Carl Moerck, Sonderdezernat Q Das traurige Ende eines Kultermittlers


"Verraten", Carl Moercks letzter Fall, fesselt Hörer und Leser gleichermaßen.
(Foto: dtv)
Wenn es am schönsten ist, soll man aufhören. Das gilt für Fußballer ebenso wie für Romanhelden. Dänemarks Thriller-Bestsellerautor Jussi Adler-Olsen schickt Carl Moerck und sein Team vom Sonderdezernat Q in ihren letzten Fall - und der hätte nicht größer ausfallen können.
2007 betritt der Däne Jussi Adler-Olsen mit "Erbarmen", dem ersten Fall um Carl Moerck und das Sonderdezernat Q in Kopenhagen, die große internationale Thriller-Bühne. Das Buch ist keine leichte Kost: Eine Politikerin ist seit mehreren Jahren spurlos verschwunden, gefangen in einem schalldichten Raum, wo sie psychisch misshandelt wird. Moerck und sein Kollege Assad, die eigentlich nur ungelöste Fälle archivieren sollen, kommen Merete Lynggaard und ihrem Martyrium auf die Spur. Sie retten die Politikerin, aber das bleibt nicht ohne Nachwirkungen. Die dauern bis heute an.

Jussi Adler-Olsen hatte die Moerck-Reihe von Beginn an auf zehn Bücher ausgelegt. Sue habe Spaß gemacht, die Charaktere seien ihm ans Herz gewachsen, so der Bestsellerautor aus Dänemark.
(Foto: Tine_Harden)
Der störrische Moerck, der gerne oben aneckt ob seiner Ermittlungen außer der Reihe und der dabei verwendeten Methoden, wird zu einem Publikumsliebling, die Bücher zu Bestsellern. Verfilmungen inklusive. Moercks Team bekommt Zuwachs und wird mit Rose und Gordon noch verschrobener, noch eigenbrötlerischer - noch erfolgreicher.
Und was sollte man machen, wenn es am schönsten ist? Richtig: Aufhören. Was jedem Thriller-Fan das Herz bluten lässt, ist nun eingetreten. Adler-Olsen schickt Moerck & Co auf einen letzten Fall. Und wie es sich für einen krönenden Abschluss gehört, hat es dieser Fall in sich. Ein Carl Moerck geht nicht lautlos, sondern mit einem Knall, Pauken und Trompeten. Der Titel des zehnten Bandes der Reihe ist dabei Programm, erschienen bei dtv und im DAV: "Verraten".
Gute Freunde, kann niemand trennen
Moerck wird in Handschellen abgeführt, verhaftet für etwas, was er nicht getan hat. Aber noch schlimmer: Sein Chef Marcus Jacobsen stärkt seinem besten Ermittler nicht den Rücken, sondern lässt ihn fallen, zu schwer wiegt der Vorwurf von Drogenhandel, Betrug und Korruption. Und was, wenn Moerck schuldig gesprochen wird? Was wird dann aus seinen unzähligen gelösten Fällen? Was wirft das für ein Licht auf die Polizei oder derem Führung? Es hilft nichts: Moerck wandert in ein Untersuchungsgefängnis. Ein Polizist unter Gewaltverbrechern, Mördern und damit immer in Lebensgefahr.
Bei einem Mordanschlag auf Moerck bleibt es nicht. Denn es gibt jemanden, der Dänemarks bekanntesten Ermittler tot sehen will. Koste, was es wolle. Der Grund dafür liegt Jahre zurück. Ein Freund Moercks ist involviert: Bei einer aus dem Ruder gelaufenen Festnahme stirbt er, ein weiterer Buddy Moercks wird von einer Kugel getroffen, überlebt gelähmt. Die drei Freunde, die einst dachten, dass nichts sie auseinander bringen oder aus der Bahn werfen könnte, gibt es nicht mehr - denn: Einer der drei spielte ein doppeltes Spiel. Die Indizien deuten nun, Jahre danach, auf Moerck.
In U-Haft und ständig auf der Hut vor potenziellen Mördern kann dieser natürlich nicht seine Unschuld beweisen. Eine direkte Kommunikation mit Assad, Rose und Gordon gibt es nicht. Das Sonderdezernat Q ist auf Eis gelegt, Moercks Team wird auf Schritt und Tritt überwacht. Aber Assad, Rose und Gordon wären nicht Moercks Team und Freunde, wenn sie daraus nicht eine Tugend machen würden. Still und heimlich wird ermittelt, werden falsche Spuren gelegt, um Chef Jacobsen hinzuhalten und seine Spürhunde abzuwehren. Nun zeigt sich auch, wer im Kopenhagener Polizeipräsidium ein wahrer Freund Moercks ist.
Aber auch Assad, Rose und Gordon stoßen an ihre Grenzen, denn ihr Gegner ist nicht greifbar, scheint keinerlei Fehler zu machen und auftretende Probleme skrupel- und geräuschlos schnell zu beseitigen. Und Moerck ist ein Problem, das aus der Welt geschafft werden muss. Wenn er Mordanschläge in Haft überlebt, wird eben versucht, das Gefängnis in Schutt und Asche zu legen. Kollateralschäden? Egal. Der Strippenzieher hinter all dem hat viel zu viel zu verlieren, als dass er darauf Rücksicht nehmen könnte. Ein Showdown ist unausweichlich.
Koch ist Moerck
Und mal ehrlich: Wenn ein Carl Moerck zu Grabe getragen werden soll, dann á la Hollywood und nicht wie bei der Olsenbande. Als Hörer von "Verraten" fühlt man sich die fast 19,5 Stunden wie auf Adrenalin: Man kann nicht aufhören, muss dran bleiben, immer am Ball, eine schlaflose Nacht ist garantiert. Die nimmt man als Hörer aber auch problemlos in Kauf, gibt es doch nicht nur ein letztes Wiedersehen mit Moerck, Assad, Rose und Gordon, sondern auch mit Merete Lynggaard oder dem ein oder anderen "alten Bekannten" der vorhergehenden Bücher der Reihe.
Zu diesen "alten Bekannten" gehört auch der Hörbuchsprecher Wolfram Koch. Er hat alle zehn Bände der Serie um das Sonderdezernat Q eingelesen und ihr mit seiner markanten Stimme und der einzigartigen Vorleseweise seinen ganz persönlichen Stempel aufgedrückt. Auch hier blutet das Herz des Hörers, dass es nun mit Carl Moerck vorbei ist. Oder sollte man besser sagen: Vorbei sein sollte? Denn auch wenn man am besten aufhört, wenn es am schönsten ist, gilt doch auch: So richtig ganz geht man doch nie.
Quelle: ntv.de