere sämige Sahne-Sauce. Aber ansonsten: Rindfleisch - brr - und dann der eklige Speck da drin - Igitt!!! Zum Glück hat mich meine Mutter nie gezwungen, etwas zu essen, was ich verabscheute.
Meine Oma war leider anderer Ansicht: "Gegessen wird, was auf den Tisch kommt." Allerdings hat ein "Schlüsselerlebnis" sie zur Änderung ihrer Auffassung gebracht: Meine Oma aß gern Weißkohl-Eintopf – also kochte sie ihn auch oft. Ich dagegen hasste das "Zeug". Wenn ich aus der Schule kam, gab's erst mal Mittagessen und dann erst ging's raus zum Spielen. Aber bei besagtem Weißkohl-Eintopf hatte ich den Eindruck, dass es immer mehr auf dem Teller wurde - vielleicht auch durch die Tränen – weiß man's?
Schließlich hatte ich mir den Weißkohl runtergeekelt, schluchzte immer noch vor mich hin, und meine Oma wollte mich trösten (Natürlich tat ich ihr Leid!) und nahm mich in den Arm - und die ganze Weißkohl-Herrlichkeit nahm den Weg rückwärts und Oma war von oben bis unten damit bekleckert. Ich musste NIE wieder etwas essen, was ich verabscheute. Ich bin auch so "groß" geworden - und heute esse ich übrigens Weißkohl-Eintopf freiwillig und ganz gerne (ab und zu ).
Aber wie schon erwähnt – am liebsten Rinderrouladen. Sie sind ein typisches Altberliner Gericht, natürlich ebenso beliebt im Brandenburgischen, und dürften ebenso wie die Bulette französischen Ursprungs sein. Den Hugenotten, die Ende des 17. Jahrhunderts aus religiösen Gründen nach Berlin auswanderten, hat die Berliner Küche so einiges zu verdanken. Der gebürtige Berliner übrigens nennt die Rinderroulade auch "Ofenrohr", vermutlich wegen der zylindrischen Form.
Zutaten
4 Rinderrouladen
100 g Bauchspeck oder gut geräucherter fetter Speck
wer es mag: pro Roulade 2 Gewürzgurken-Stifte
2 Zwiebeln, fein gewürfelt
mittelscharfer Senf
Salz, frisch gemahlener Pfeffer, etwas Öl
1 Becher saure Sahne oder Schmand
Zubereitung
Die Rouladen-Scheiben vorsichtig etwas klopfen (mit dem Handballen oder der runden Seite einer Suppenkelle), keinesfalls das Fleisch "zerschlagen", es wird sonst trocken. Die Scheiben auf einer Seite salzen und pfeffern, je 1 TL Senf (mindestens gestrichen voll) darauf verteilen.
Den Speck in Scheiben und diese dann wieder in feine Streifen schneiden. Diese Streifen in Abständen von ca. 2 cm auf die Fleischscheiben legen, darauf die Zwiebelwürfel verteilen. Mitunter werden noch Gewürzgurken-Stifte mit eingerollt; mir schmeckt es ohne besser. Die Rouladen aufrollen und mit Küchenzwirn umwickeln oder die Enden mit Rouladennadeln feststecken.
Etwas Öl in der Pfanne erhitzen, darin die Fleischrollen von allen Seiten kräftig anbraten (Vorsicht: herauslaufender Senf spritzt). Nach und nach mit der Sahne aufgießen, später mit etwas heißem Wasser. Bitte nicht zu viel auf einmal zugießen, das verwässert den Fond. Dazwischen immer schön bräunen lassen (bei geschlossenem Deckel), so wird die Sauce kräftig und dunkel. Wem das zu kalorienreich ist, gießt nur mit Wasser zu und rührt erst zum Schluss etwas Schmand (oder creme fraiche) unter – das reicht eigentlich für den sahnigen Geschmack und bindet den Bratenfond gleichzeitig. Gegebenenfalls die Sauce noch mit Mehlschwitze (gibt’s auch fertig zu kaufen) binden – vor allem "Soßenkasper" müssen die Sauce zusätzlich binden, weil sie ja immer etwas mehr zugießen. Bratzeit ist etwa 1,5 bis 2 Stunden – je nach Dicke der Rouladen – bei 180 bis 200 Grad. Beim Zugießen auch immer wieder wenden.
Passend zum Thema: Sahnespender-Vergleich
Dazu schmecken Rotkohl, aber auch Mischgemüse aus Möhren und Erbsen, Butter-Bohnen oder Rosenkohl sowie Salzkartoffeln oder Kartoffelklöße.
Viel Spaß und gutes Gelingen wünscht Heidi Driesner
PS. Die Resonanz auf meinen Lieblingsbraten hat mich gefreut. Natürlich können sich die Lindauer am Bodensee ihre Rouladen mit hausgemachten Spätzle gut schmecken lassen. Und die gebürtigen Apoldaer, die jetzt Berlin bevölkern, essen naturgemäß auch in der Bundeshauptstadt ihre geliebten Thüringer Klöße und keine Salzkartoffen. Die Geschmäcker und Vorlieben sind – Gott sei Dank – eben unterschiedlich. Hauptsache, das Kochen macht Spaß und das Essen schmeckt. H. D.
Quelle: ntv.de