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"Tatort: Fährmann" Hannibal und Hades

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Der Allmächtige im Maßanzug: Unternehmensberater Marek Kowalski (Lucas Gregorowicz).

Der Allmächtige im Maßanzug: Unternehmensberater Marek Kowalski (Lucas Gregorowicz).

(Foto: SRF/Sava Hlavacek)

Stimmig erzählt, einfallsreich gefilmt, erstklassig besetzt - die Schweizer Kommissarinnen Ott und Grandjean sind auf dem besten Wege zum "Tatort"-Markenartikel. Selbst ein Charmeur mit Lebkuchen-Herz und Schierlingsbecher ist da machtlos.

Am Schluss meint man, es fast zu hören, das Schweigen der Lämmer. Isabelle Grandjean (Anna Pieri Zuercher) auf der einen Seite der Gitter, ihr teuflischer Antagonist, der schöne Marek Kowalski (Lucas Gregorowicz), auf der anderen - da war doch mal was? Ganz genau, Hannibal Lecter und Clarice Sterling, vereint in einem mörderischen Duell. Der Manipulator und sein vermeintliches Opfer, Jonathan Demmes Film aus dem Jahre 1989 überdauert bis heute als einer der Meilensteine des Thriller-Kinos.

Nun bewegen sich Anthony Hopkins und Jodie Foster in einer etwas anderen Spielklasse als der gemeine "Tatort", aber auch das Psychoduell zwischen Grandjean und Kowalski versprühte durchaus cineastischen Vibe. Nicht das erste Mal beim Autoren-Team Stefan Brunner und Lorenz Langenegger, die beim letzten Fall, "Von Affen und Menschen", an dieser Stelle dezent mit den Coen-Brüdern verglichen wurden.

Über vier Jahre, insgesamt acht gemeinsame Fälle, haben die von ihnen ersonnenen "Tatort"-Kommissarinnen Isabelle Grandjean und Tessa Ott (Carol Schuler) mittlerweile auf der Uhr. Mit "Züri brännt" waren die beiden im Oktober 2020 gestartet. 8,5 von 10 Punkten gab es im Schnellcheck, das Fazit damals: "Erstklassiger Neustart der Schweizer mit Protagonistinnen, die man gern näher kennenlernen möchte. Macht Lust auf mehr."

In der Tat, jene Vorschusslorbeeren hat die Schweizer "Tatort"-Filiale bislang konsistent eingelöst. Unterlagen die Fälle ihrer Vorgänger Reto Flückiger und Liz Ritschard oft einer gewissen Behäbigkeit, die Synchronisation zudem ein chronischer Kritikpunkt, herrscht hier nun eine andere Selbstverständlichkeit im Umgang mit den Figuren. Stand zuletzt die Familiengeschichte von Tessa Ott im Mittelpunkt, lernt man nun etwas über die frühen Ambitionen - und deren Ursprünge - der Kollegin Grandjean.

Ein fesselnder Psychothriller

Gregorowicz/Kowalski agierte dabei als mörderischer Charmeur, dem der Feind zwischen den Ohren unmissverständlich die letzten Stunden herunterzählt, Kowalski dies wiederum zu einem lethalen Raubzug ummünzt, im wahrsten Sinne des Wortes. Auf dem Papier mag die Geschichte vom Unternehmensberater, der seine Opfer "erlösen" will, gekoppelt mit griechischer Mythologie und Kapitalismuskritik, etwas überambitioniert wirken. Die Volte dagegen, dass sich Bettgeschichten für Kommissarinnen regelmäßig lebensgefährlich entwickeln, nur allzu profan.

Träumt von einer weißen Weihnacht - und landet mit einem Mörder im Bett: Isabelle Grandjean (Anna Pieri Zuercher).

Träumt von einer weißen Weihnacht - und landet mit einem Mörder im Bett: Isabelle Grandjean (Anna Pieri Zuercher).

(Foto: SRF/Sava Hlavacek)

In der Umsetzung jedoch erwies sich der "Tatort: Fährmann" als fesselnder Psychothriller - mit einem chamäleonesken Gregorowicz, dem der Bösewicht so gut stand wie sein Maßanzug, mit Bildern, die einen Wimpernschlag lang fast an Caspar David Friedrich erinnerten, und einem subtilen Soundtrack aus der Feder von Mirjam Skal. Wie hatte es Herbert Grönemeyer doch gleich in seinem Song "Bleibt alles anders" gesungen: "Durchquer den Hades zum Ziel!" Im doppeldeutigen Sinne eine Order, der die Duellanten folgten. Doch während Kowalski dran glauben musste, zwang Grandjean, um Grönemeyer noch einmal zu zitieren, "das wahre Geschick" - der Fährmann musste die Fahrt über den Hades ohne sie antreten.

So wird sie Gelegenheit haben, auch den nächsten Fall an der Seite von Tessa Ott zu lösen. Darin geht es um Menschen, die in Zürich und Umgebung einfach so umfallen und das Zeitliche segnen, keine Münzen im Mund, kein Hades in Sicht, aber vielleicht ja ein Bruder im Geiste eines Hannibal Lecter, der hier sein teuflisches Werk vollführt. Im Kasten ist die Folge bereits, der Sendetermin ist für die zweite Jahreshälfte 2025 geplant.

Am zweiten Weihnachtsfeiertag geht es mit dem "Tatort" nach Dortmund, Hauptkommissar Faber (Jörg Hartmann) bekommt es in "Made in China" mit einem besonders rätselhaften Fall zu tun.

Quelle: ntv.de

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