
Ja, sie sind es wirklich. Amy Adams als Lynne Cheney und Christian Bale als ihr Ehemann Dick.
"Vice - der zweite Mann" ist für viele Oscars nominiert. Unter anderem könnte Christian Bale dank seiner beeindruckenden Transformation zu Dick Cheney mit einer Trophäe nach Hause gehen. Doch ist er nicht das einzige Highlight des Biopics.
In acht Kategorien hat Adam McKays "Vice - Der zweite Mann" am 24. Februar die Chance auf einen Oscar, unter anderem als bester Film, für die beste Regie, das beste Drehbuch, den besten Schnitt, das beste Make-up & Hairstyling und den besten Hauptdarsteller.
Es wäre Christian Bales zweiter Academy Award. Den ersten bekam er als "Bester Nebendarsteller" 2011, als er sich für seine Rolle als abgehalfteter Boxer Dicky Eklund in "The Fighter" 15 Kilogramm von den Rippen hungerte. Für die Darstellung des Republikaners Dick Cheney packte er sich stattdessen 20 Kilogramm drauf. Einen Golden Globe gab es dafür bereits, der Oscar ist wahrscheinlich.
Das angefutterte Übergewicht und die täglich vierstündige Arbeit der Maskenbilder sind das eine, Bales Interpretation von Cheney aber ist das Wichtigere und stellt vieles bisher Dagewesene in den Schatten. Mimik, Körperhaltung und Sprachduktus, der 45-Jährige hat sich den inzwischen 78-jährigen Cheney im wahrsten Sinne des Wortes einverleibt.
Bitterböse Polit-Satire
Das Biopic von Regisseur und Autor McKay, der 2016 für den Börsencrash-Thriller "The Big Short" einen Oscar fürs Drehbuch erhielt, erzählt in 132 Minuten die wichtigsten Stationen und Ereignisse aus 50 Jahren Cheney-Geschichte. In Wyoming Anfang der 1960er-Jahre ist beileibe noch nicht abzusehen, dass der faule Trunkenbold Cheney eines Tages zu einem der einflussreichsten Männer im Weißen Haus avancieren würde. Hätte ihm seine Ehefrau Lynne - gespielt von Amy Adams - damals nicht Feuer unter dem Hintern gemacht, wäre es wohl auch nie so weit gekommen.
Als Cheney dann vom späteren Verteidigungsminister Donald Rumsfeld (Steve Carell) protegiert wird und schließlich als Vize von George W. Bush (Sam Rockwell) dessen Politik beeinflusst, schreibt er nach 9/11 Geschichte - wenn auch keine gute. Cheney nutzt das Chaos nach den Anschlägen, um seinen Einfluss weiter zu vergrößern und den Einmarsch in den Irak vorzubereiten. Er ist es, der Außenminister Colin Powell (Tyler Perry) damit beauftragt, bei einer Rede vor dem UN-Sicherheitsrat über Saddam Husseins angebliche Massenvernichtungswaffen zu lügen.
"Vice - Der zweite Mann" will kein ausgefeiltes Porträt eines US-Politikers sein, sondern eine scharfzüngige und wilde Satire, für die McKay sämtliche Register einer modernen Erzählweise zieht. Während Bale als Cheney im Verlaufe des Films das an Macht, Gewicht und Altersflecken dazugewinnt, was er an Haaren verliert, gelingt McKay die tragikomische Aufarbeitung eines kuriosen Stückes US-amerikanischer Politikgeschichte.
Alternatives Karriere-Ende
1993 - nach seiner Zeit als Verteidigungsminister unter George Bush Senior - hätte Cheneys politische Karriere enden können und vielleicht auch besser sollen. Das denkt McKay offenbar und macht diese Vorstellung mit einem dramaturgischen Kniff etwa zur Mitte des Films deutlich: Es gibt einen ersten Abspann zu sehen. Hätte George W. Bush nicht angerufen und Cheney um Unterstützung bei seiner Präsidentenkandidatur gebeten, wäre im Verlaufe der US-Geschichte manches womöglich - zumindest ein bisschen - anders gekommen. Auch die Verquickung des mysteriösen Erzählers Kurt mit der Geschichte Cheneys, die McKay gegen Ende auflöst, ist ausgesprochen klug und bitterböse.
"Vice - Der zweite Mann" hat so manchen der Oscars verdient, für die er nominiert ist. Die Polit-Satire rüttelt nicht nur auf, sie ist auch erschreckend aktuell. Es wird deutlich, das sich die Klugen in ihrem Hunger nach Macht nicht ins Rampenlicht drängen, sondern lieber im Hintergrund die Strippen ziehen - was einen Mann wie Donald Trump laut McKay allerdings nicht weniger gefährlich macht.
"Vice - Der zweite Mann" läuft ab dem 21. Februar in den deutschen Kinos.
Quelle: ntv.de