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Schwarzwald-"Tatort"Ein Mann, ein Bart

16.11.2025, 21:49 Uhr
imageVon Ingo Scheel
ARD-SWR-TATORT-DER-REINI-Fernsehfilm-Deutschland-2025-am-Sonntag-16-11-25-um-20-15-Uhr-im-ERSTEN-Luke-Badrow-Karsten-Antonio-Mielke-hat-Plaene-Und-wer-sich-ihm-in-den-Weg-stellt-wird-bedroht-SWR-Benoit-Linder-honorarfrei-Verwendung-gemaess-der-AGB-im-engen-inhaltlichen-redaktionellen-Zusammenhang-mit-genannter-SWR-Sendung-und-bei-Nennung-Bild-SWR-Benoit-Linder-S2-SWR-Presse-Bildkommunikation-Baden-Baden-Tel-07221-929-22202-foto-swr-de
Gestatten: Mielke. Karsten Antonio Mielke. (Foto: SWR/Benoît Linder)

Mit seinen dramatischen Schlussminuten machte "Der Reini" einiges an Langatmigkeit wett. Zudem spielte das Personal rund um Tobler und Berg überzeugend auf, allen voran der schönste Schnauzer im deutschen Fernsehen.

Zunächst fällt natürlich sein Vorname auf: Karsten Antonio, das klingt wie aus einem TV-Sketch aus den 90ern über Namensgebungen zwischen Alltag und Exotik. Rüdiger Pierre. Torben Joel. Karsten Antonio. Tatsächlich treffen hier zwei Welten aufeinander, die in der Biografie von Karsten Antonio Mielke, so sein vollständiger Name, eine entscheidende Rolle spielen: Mielke ist im brasilianischen Recife geboren, in Schleswig-Holstein aufgewachsen. Norddeutsches Timbre und der Bossa Nova von Jobim, so klingt die Kombi - gestatten: Mielke. Karsten Antonio Mielke.

Im Schwarzwald-Tatort "Der Reini" gab Mielke, Jahrgang 1977, den aus der Psychiatrie ausgebrochenen Luke Badrow, einen unberechenbaren Choleriker, hemdsärmelig und brandgefährlich, Rösner und Degowski in einer Person. Mielke spielt ihn mit Körpereinsatz und grober Geste, mal aufbrausend, dann wieder in sich versunken, mit Schnaps und Streichhölzern. Ein Typ, der mit dem Feuer spielt, einer, dem man gern beim Spielen zuschaut, so knorrig wie er daherkommt, mit dieser wuchtigen Bürste von einem Schnauzer.

Man kann ihn sich gut vorstellen, wie er als Jugendlicher mit Freiheitsdrang quer durch Europa reist, bis er zunächst in Berlin Fuß fasst, später in London eine Schauspielausbildung macht. Ende der Zehner Jahre nimmt seine Karriere Fahrt auf, er spielt in Kinofilmen wie "Distanz" (2009) und "Die Fremde" (2010) mit, später ist er in zahlreichen Serien zu sehen, darunter "SOKO Wismar" (2014), "Notruf Hafenkante" (2016) und "Deutschand 86" von 2018. Im selben Jahr taucht er zum ersten Mal im "Tatort" auf, "Zeit der Frösche", der Titel des Falls mit Heike Makatsch als Kommissarin Berlinger. Mielke spielt darin einen Drogenabhängigen.

Doppelbödigkeit in seinem Spiel

Beeindruckend ist, wie Mielke immer unverkennbar bleibt, ein Kerl wie ein Baum, der Prototyp des raumgreifenden Protagonisten, irgendwo zwischen Belmondo und Schimanski, dabei so vielseitig wie Eidingers Lars. Allein der Blick auf die von ihm gespielten Charaktere ist an sich schon unterhaltsam: schnauzbärtige Streifenpolizisten und inhaftierte Sexualverbrecher, Anlagentechniker und Musikmanager, Hobby-Falkner und Familienväter, Handwerker, Freigänger und Ex-Boxer. Für seine Rolle des Jimmy im Film "Die Tochter" (2017) erhält er zwei Darstellerpreise. In Erinnerung geblieben ist auch seine Rolle als brummiger Kommissar Lohse in der ARD-Produktion "Das Geheimnis des Totenwaldes" (2020) mit Matthias Brandt - mit Kippe und Trenchcoat wie einst Columbo, sein nasaler Duktus von norddeutschem Flair durchzogen.

Großartig, wie es Mielke dabei immer wieder gelingt, seine Typen bis an den Rand der Überzeichnung, aber nie darüber hinaus zu treiben. Ob fluchend oder feixend, rätselhaft oder rabiat, ironisch oder einfach nur irre - Mielke, Karsten Antonio Mielke, geht tief in seine Rollen, um ans Licht zu holen, was drin steckt. Sein Lieblingsfilm ist "The Good, the Bad and the Ugly", das verriet Mielke im Interview mit "Blickpunkt: Film", besonders beeindrucke ihn, wie Eli Wallach es hier schaffte, als handfester Halunke "Empathie und Liebe für seine Figur zu erschaffen". Ein Kunststück, das auch Mielke beherrscht, diese Doppelbödigkeit in seinem Spiel, das oft spontan wirkt, dabei jedoch mit feinstem Timing daherkommt.

"Mut zur Unkonventionalität", fordert Mielke in dem Interview. "Stoffe achtsam am Puls der Zeit zu erzählen, ohne es allen Recht machen zu wollen", so formuliert er es. Man darf jetzt schon gespannt sein, in welcher Rolle Karsten Antonio genau diese Forderung ein weiteres Mal selbst in die Tat umsetzt.

Quelle: ntv.de

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