"Tatort" mit Lannert und Bootz Geld oder Leben!
19.01.2025, 21:45 Uhr Artikel anhören
Es gab schon deutlich bessere Geiseldramen als diesen "Tatort" mit Lannert (Richy Müller, r.) und Bootz (Felix Klare).
(Foto: SWR / Benoît Linder)
So recht wusste man in Stuttgart nicht, wo die Geschichte hinführen sollte: Klaustrophobischer Thriller oder sozialkritisches Politgemenge samt Schlagwort-Bingo? Es geht doch auch anders - hier ist ein Sixpack der legendärsten Geiseldramen.
Hundstage (USA 1975)
Es mag ein ungleicher Kampf sein, aber an Sidney Lumets Klassiker über einen schiefgegangenen Banküberfall muss sich der gemeine Geiselkrimi wohl auf immer messen lassen. Ein Verdienst nicht nur des Scripts von Frank Pierson, sondern vor allem natürlich des Hauptdarstellers Al Pacino, dessen eindringliches Spiel in Lumets nüchterner Inszenierung diesen Film, im Original "Dog Day Afternoon", zu einem der Evergreens des "New Hollywood" macht. "Beklemmend eindringlich gespielt", urteilte das Lexikon des internationalen Films.
Die Katze (D 1988)
In Düsseldorf spielt der Film von Dominik Graf, in der Hauptrolle ein famoser Götz George, der mit seinen Komplizen Junghein (Heinz Hoenig) und Britz (Ralf Richter) eine Bank überfällt. Das jedoch ist nur vordergründig das Ziel dieser Aktion, tatsächlich will Probek Millionen an Lösegeld für die sieben Geiseln kassieren. Erstklassig besetzt, dramatisch hochverdichtet, getoppt von Ralf Richters schmuckem Schachzug, der in diesem Film ein T-Shirt mit dem Logo der Einstürzenden Neubauten trägt, jener Band, in der sein jüngerer Bruder Frank-Martin Strauß alias FM Einheit damals einiges an Metalgegenständen bearbeitete. "Technisch perfekt inszenierter, spannender Gangsterfilm-Thriller", heißt es im Lexikon des deutschen Films.
2018 trumpften Sascha Geršak (r.) und Alexander Scheer als das Verbrecher-Duo Rösner und Degowski auf.
(Foto: picture alliance / Martin Valentin Menke/ARD Degeto/Ziegler Film/dpa)
Gladbeck (D 2018)
Was "Hundstage" für das Kino, das ist die Gladbeck-Entführung für die deutsche Kriminalgeschichte - ein irrwitziges Schurkenstück, in dem sich Brutalität, persönliches Drama und Medienspektakel unterhaken. Sascha Geršak als Rösner, Alexander Scheer als Degowski, die schmierigen "Helden" dieses Dramas, das die Nation im August 1988 in Atem hielt. Inszeniert von Kilian Riedhof, der sich zwei Jahre zuvor bereits des Falls Barschel angenommen hatte, gewann der Film diverse Preise und war 2019 sogar für den britischen BAFTA-Award nominiert. Die "Frankfurter Rundschau" fand passende Worte: "Die Darsteller spielen derart intensiv, dass es zeitweise fast physisch wehtut, ihnen zuzusehen."
Funny Games (A 1997)
Überhaupt nicht lustig und garantiert kein Spiel, wenn überhaupt, dann ein tödliches: Michael Hanekes Psychothriller "Funny Games" um zwei junge Männer (Arno Frisch und Frank Giering), die eine Familie in Schach halten und zu Tode quälen, ist härtester Stoff. Ein Detail, das das ungute Gefühl noch steigert: Im Gegensatz zum abgerissenen Dustin Hoffman, dem eiskalten Götz George, sogar den Amateuren aus dem "Tatort", haben Peter und Paul in dieser Charade, so scheint es jedenfalls, nicht mal ein offensichtliches Motiv, sieht man einmal von ihrer sadistischen Lust am Leid ab. "Der beklemmende Psychothriller macht die Zuschauer zu hilflosen Voyeuren einer radikalen und realistischen Gewalteskalation", so die Einschätzung der Kinozeitschrift "Cinema".
Die Klapperschlange (USA 1981)
Nicht so düster wie "Funny Games", nicht den Hauch so realistisch wie "Gladback", dennoch handelt es sich bei John Carpenters Geiselnahme-Dystopie um einen Klassiker, der völlig zurecht einen vorderen Platz in der ewigen Bestenliste einnimmt. Die Nummer mit der Geisel passiert eher zufällig, dafür trägt sie einen umso größeren Namen. Der Präsident der USA (Donald Pleasance) stürzt mit dem Flugzeug über New York ab und landet mitten im Ghetto, das der sagenumwobene Duke (Isaac Hayes) befehligt. Nur einer kann den Präsi retten: Plissken. Oder sagt man doch besser Snake? Wie auch immer - Kurt Russell verkörpert den Helden mit Augenklappe kongenial cool. Das Urteil von "Kino.de" schränkt ein, gibt aber den Daumen nach oben: "Ein atmosphärisch düsterer, stellenweise sarkastischer Actionfilm, der zwar angefüllt ist mit Klischees, aber seinen eigenen Reiz besitzt."
September 5 - The Day Terror Went Live (D 2024)
Ganz aktuell, hochspannend und eigenständig - Tim Fehlbaums Film über die Geiselnahme und Ermordung von israelischen Sportlern durch palästinensische Terroristen während der Olympischen Spiele 1972 in München sorgt bereits kurze Zeit nach seinem Kinostart für Furore. Der erdige Look, die großartige Montage, die Perspektive aus der Sicht einer amerikanischen Filmcrew, all das ist so fulminant kombiniert, dass nach einer Nominierung für den Golden Globe bereits erste Oscar-Gerüchte die Runde machen. Philipp Bühler empfiehlt via "Kinofenster.de" gar den Einsatz des Films im Schulunterricht: "Die besondere Qualität von 'September 5' liegt im ambitionierten Ansatz, gerade die Macht der Bilder und damit auch sich selbst zu befragen."
Quelle: ntv.de