"Tatort" aus Zürich Lass' dich überwachen
24.09.2023, 21:46 Uhr Artikel anhören
Isabelle Grandjean (Anna Pieri Zuercher) hat es gleich mit mehreren Leichen zu tun - ihren aktuellen "Tatort"-Fall macht das aber nicht besser.
(Foto: ARD Degeto / SRF / Sava Hlavacek)
Alles Gute kommt von oben? Von wegen! Im Sonntagskrimi wurde diesmal aus der Luft gemordet. Der Fall "Blinder Fleck" mit dem Team Grandjean/Ott hatte sich thematisch einiges vorgenommen, kämpfte in puncto Plots jedoch vor allem damit, den Überblick zu behalten.
"Der Himmel gehört den Drohnen", sagt der aalglatte Ken Rumpf, und aus seinem Mund, zudem mit diesem vermeintlich polyglotten englischen Akzent, weiß man nicht, ob das ein Versprechen ist - oder eine Drohung. Dem Mann mit dem eigenwilligen Namen gehört das Unternehmen "Security Rumpf", markentechnisch nicht eben vertrauenserweckend. Und als solches ist er mit dafür verantwortlich, dass die Bevölkerung aus der Luft überwacht, gescannt, verfolgt - oder eben ermordet werden kann.
"Blinder Fleck", der sechste gemeinsame Fall des Zürcher Teams Isabelle Grandjean (Anna Pieri Zuercher) und Tessa Ott (Carol Schuler), hätte es sich hier spannend-kommod einrichten können. Abgesehen vom Drohnenkamera-Einsatz unter filmästhetischen Aspekten ist das Thema in den vergangenen Sonntagskrimi-Jahren bislang in weiten Teilen ein, Verzeihung, blinder Fleck geblieben.
Doch wie so oft im "Tatort" müssen diverse Story-Baustellen irgendwie miteinander verdrahtet werden, am Ende dringt man kaum zu einem wie auch immer gearteten Kern der Geschichte durch. Da ist der freundliche Vogelkundler Luka (Nicola Perot), der mit seiner Mutter (Patricia Litten) - oder ist es seine Großmutter? - zusammenlebt. Der zwielichtige Ex-Söldner Lars Diemer (Marcus Signer), der wiederum einen der Ermordeten - oder beide? - im Bosnienkrieg befehligte, mit Luka irgendwie gemeinsame Sache macht und auch sonst der Familie nahesteht.
Die schönen Ansätze verpuffen
Hier zerbröselt der Fall leider. Eine Liebesgeschichte wird angerissen, dann dreht es sich um Grandjean und die Tochter des ermordeten Ehepaares. In einem Bankschließfach ruht Beutegold unbekannter Herkunft, gesichert durch ein Zusatzschloss, von dem keiner so richtig weiß, wer es eigentlich angebracht hat und wie man es wieder aufbekommt. Und in seinem postmodernen Company-Sitz lässt der coole Ken die Drohnen durch die Büros brummen, wie ein wunderlicher Onkel in einem Werbespot für Mattel oder Yps.
"Natürlich ist es für einen Krimi überaus spannend, neue Entwicklungen in der Drohnentechnologie zu thematisieren. Technologien, die sowohl zivil wie militärisch genutzt werden können - zum Nutzen oder zum Schaden von Menschen", so "Tatort"-Regisseur Tobias Ineichen, der auch schon beim vorherigen Fall aus Zürich, "Seilschaft", Regie geführt hat. "Bei 'Blinder Fleck' geht es auch um lange zurückliegende Kriegsverbrechen und um Fragen von Vergangenheitsbewältigung - in Kombination mit potenziell gefährlichen Drohnen inmitten einer neutralen Schweiz, ist das eine durchaus brisante Mischung für einen 'Tatort'."
Durchaus richtig, leider verpuffen die schönen Ansätze, weiß man vor dem Fernsehgerät trotz eines überzeugenden Casts und einiger schmucker Kameraflüge bis zum Schluss nicht so wirklich, wo es langgeht. Die finale Sequenz, mit der Pistole am Drohnengelöt, wirkt da fast ein wenig grotesk. "Alle haben etwas zu verbergen, (fast) alle täuschen und werden getäuscht - so auch das Publikum", erläutert Ineichen die Psychologie seiner Figuren. Man muss es allzu wörtlich nehmen, vor allem als Zuschauer. Am übernächsten Wochenende ist der Fokus womöglich wieder etwas schärfer gestellt, das Geschehen ein paar Nuancen bodenständiger angelegt. Dann nämlich, am 8. Oktober, heißt es im "Tatort Mainz: Aus dem Dunkel" Abschied nehmen von Heike Makatsch. Am kommenden Sonntag räumt der "Tatort" den Sendeplatz zugunsten des Staffelstarts von "Babylon Berlin".
Quelle: ntv.de