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"Tatort: Angst im Dunkeln" Droppen statt Shoppen

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Ausgesetzt im Wald: Teenager im Tatort "Angst im Dunkeln".

Ausgesetzt im Wald: Teenager im Tatort "Angst im Dunkeln".

(Foto: Radio Bremen/Claudia Konerding)

Von "Dropping" war im Bremer "Tatort" die Rede, einer Methode, mit der Kids auf die Härten des Lebens vorbereitet werden sollen: Ab in den Wald - und dann allein wieder nach Hause finden. In den Niederlanden hat es Tradition, in den USA wird damit richtig Kohle gemacht.

Gar nicht so einfach, etwas über das sogenannte Dropping herauszufinden, nicht einmal Wikipedia gibt Eindeutiges her. "Name-dropping", "dropping in", "dropping the soap", alles gut und schön. Am nächsten kommt man der im Falle des "Tatorts" gemeinten Bedeutung vielleicht noch mit jenem"dropping", das sich auf das Fallenlassen von, nun ja, tierischen Fakälien bezieht. Lässt zum Beispiel der Hase, der "rabbit", unter sich, dann nennt der Engländer das, ganz genau, "dropping".

Dort, wo der Hase die Köttel fallen lässt, im Wald nämlich, spielte ein Großteil des Bremer "Tatort" mit dem schmucken Titel "Angst im Dunkeln". Das Dropping, was dort gemeint war, bezog sich in gewisser Weise auch auf Hasen, auf Angsthasen, wenn man so will. Die Story in kurz: Drei Großstadtmütter wollen ihren handysüchtigen, von Konsum und Kommerz verweichlichten Kids die Härten des Lebens etwas näher bringen und ihnen ein Abenteuer aufdrücken, das es in sich hat. Die Idee dieses Droppings: Die drei Blagezeichen werden im naheliegenden Wald ausgesetzt, also gedroppt, und müssen (fast) ohne Hilfsmittel zurück in die Zivilisation finden. Gelobt sei, was hart macht.

Tradition in Holland und Belgien

Klingt schräg? In den Niederlanden und in Belgien hat das Ganze durchaus Tradition. Auf Websites wie droppings.nl kann man sich Anregungen und Tipps holen, wie zu verfahren ist. Nüchtern ausgedrückt: Den Kindern, vornehmlich kurz vor oder kurz nach dem Erreichen des Teenager-Alters, werden die Augen verbunden. Das Eltern-Taxi karrt die Kids ausnahmsweise nicht vor die Schule, sondern in ein Waldgebiet, wo der Nachwuchs schließlich, ausgestattet mit Wasser und Brot und einem Notfall-Handy, zurückgelassen wird, auf dass er sich selbstständig den Weg zurück nach Hause bahnt.

Eigentlich sind Handys beim Dropping tabu.

Eigentlich sind Handys beim Dropping tabu.

(Foto: Radio Bremen/Claudia Konerding)

International in den Fokus rückte diese Tradition vor einigen Jahren, als die "New York Times" einen großen Artikel zum Thema brachte, der englische "Independent" wenige Tage später aufsprang. Von den großen Gefahren war da die Rede, in Belgien mussten Kids aus dem Wald gerettet werden, auch bei einem Ausflug nach Deutschland hätten sich fünf Jungs hoffnungslos verirrt. Zwei Extremfälle in einer langen Historie, die weitaus weniger skandalös ist, als es solche Ausreißer ins Skandalöse vermuten lassen.

Tatsächlich soll es sich nicht so existenziell bedrohlich abspielen, wie die NYT-Story es hochjazzte. Es gibt ausreichend Verpflegung, Scouts sind in der Nähe, die Netzabdeckung in den ausgesuchten Gebieten ist optimal - mehr Nachtwanderung mit Extra-Kick als Kampf ums Überleben, weniger spartanischer Drill als vielmehr Abenteuertrip. Die Droppings finden nicht nur in Pfadfinder-Camps oder Schulfreizeiten statt, sondern sind oft auch Teil von Geburtstagsfeiern.

USA setzen auf echte Survival Trips

Ganz anders dagegen das, was sich in den USA in den vergangenen Jahrzehnten entwickelt hat. Die sogenannte "Troubled teen industry" ist zu einem milliardenschweren Wirtschaftszweig geworden, gegen dessen Programme das "Dropping" wie eine Wellnesskur anmutet: Boot Camps, Erziehungszentren, Survival Trips. Immer wieder kommt es zu Todesfällen, sei es durch Selbstmord, durch Nahrungsentzug oder Hitzeschlag. Im Mai 2020 starb der 16-jährige Cornelius Fredericks, nachdem er von Angestellten der Lakeside Academy in Michigan misshandelt wurde. Im Januar 2024 kam ein zwölfjähriger Junge während eines Camps in Lake Toxaway, North Carolina, ums Leben, das "Therapiezentrum" Open Sky Wilderness schloss daraufhin nach fast 20 Jahren seine Tore.

Wer nach dem "Tatort" mal schauen möchte, wie es ist, wenn man wirklich "Angst im Dunkeln" hat, dem seien die Dokus "Hell Camp: Teen Nightmare" und "The Program: Cons, Cults, and Kidnapping" (beide Netflix) empfohlen. Der nächste "Tatort" wird am kommenden Sonntag, 7. April, gedroppt. In München ermitteln Batic und Leitmayr im Fall "Schau mich an".

Quelle: ntv.de

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