Wotan Wilke Möhring im "Tatort" Ein Kommissar macht Männchen
20.03.2022, 22:14 Uhr
Einer von den Guten? Wotan Wilke Möhring.
(Foto: NDR / Marc Meyerbroeker)
Ein Diktator aus Fantasien, eine abgezwackte Zunge und der unfähigste Bodyguard der Fernsehgeschichte - wäre das alles nicht so daneben, man käme aus dem Lachen nicht mehr heraus: "Tyrannenmord", ein Krimi zum Abhaken und ein Falke mit gestutzten Flügeln.
Geht Ihnen das auch so? Dem Wotan Wilke Möhring möchte man es so gern abkaufen, was er da macht. Die alberne Milch hin, die vermurkste Nummer mit #allesaufdentisch her, WWM ist doch eigentlich einer von den Guten. Umso erstaunlicher, den Mann durch einen "Tatort" schlurfen zu sehen, in dem kein Stein auf den anderen passt. Die Schnurre um das Diktatorensöhnchen mit der abgeschnittenen Zunge, eine Charade aus Albernheiten und Allgemeinplätzen, viel zu ernst gemeint, um am Ende zumindest lustig zu sein.
Das fängt an mit dem Fantasiestaat, aus dem Sohnemann Juan und sein despotischer Herr Papa stammen: Orinaca. Klingt wie eine Mischung aus einem Songtitel von Enya und einem Wunderland aus "Tim & Struppi": Syldavien. Bordurien. Nuevo Rico. Nun also Orinaca. Eigentlich kann man die Geschichte da schon nicht mehr ernstnehmen. Und wie heißt der tapfere Polizei-Prakti? Felix Wacker. Noch so ein Fall von Nomen est Omen. Wobei ihm der Dufflecoat ausgesprochen gut steht.
Die Nummer mit dem Internat als Schauplatz rückt da fast in den Hintergrund, dabei lauert hier, das wissen wir spätestens seit "Club der toten Dichter", "Dämonen im Mädchenpensionat" und Harry Potter, doch das wahre Drama. Natürlich gibt es das auch im "Tatort" in kleinen Häppchen, das verhuschte Kollegium, die skrupellose Chefin des Ganzen, ihr Gatte mit dem tödlichen Geheimnis, die Eltern, die auf die Barrikaden steigen, aber so richtig wird Rosenhag, noch so ein Name aus dem Writers Workshop, nicht mit Leben geweckt.
Ausgebrannt wie Palü
Das große Fass aber wird ausgerechnet mit Carlos (José Barros) aufgemacht, ein Bodyguard mit einem Optik-Mix aus Bud Spencer und 187 Straßenbande, dabei so kompetent wie Schulze und Schultze an einem schlechten Tag. Dem Teddynator nun werden Sendeanteile gegönnt, die sich ziehen wie Sirup aus dem letzten Jahrtausend, ein bisschen Knuffen, böse gucken, ein frisches Hemd für den Zoomcall mit der Chefin und am Ende leere Hände. Umschulungsmaßnahme, ick hör dir trapsen.
Überhaupt Umschulung: Den engagiertesten Eindruck macht der bereits erwähnte Wacker (Arash Marandi), der bei seinem ersten Einsatz zunächst Präsenz zeigt und pfiffig kombiniert, aber schon nach einem Fall - und einem Fauxpas - so ausgebrannt ist wie Palü am Ende seiner langen Laufbahn.
Bleibt Wotan Wilke Möhring, womit wir wieder am Anfang wären. Die Lederjacke steht seinem Thorsten Falke so gut wie dem Schimanski einst die unförmige Joppe, von dessen Scheiße-noch-eins-Haltung ist der bodenständige Billstedter jedoch so weit entfernt wie Schimmi vom Knicks. Den vollzieht der Falke dann tatsächlich selbst und zerbröselt seinen ach so punkigen Gestus, mit The Clash im Autoradio und Hüsker Dü auf der Brust, im Handumdrehen selbst. Wie Falke da der Etepetete-Mutter des Ermordeten das Plastiktütchen über den ausgestreckten Fuß stülpt, das war ekeliger als alle abgetrennten Zungen zusammen. Ein Kommissar macht Männchen? Bitte nicht. Falke, komm' wieder zur Besinnung.
Quelle: ntv.de