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"Warmherziger Mensch" Jetzt springen Frauen Till Lindemann bei

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Seit über einer Woche stehen schwere Vorwürfe gegen ihn im Raum: Rammstein-Frontmann Till Lindemann.

Seit über einer Woche stehen schwere Vorwürfe gegen ihn im Raum: Rammstein-Frontmann Till Lindemann.

(Foto: picture alliance/dpa)

Er selbst und seine Rammstein-Kollegen haben sich bisher lediglich mit dürren Worten zu den aktuellen Vorwürfen gegen Till Lindemann geäußert. Dafür erheben mehrere angebliche Opfer ihre Stimme, aber inzwischen auch Frauen, die den Sänger verteidigen und nicht Sophia Thomalla heißen.

Die von mittlerweile mehreren Frauen erhobenen Anschuldigungen gegen Rammstein-Sänger Till Lindemann schlagen weiter hohe Wellen. Kein Wunder, stehen doch Vorwürfe im Raum, die von angeblichen sexuellen Übergriffen bis hin zur behaupteten Verabreichung von Drogen am Rande von Rammstein-Konzerten reichen. Der Zeitpunkt der Veröffentlichung könnte brisanter kaum sein. Schließlich führt ihr Tournee-Plan die Band ab Mittwoch auch zu vier Konzerten nach München.

Dass die Konzerte stattfinden werden, steht wohl außer Frage. Jedenfalls hat die Stadt nur wenig Handhabe, um diese zu unterbinden. "Eine Absage wird im Härtefall nicht möglich sein", sagte etwa Münchens Wirtschaftsreferent Clemens Baumgärtner der "Bild"-Zeitung. Die SPD-Stadträtin Anne Hübner ergänzte, es gebe vertragliche Verpflichtungen. "Wir können die Konzerte nicht absagen, sonst sehen wir uns hohen Schadensersatzforderungen in zweistelliger Millionenhöhe gegenüber."

Auch darauf, dass Rammstein selbst womöglich die Reißleine ziehen und auf die Shows verzichten wird, gibt es aktuell keine Hinweise. Ohnehin halten sich die Band und ihr Frontmann bislang sehr bedeckt mit Blick auf die kursierenden Vorwürfe. Konkret dazu Stellung genommen haben Rammstein auch nach über einer Woche noch nicht. Doch immerhin meldete sich die Gruppe am Wochenende zum zweiten Mal mit einem dürren Statement zu Wort. "Wir verurteilen jede Art von Übergriffigkeit", hieß es darin etwa. Zugleich mahnten die Musiker an, auch sie hätten das Recht, nicht vorverurteilt zu werden.

"Jeder konnte gehen"

Dass sich in der Öffentlichkeit zuletzt Anflüge von einer Vorverurteilung der Gruppe breitzumachen schienen, liegt nicht zuletzt daran, dass nicht mehr nur eine einzelne Frau schwere Vorwürfe formuliert hat. Nachdem die Irin Shelby Lynn nach einem Besuch des Rammstein-Konzerts im litauischen Vilnius den Stein ins Rollen gebracht hatte, meldeten sich auch andere Frauen zu Wort, die ähnliche Erfahrungen gemacht haben wollen. Sie sagten etwa aus, für eine Backstage-Party regelrecht "rekrutiert" worden zu sein - und damit auch als potenzielle Sexpartnerinnen für Lindemann. Der Norddeutsche Rundfunk (NDR) und die "Süddeutsche Zeitung" (SZ) berichteten zudem von Frauen, die teils ohne ihre ausdrückliche Zustimmung Geschlechtsverkehr mit dem Sänger gehabt haben sollen.

Doch ebenso wie sich angebliche Opfer in den vergangenen Tagen zu Wort gemeldet haben, treten auch mehrere Frauen in die Öffentlichkeit, die Till Lindemann gegen die Anschuldigungen in Schutz nehmen. Ganz vorne mit dabei ist Sophia Thomalla, die als Ex-Freundin nichts auf den Sänger kommen lässt. Aber auch die Musikerin Jadu Laciny, die 2020 rund anderthalb Monate mit Lindemann auf Tour war, bezog auf ihrer Instagram-Seite Position.

"Ich kann nur für mich sprechen, dass ich kein einziges Mal während dieser sehr intensiven Zeit mitbekommen habe oder mir zugetragen wurde, dass irgendjemandem Drogen verabreicht wurden oder gezwungen wurde zu trinken. Die Türen standen offen, jeder konnte gehen, wenn er will", schrieb die 34-Jährige. Sie habe sich mit vielen Frauen während der Tour unterhalten - "und niemand hat jemals etwas Seltsames berichtet oder erwähnt".

"Respektvoll, höflich, umsichtig"

Jadu, wie sich die Sängerin als Künstlerin schlicht nennt, erklärte weiter, sie sei "sehr sensibilisiert auf MeToo-Debatten" und nehme die Vorwürfe daher sehr ernst. Vielsagend fügte sie hinzu: "Ich möchte in diesem Fall aber auch unterstreichen, dass viele Frauen auf dieser Tour ganz offen kommuniziert haben, aus welchem Grund sie hier sind und sein wollen. Aus meiner Sicht überhaupt kein Problem, da es selbstbestimmtes Handeln der Frauen widerspiegelt, die das machen, worauf sie Lust haben. Es wäre weltfremd zu sagen, dass auf Backstage-Partys nicht ordentlich gefeiert wird und dass es unter Fans nicht auch Groupies gibt und schon immer gab. Alles sollte auf freiwilliger Basis und Einverständnis passieren."

Aus persönlicher Erfahrung könne sie nur sagen, "dass Till, die Band und Crew respektvoll, höflich und umsichtig mit den Menschen umgegangen" seien, so Jadu. "Till ist einer der warmherzigsten Menschen, die ich kenne, dem ich seit langer Zeit sehr nahestehe und vertraue", fügte sie hinzu und resümierte: "Ich habe ihn niemals als zudringlich oder in sonstiger Weise übergriffig erlebt. Im Gegenteil."

Jadu Laciny lebt seit 2019 in Trennung von Rapper Marteria, den sie 2015 geheiratet hatte. Ihrem Ex war vor Kurzem in den USA die Körperverletzung einer Frau vorgeworfen worden. Die Anklage wurde jedoch fallengelassen und das Verfahren eingestellt. Jadus jetziges Statement zu Lindemann wurde auch von Sophia Thomalla auf Twitter weiterverbreitet.

"Gesagt, wie wir uns anziehen sollen"

RTL wiederum sprach mit einer Rammstein-Anhängerin, die lediglich als Jasmin M. bezeichnet werden möchte. Nur in Teilen decken sich ihre Schilderungen mit denen der Frauen, die nun Vorwürfe gegen Till Lindemann erheben. Sie sei, so Jasmin M., von einer Assistentin der Band auf Instagram angeschrieben und zu einer Rammstein-Show eingeladen worden - unter Auflagen: "Dann wurde uns eben noch gesagt, wie wir uns anziehen sollen. Das war eigentlich nur so kurz, knapp: elegant, sexy, möglichst keine Band-Shirts hieß es eben und dass wir eben Make-up tragen sollen."

Es sei nicht dabei geblieben, während des Konzerts in der ersten Reihe stehen zu dürfen, sagte die junge Frau im RTL-Interview weiter aus. Vielmehr sei sie noch vor dem Auftritt zusammen mit anderen Frauen zu einer Backstage-Party eingeladen worden, auf der auch Lindemann erschienen sei. "Alkohol wurde definitiv getrunken", erklärte Jamin M., stellte zugleich aber klar: "Keiner wurde zu irgendwas gezwungen."

Am Tag der Show sei es 38 Grad heiß gewesen, plauderte die Konzertbesucherin weiter aus. Deshalb sei sie bei der Getränkewahl alsbald auf Wasser umgestiegen. "Ich habe auch die Wodka-Shots, die von Till Lindemann persönlich ausgeschenkt wurden, abgelehnt, weil ich Wodka einfach nicht vertrage. Selbst da war er nicht irgendwie erzürnt oder bösartig. Er hat nur gefragt, ob ich was anderes trinken möchte. Als ich gesagt habe: 'Nein, ich hab mein Wasser', hat er gesagt: 'Ja, bei der Hitze voll verständlich.'"

"Ganz andere Erfahrungen"

Auch die Aftershow-Party habe sie nach dem Konzert besucht, führte Jasmin M. weiter aus. Diese sei zwar noch im vollen Gange gewesen, als sie gegen 3 Uhr am Morgen gegangen sei. Bis dahin sei ihr jedoch nichts Ungewöhnliches aufgefallen, zumal sich auf dieser Party keines der Bandmitglieder habe blicken lassen. Wer gehen wollte, habe jederzeit gehen können und sei "ganz normal von der Crew rausbegleitet" worden.

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Gerade als Fan der Gruppe beschäftigten sie die Anschuldigungen nicht nur, sie nehme sie auch ernst, machte Jasmin M. deutlich. "Wir wissen, dass solche schlimmen Sachen passieren", stellte sie grundsätzlich in den Raum. Im Falle von Lindemann und Rammstein könne sie sich dergleichen jedoch nicht vorstellen, "weil ich ganz andere Erfahrungen gemacht habe". Sie könne aber "halt auch nur für mich sprechen".

Umso wichtiger wäre es, dass Band und Sänger reinen Tisch machen und zur Aufklärung der in den vergangenen Tagen erhobenen Vorwürfe beitragen. Mit ihrem weitgehenden Schweigen tun sie schließlich weder sich noch den angeblichen Opfern einen Gefallen.

Quelle: ntv.de

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