"Bringst mich in Verlegenheit" Loreen will kein Denkmal gesetzt bekommen
11.05.2024, 12:56 Uhr Artikel anhören
Im ESC-Finale präsentiert sie ihren neuen Song "Forever": Loreen.
(Foto: picture alliance / TT NYHETSBYRÅN)
2023 schreibt die Schwedin Loreen beim Eurovision Song Contest (ESC) Geschichte. Im diesjährigen Finale wird sie nun mit "Forever" einen neuen Song präsentieren. Vorab spricht sie mit ntv.de über Energie, Liebe und darüber, wann sie eigentlich zum dritten Mal bei dem Wettbewerb antreten wird.
ntv.de: Ein Jahr ist es her, dass du beim ESC mit deinem Song "Tattoo" Geschichte geschrieben hast - als erste weibliche Doppelsiegerin. Aus heutiger Sicht: Was hat das mit dir gemacht?
Loreen: Oh, so unglaublich viel. Wie soll ich das nur beschreiben, mein Freund? Es war einfach so heilsam und ein riesiges Geschenk. Schau: Ich habe diesen Moment zusammen mit meinem Team erschaffen und dann nach außen gesendet. Aber eine Schöpfung ist nichts, wenn sich niemand mit ihr verbindet. Als ich gewonnen hatte, konnte ich den Raum um mich herum fühlen. Ich schwöre: Ich habe noch nie so viel Liebe an einem Ort erlebt. Das hat mich einfach umgehauen. Das hat nichts mit dem Ego zu tun, sondern zeigte mir, wie alles miteinander verbunden ist. Was für ein schönes Gefühl!
Was unterscheidet für dich den Sieg in Liverpool von deinem ersten ESC-Gewinn mit "Euphoria" 2012?
Das waren auf jeden Fall zwei sehr unterschiedliche Erfahrungen. "Euphoria" war sehr mysteriös. Nicht nur die Performance - es drückte auch sehr stark aus, wer ich zu dieser Zeit an diesem Punkt in meinem Leben war. Es war das erste Mal, dass ich mich dazu entschieden hatte, meiner Intuition zu vertrauen. Dennoch war ich unsicher. Erinnerst du dich? Ich ging barfuß raus, versteckte mich zugleich aber immer wieder. Dann vergingen elf Jahre voller Höhen und Tiefen, Liebe, Schmerz, Kämpfe und Kompromisse - bis ich an den Punkt kam, an dem ich mit "Tattoo" war.
Wie sah der aus?
Es gibt nur eine Sache, der ich vertrauen werde - mir und meiner Intuition. Das ist keine Sache des Verstandes, sondern es kommt von innen. Schau dir "Tattoo" an. Es ist leicht. Es ist offen. Es ist verletzlich. Du siehst Liebe und alle Emotionen ohne jede Angst. Das ist, was sich in den elf Jahren verändert hat.
In Schweden ist man natürlich mächtig stolz auf seine zweifache ESC-Siegerin. Wurde dir eigentlich schon ein Denkmal gesetzt oder wenigstens eine Straße nach dir benannt?
(lacht) Ah, das brauchen wir nicht. Was sollen wir damit anfangen? Du wirst geboren, du stirbst und niemanden interessiert es am Ende. Wenn ich an einem Denkmal von mir vorbeigehen würde, würde ich wahrscheinlich ins Grübeln geraten: "So sehe ich aber nicht aus." Und wenn ich mal alt bin, werden andere sagen: "So siehst du aber nicht aus." (lacht) Nein, so etwas interessiert mich nicht. Mich interessieren zwei Dinge: Kreativität und Verbindung. Das Leben ist kurz, es ist im Handumdrehen vorbei. Und man muss sich fragen: Welche Erfahrung möchtest du mitnehmen? Wen interessiert schon Geld?
Dieses Jahr tritt Schweden mit Marcus & Martinus beim ESC an. Zählen sie zu deinen Favoriten oder hast du dann doch andere?
Oh, du bringst mich echt in Verlegenheit. (lacht) Sagen wir es so: Ich bin ein spiritueller Mensch. Ich mag visuelle Performances. Ich mag es, das Gefühl zu haben, dass ein Künstler und sein Kreativteam sich Gedanken gemacht haben, ohne Kompromisse einzugehen - wenn es ein Konzept gibt und eine Welt erschaffen wird. Das kann ich bei Marcus & Martinus sehen. Auch beim englischen Beitrag von Olly Alexander sehe ich das. Er ist sehr kreativ. Aber es gibt etwas anderes, das mich beim ESC jeden Tag beschäftigt.
Und zwar?
Alle müssen verstehen, wie wichtig es ist, was hier geschieht, wenn man sich die Welt im Moment ansieht. Hier geht es um etwas Größeres, das wir angesichts all der Verwerfungen auf der Welt brauchen. Wir sind eine Gemeinschaft von Abermillionen Menschen, die miteinander verbunden sind. Gemeinsam erschaffen wir eine wunderbare Energie: Lachen, Lächeln, Vorfreude, Glück ... Das ist eine sehr positive Energie, die wir erzeugen und wie eine Batterie speichern.
Im Halbfinale ist mit Johnny Logan ein anderer zweifacher ESC-Gewinner aufgetreten. Er hat dort eine spezielle Version von "Euphoria" gesungen. Warum habt ihr das eigentlich nicht als Duett gemacht?
Du willst wissen, warum diese Frau kein "Euphoria"-Duett mit dem großen Logan gemacht hat? Weil ich wie eine Verrückte für das geübt habe, was ich am Samstag im Finale für euch präsentieren werde. Ihr werdet es sehen und euch fragen: Was macht sie da nur? (lacht)
Wir wissen bereits, dass du im ESC-Finale deinen neuen Song "Forever" präsentieren wirst. Was kannst du über ihn verraten?
Er ist die Fortsetzung von "Tattoo", das Ende dieser Geschichte, mit dem sich der Kreis schließt. "Tattoo" repräsentiert die vielen Facetten des Lebens - Höhen und Tiefen, Kämpfe, Schmerzen. Aber wenn man durchs Leben geht, merkt man letztendlich, dass Liebe das Einzige ist, was wirklich zählt. Wir sprechen oft oberflächlich über sie: "Ich liebe dich. Oh, ja, Darling. Liebe, Liebe, Liebe …" Aber Liebe ist wirklich wichtig. Sie ist eine Energie. Sie ist eine Entscheidung. Man nimmt sie nicht irgendwoher, sie existiert bereits hier und jetzt. Das ist die Conclusio, die ich auch mit meiner Performance vermitteln möchte.
Das Duett mit Johnny Logan hat es zwar nicht gegeben. Dafür bist du vor ein paar Monaten tatsächlich mit Helene Fischer gemeinsam in der "Helene Fischer Show" aufgetreten. Wie war das für dich?
Oh, sie ist eine Löwin. Eine sehr starke und entschlossene Frau. Sie ist sich dessen sehr bewusst, und es ist schön, als starke Frau eine andere starke Frau mit einer Vision zu treffen. Zugleich ist sie aber auch sehr freundlich. Stark und freundlich - das liebe ich. Das ist sehr sexy. Wir hatten eine Menge Spaß und eine echte Verbindung. Das mag ich. Ich verschwende meine Zeit nicht ohne wirkliche Verbindung.
Außer "Tattoo" und "Forever" hast du in jüngerer Vergangenheit auch noch andere Songs wie "Is it Love?" und "Neon Lights" veröffentlicht. Eigentlich müsstest du doch langsam ein neues Album zusammenhaben …
Ja, ich weiß, dass mein neues Album auf sich warten lässt, aber es kommt sicher mit der nächsten Tour. Jetzt habe ich wirklich eine Menge Material und ich bin mir noch nicht mal sicher, ob die von dir genannten Songs alle auf dem Album sein werden. Ich feile daran nur noch ein wenig, weil ich möchte, dass es großartig wird. Ich kann die Dinge nicht nur aneinanderreihen und dann einfach so rauswerfen. Bei mir dreht sich alles um Energien und momentan arbeite ich noch an ein paar Songs, die eine gewisse Energie haben. Denn das Album wird eine Reise sein. Nicht alles wird - ding ding ding - EDM sein. (lacht)
Die von dir erwähnte nächste Tour findet Anfang 2025 statt. Du hast im vergangenen Jahr bereits einige ausverkaufte Shows in Deutschland gespielt und kehrst nun auch hierhin für drei Konzerte zurück. Was können die Fans erwarten?
Mich! Und wer mich schon mal live gesehen hat, weiß, dass es wirklich darum geht, eine Verbindung herzustellen. Ich möchte einen sicheren Raum kreieren, in dem die Leute erkennen, dass sie in ihm wichtig sind. Mir gefällt die Idee, Menschen zu versammeln, sich auszutauschen - und am Ende gehen alle mit dem Gefühl heraus: Ich will leben! Konkret erwartet die Besucher natürlich eine visuelle Welt, ein Drama aus Musik und Leidenschaft. Vielleicht gibt es ein paar Tränen, vielleicht ein paar langweilige Songs … die ganze Palette!
Stellt sich eigentlich nur noch die Frage: Wann sehen wir dich zum dritten Mal beim ESC - oder hast du das Kapitel jetzt endgültig für dich abgehakt?

(Foto: picture alliance / dpa)
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Dass ich es abgehakt hätte, habe ich schon bei "Euphoria" gesagt. Und was ist passiert? (lacht) Ich kann diese Dinge nicht kontrollieren. Das hat mich das letzte Jahr auch noch einmal gelehrt. Ich sage es mal so: Es könnte sein - sollte es nicht nur einen Song und die richtige Gelegenheit geben, sondern mein Bauchgefühl mir auch sagen: "Hallo, Eurovision, wie geht es so?" Ob ich dann verliere oder gewinne … egal.
Mit Loreen sprach Volker Probst
Loreen geht im Februar und März 2025 auf Tour. Dabei gibt sie auch drei Konzerte in Deutschland: Oberhausen (16.02.), Berlin (25.02.), München (04.03.).
Quelle: ntv.de