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Kölner "Tatort" im Schnellcheck Alles Lüge

Polizist Emre Topal (David Vormweg) wird von Max Ballauf (Klaus J. Behrendt, r) noch einmal zu einem vier Jahre zurückliegenden Einsatz befragt.

Polizist Emre Topal (David Vormweg) wird von Max Ballauf (Klaus J. Behrendt, r) noch einmal zu einem vier Jahre zurückliegenden Einsatz befragt.

(Foto: WDR/Bavaria Fiction GmbH/Thomas Kost)

Ballauf und Schenk tauchen diesmal in die Welt der Schauspieler ein. Ein Fall, der längst als abgeschlossen galt, wird noch einmal aufgerollt, der Mörder soll plötzlich ein anderer sein. "Vier Jahre" entpuppt sich als stimmungsvoller Slowburner, fantasievoll und verschlungen inszeniert.

Was passiert?

Wir schreiben den letzten Tag des Jahres 2017. Im Hause des Schauspieler-Ehepaares Moritz (Thomas Heinze) und Carolin Seitz (Nina Kronjäger) feiert man Silvester im großen Kreis, unter den Gästen vornehmlich Kolleginnen und Kollegen, auch Tochter Lene (Sarah Buchholzer) ist dabei. Was nach außen wie eine ordentliche Sause aussieht, ist unterschwellig ein still gärender Konkurrenzkampf um Aufmerksamkeit, um Erfolg, um veritable Rollen. Alles läuft aus dem Ruder, als Thore Bärwald (Max Hopp), narzisstisch, penetrant und am besoffensten von allen, vom Leder zieht, alles und jeden beleidigt - und am Ende tot am Pool liegt. Das Jahr 2018 hat gerade begonnen, Moritz Seitz wird wenig später verhaftet und wandert schließlich in den Knast.

Betti Stark (Franziska Arndt) kann nicht glauben, dass ihr Mann vor Gericht einen Mord gesteht.

Betti Stark (Franziska Arndt) kann nicht glauben, dass ihr Mann vor Gericht einen Mord gesteht.

(Foto: WDR/Bavaria Fiction GmbH/Thomas Kost)

"Vier Jahre" später muss der Fall noch einmal aufgerollt werden. Plötzlich gesteht Schauspielkollege Ole Stark (Martin Feifel) die Tat, wird in einem neuerlichen Prozess verurteilt und tauscht die Zellenpritsche mit dem rehabilitierten Seitz. Als der jedoch in der heimischen Villa aufschlägt, muss er feststellen, dass sich die Kräfteverhältnisse in Liebesdingen zu seinen Ungunsten verschoben haben.

Worum geht es wirklich?

Auf dem Papier ein eher klassisches Krimi-Konstrukt: Ein Toter. Ein Täter. Ein Urteil. Vorspulen. War doch alles ganz anders. Oder etwa nicht? Autor Wolfgang Stauch und Regisseur Thorsten C. Fischer gehen hier filigran zu Werke, holen ein Stück Hollywood an den Rhein: der Pool als Dreh- und Angelpunkt, der stimmungsvolle Score von Daniel Hoffknecht, die dramatischen Dialoge verpassen dem "Tatort" eine Aura zwischen US-Kino und europäischem Psychodrama. Die universelle Frage an die Schauspieler: Wann spielt ihr eigentlich und wann seid ihr echt? Oder ist am Ende einfach alles gelogen?

Wegzapp-Moment?

Zu Beginn ruckelt es noch ein wenig - oder ist es einfach der Nervfaktor dieses unsäglichen Thore Bärwald, der einen kurz an die Fernbedienung denken lässt? Dann jedenfalls hätte Max Hopp seinen Auftrag zufriedenstellend erfüllt. Nach dieser Anfangsviertelstunde aber herrscht eine unterschwellige Suspense, der man sich nur schwer entziehen kann.

Wow-Faktor?

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Hoch! Der 83. Fall für Max Ballauf (Klaus J. Behrendt) und Freddy Schenk (Dietmar Bär) zählt mit Sicherheit zu den ungewöhnlicheren Einsätzen. Bildsprache und Dramaturgie gönnen sich viel Atmosphäre und Rätselhaftigkeit, immer wieder verschieben sich Zeit- und Handlungsebenen, ohne dass es dabei jedoch überkonstruiert oder anstrengend wird. Die Welt der Schauspieler erweist sich als ein Parallelkosmos, in dem übliche Revier-Routinen kaum eine Rolle spielen, jegliche Suspense sich vielmehr auf leisen Sohlen nähert.

Wie war's?

9 von 10 Punkten - "Boulevard der Dämmerung" in Kölle, viel Atmo, tolle Schauspieler und die wohltuende Einsicht, dass Ballauf und Schenk auch nach so vielen Jahren noch einen Weg abseits ausgetretener "Tatort"-Pfade finden.

Quelle: ntv.de

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