"Er hat leider keine Eier"Das "Sommerhaus" taumelt dem Finale entgegen

Eddas Ohren bluten, Jennifer fleht Marvin an sie zu küssen, und irgendwo dazwischen geht der Verstand verloren. Das "Sommerhaus der Stars" steht kurz vorm Kollaps. Und während der eine "keine Eier hat", kommt der beste Satz dieser Staffel ausgerechnet von jenen, die das Feld räumen müssen.
Noch mehr Streit und Gezänk: Im "Sommerhaus der Stars" flimmert die Luft wie über dem Grill, auf den Marvin am liebsten Öl schütten würde. Keiner weiß, ob's vom voranschreitenden Wahnsinn oder davon kommt, dass die Nerven auf den letzten Metern bei allen blank zu liegen scheinen.
Kaum haben sich Paulina und Tommy vom Acker gemacht, folgt die nächste totale Eskalation. Die verbliebenen Paare liefern sich ein Dauerduell, das irgendwo zwischen Reizüberflutung und Ballaballa pendelt. Man könnte meinen, Bocholt sei wirklich das Ende der zwischenmenschlichen Kommunikation.
Vorneweg wie immer: Edda, die sich inzwischen zur offiziellen Alarmanlage des Hauses entwickelt hat. Wenn sie loslegt, ist kaum ein Satz unter 80 Dezibel. "Du redest den ganzen Tag nur Scheiße, meine Ohren bluten schon!", brüllt sie quer durchs Wohnzimmer.
Ihr Micha, mehr Klotz als Partner, reagiert beleidigt. Empört ist Mecker-Micha aber vor allem wegen Pascal. Wie kann der Neue es bitteschön auch nur wagen, seinen "Namen in den Mund zu nehmen"?
Hot Bandito Silva fasst das Spektakel um sich herum wie folgt zusammen: "Die Leute bellen und kläffen wie kleine Hunde." Aber wie heißt es so schön: "Wir sind hier schließlich nicht bei Freunde-finden-TV." Und tatsächlich, das Sommerhaus ist ein Ort der Strategien. Jeder Schritt wird kalkuliert, jedes Wort auf die Goldwaage gelegt. Und wehe, jemand nimmt fremde Namen in den Mund! Das ist wirklich die Todsünde schlechthin.
"Kannst du bitte mal deine Fresse halten!"
Beim Spiel "Auf dem Kreuzweg" wird’s dann fast philosophisch - wenn auch unbeabsichtigt. Die Paare sollen in schwindelerregender Höhe ein Kreuzworträtsel lösen. Von "Zeugungsakt" bis "Geschlechtsverkehr": Nicht jedem bekommt das Denken, wenn man keinen Boden unter den Füßen hat.
Sarah Joelle kämpft mit ihrer Höhenangst, Tränen laufen, während Edda ihrem Micha entgegenschleudert: "Kannst du bitte mal deine Fresse halten!" Okay, verständlich: Die Leute sind angespannt, jeder will gewinnen, aber der Mangel an Respekt füreinander sorgt schon so manches Mal dafür, dass dem Zuschauer fast selbst die Luft wegbleibt. Am Ende schafft niemand das Rätsel. Das gesuchte Wort lautet: "Fritteuse".
Bei der anschließenden Nominierung hält Silva Hof und lobt Queen Tara und ihren Dennis für ihre Art. Er findet, die beiden würden "in der Champions League des Reality-TV" spielen. Für andere hingegen sei "nach dem Sommerhaus alles vorbei. Die könnten höchstens noch bei Bums-Insel-Formaten mitmachen." Kurz darauf ist klar: Die Neuen - Louise und Pascal - sowie Edda und Micha müssen gemeinsam in die Exit-Challenge.
"Gib's mir, Baby"
Das Spiel trägt den bezeichnenden Namen "Gib's mir, Baby". Vier Leute schreien wie Vierhundert. Dazu schräge Anfeuerungen und latenter Irrsinn. Am Ende triumphiert - wie könnte es anders sein - das lauteste Team: Edda und Micha. "Wir haben die Neuen zerstört!", jubelt der Mann, dessen Namen man nicht ungefragt in den Mund nehmen darf.
Kurz darauf sagt er zu den Verlierern: "Ich habe noch nie so schlimme Menschen wie euch kennengelernt." Ein Satz, der alles über den Zustand dieser Horror-WG verrät. Man weiß nicht, worum es eigentlich ging, nur, dass alle beleidigt sind. Louise bringt es beim Abschied trocken auf den Punkt: "Dieser Typ hat gar keinen Respekt vor seiner Freundin."
Doch zwischen den Spielen blitzen auch Szenen auf, die kaum weniger tragisch sind. Auf der Veranda bittet Jennifer ihren Freund Marvin: "Ich möchte einen Kuss, ich möchte einen Kuss." Dennis beobachtet, wie Marvin die Bitte ignoriert und lieber mit ihm anstößt. Jennifer bettelt weiter - fast 20 Mal, sagt sie - bis Marvin ihr schließlich einen flüchtigen Kuss gibt, begleitet von einer nachgestellten Stoßbewegung. Später sagt sie leise, sie brauche seine Nähe und seine Zärtlichkeiten, "obschon sie sehr lange darum betteln muss".
"Er hat leider keine Eier"
Auch Sarah Joelle und Ersin liefern ihr obligatorisches Drama. "Er hat leider keine Eier", sagt sie. Was ist das jetzt? Eine Beleidigung oder eine Diagnose? Indes kippelt die Beziehung zwischen Edda und Micha weiter zwischen Kinderzimmer und Katastrophe. "Komm bitte her, komm bitte her", ruft er im Ton eines Vaters, der sein trotziges Kind maßregelt. Sekunden später schreien sich beide erneut an, dass man gefälligst nicht schreien soll. Sie ist nur noch grotesk, diese Endlosschleife aus gegenseitigen Vorwürfen und latenter Mikroaggression.
So taumelt das Sommerhaus seinem Finale entgegen. Die Romantik: schon lange ausgezogen. Manchmal denkt man, die Paare hätten kollektiv vergessen, dass sie für denselben Gewinn antreten, nicht für den Preis für den größten Tobsuchtsanfall.
Am Ende dieser zehnten Episode liegt das Haus wenigstens einen Augenblick still. Louise und Pascal packen ihre Koffer und wirken erleichtert, dem Wahnsinn entkommen zu sein. Der Wind weht über den Garten, als sie an den Büffeln vorbeigehen. "Tiere sind die besseren Menschen", sagt Pascal. Vermutlich der klügste Satz der gesamten Staffel.