"Tatort"-Jubiläum Auf die nächsten 30!
18.06.2023, 21:46 Uhr Artikel anhören
Richy Müller und Felix Klare aka Thorsten Lannert und Sebastian Bootz sind schon seit 30 "Tatort"-Folgen ein Team.
(Foto: picture alliance/dpa)
Zum Ehrentag gönnen sich Lannert und Bootz einen überaus skurrilen Fall, fast weht ein Hauch Münster durch Stuttgart. Der perfekte Ausstand für die bevorstehende Sommerpause - und ein guter Zeitpunkt für eine Zwischenbilanz.
Anderthalb Jahrzehnte nach ihrem Start feierten die Stuttgarter Kommissare Ermittler Thorsten Lannert (Richy Müller) und Sebastian Bootz (Felix Klare) mit dem 30. Einsatz ein rundes Jubiläum. Am 9. März 2008 waren die beiden mit der Folge "Hart an der Grenze" in die gemeinsame Krimi-Karriere gestartet, Lannert noch mit Locken, Bootz im Funktionsvorläufer seiner heute unverzichtbaren Lederjacke. Im Fall um einen Kindesmord fremdelte das Duo noch ein wenig, dennoch gaben sich die beiden gar als schwules Paar aus, alles im Dienste der Sache. Ein womöglich zufälliger, dennoch charmanter Kniff, dass die beiden sich nun, in "Die Nacht der Kommissare", tatsächlich ein gegenseitiges Liebesgeständnis machten. Partiell unter dem Einfluss von Drogen, am Ende aber doch irgendwie von Herzen.
Vor fast genau 50 Jahren war Stuttgart zum ersten Mal auf der "Tatort"-Landkarte aufgetaucht. Am 1. April 1973 - kein Scherz - ermittelte Kommissar Lutz, dargestellt vom unvergessenen Werner Schumacher, am Neckar. In "Stuttgarter Blüten" ging es nicht etwa um Blumen, sondern um Falschgeld. Schönes Detail dieser 28. Folge der ARD-Krimireihe: Als Streifenpolizist war ein gewisser Dietz-Werner Steck zu sehen. Der wiederum sollte knapp 20 Jahre und 238 Folgen später seinen Dienst als Kommissar Bienzle antreten.
Bis 2007 war Steck in insgesamt 25 "Tatort"-Episoden zu sehen, sein Bienzle eine Romanfigur aus der Feder von Felix Huby, ein eher ruhiger Vertreter seiner Zunft. Ein Schwabe, wie er im Buche steht, Hobby: Wandern, seine Markenzeichen: Hut und Mantel, seit 2007 im Stuttgarter Haus der Geschichte ausgestellt.
Einer mehr als Götz George
Mit Lannert und Bootz wehte anschließend ein anderer Wind in Stuttgart, die beiden Vertreter einer etwas moderneren Spezies von Kommissaren, entsprechend die stoffliche Entwicklung über die Jahre. Für Furore sorgte etwa die Folge "Altlasten" (27. Dezember 2009) um Demenz und Sterbehilfe, beim "Festival des deutschen Films" mit dem Filmkunst-Sonderpreis als "herausragender Fernsehfilm" ausgezeichnet. Ungewöhnlich auch "Spiel auf Zeit" (26. Mai 2013), bei dem die Zuschauer schon vor Ausstrahlung die Handlung im Internet beeinflussen konnten. Mit "HAL" (28. August 2016) gab es einen schmucken Ausflug in die Welt von morgen, "Stau" (10. September 2017) bot dagegen einen zutiefst jetzt-zeitigen Trip in die Welt des Autos.
Nun also "Die Nacht der Kommissare" zum 30. Jubiläum, und was vom Titel her mehr nach einem Motto-Abend klang, entpuppte sich als äußerst schräge Schnurre mit einem tiefen Griff in die Zitatkiste. Eine Prise "Fear And Loathing", abgeschmeckt mit einer Portion "Tiger King", fast meinte man und dort den Geist Tarantinos zu spüren, diese immer etwas angemüdete, gleichzeitig subtil spannende Art der Dialogführung. Dass man dem Geschehen nicht so ganz folgen konnte? So what! Warum sollte es dem Zuschauer anders ergehen, als etwa Lannert/Müller, dem der Spaß, ebenso wie seinen Cast-Kollegen, am Schauspieltrip der besonderen Art durchweg anzumerken war.
Was die ewige Ruhmeshalle angeht, rangieren Lannert und Bootz jetzt zusammen mit Charlotte Lindholm (Maria Furtwängler), die es ebenfalls auf 30 Fälle bringt, zwischen - hört, hört! - Götz Georges Schimanski (29 Fälle) und Eva Mattes alias Klara Blum (31 Fälle). Der nächste Fall ist bereits abgedreht. "Vergebung" feierte seine Premiere Ende Mai auf dem SWR-Sommerfestival in Stuttgart. Man darf gespannt sein, wie es weiter geht: Ist Lannert wieder völlig nüchtern? Hält die Liebe zwischen den beiden noch? Und wer muss hier eigentlich wem vergeben. Erst einmal jedoch geht es in die Sommerpause.
Quelle: ntv.de