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"Tatort: Siebte Etage" Mord und Melancholie im Milieu

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Freddy Schenk (Dietmar Bär) und Max Ballauf (Klaus J. Behrendtv.l.) ) haben für diesen "Tatort" im Milieu ermittelt.

Freddy Schenk (Dietmar Bär) und Max Ballauf (Klaus J. Behrendtv.l.) ) haben für diesen "Tatort" im Milieu ermittelt.

(Foto: WDR/Martin Valentin Menke)

Für die Kölner Kommissare Ballauf und Schenk wurde es diesmal ausgesprochen pikant, ihr jüngster Fall führte sie geradewegs in den Puff, postmodern "Eros Center" genannt. Ein inszenatorischer Drahtseilakt, bis zum Ende konsequent und spannend auserzählt.

Und wieder einmal wurde die vierte Wand eingerissen, die imaginäre, zum Publikum gerichtete, die das Schauspiel von der Realität abgrenzt, oder besser, die Schauspielenden von den Zuschauern. Das "geschlossene Drama" der französischen Klassik trennte konsequent zwischen beidem, so wurde das Spiel zu einer Art Projektion, einer in sich geschlossenen Versuchsanordnung, der das Publikum folgen konnte, es aber nicht damit rechnen musste, in das Geschehen miteinbezogen zu werden.

In der griechischen Tragödie sah das noch anders, es kam sogar zu Interaktionen. Später entwickelte sich daraus ein inszenatorisches Stilmittel, nicht nur zwischen Bühne und Theatersaal, sondern auch im Kino und daheim vor dem Fernsehapparat. Der Ilusionsbruch als universelles Instrument, mal zum Erklären einer Pointe, dann um ein Geheimnis zu verraten - oder im Monolog das Geschehen zu ergänzen.

Auch beim Tatort nicht neu, aber ...

Nun mag es "Tatort"-Zuschauerinnen und Zuschauer geben, die beim jüngsten Fall die Hände über dem Kopf zusammenschlugen. Erst vor zwei Wochen, in "Borowski und das ewige Meer", wurde die Wand eingerissen, hatte sich Sofia Hoffmann, eine der Protagonistinnen, mit einem Appell zur Erdrettung ans Publikum gewandt. Vom "einen Motivations-Move zu viel" war an dieser Stelle die Rede, der Grat zwischen Weltpolitik und Wokeness am Sonntagabend, wo man doch eigentlich nur ein paar telegene Morde samt entertainiger Fallaufklärung sehen möchte, womöglich zu schmal.

In "Siebte Etage", dem jüngsten Fall aus Köln, kam es nun erneut dazu, doch diesmal lag der Fall buchstäblich ein wenig anders. Die Prostituierten aus dem "Eros Center", dem optisch wenig ansprechenden Hochhaus am Kölner Stadtrand, wo Geld gegen Geschlechtsverkehr getauscht wird, richteten den traurigen Blick in die deutschen Wohnzimmer und erzählten mit ruhiger Stimme, wie sie in all das eigentlich hineingeraten waren, wie gern sie dem Ganzen entkommen würden und wie hart das Geschäft ist, in dem das Lügen zur stabilen Währung geworden ist.

Gerald Kneissler (André Eisermann) ist der Geschäftsführer des Eroscenters.

Gerald Kneissler (André Eisermann) ist der Geschäftsführer des Eroscenters.

(Foto: WDR/Martin Valentin Menke)

Kein "Motivations-Move zuviel", stattdessen ein dramaturgischer Grenzübertritt, ein Bruch mit den Illusionen, wenn man die denn überhaupt noch hat, ein dokumentarisch anmutender Einschub, der dann doch überaus stimmig zur Fiktion passte. Die nämlich hatte das Autoren-Duo Eva und Volker A. Zahn ohnehin schon voll nüchterner Kühle angelegt, dabei die "Sex-Arbeiterinnen" jedoch mit viel Respekt und Sorgfalt zum Leben erweckt.

Krimi mit Tiefgang

So geriet der Ausflug in diese Parallelwelt zu einem Krimi mit Tiefgang, ohne die üblichen Puff-Klischees, stattdessen als ernüchternder Blick ins Rotlichtmilieu, in dem es am Ende nur auf eines hinausläuft: Sex gegen Geld. 60 Euro für eine schnelle Nummer. Der Nächste bitte. Ein neuer Schmerz. Kein konventioneller Krimi, aber gerade deswegen so nachhallend über den Abspann hinaus.

Am kommenden Sendung heißt es "Schweigen", am 1. Dezember versucht Wotan Wilke Möhring alias Thorsten Falke nach dem Tod der Kollegin Grosz in einem Kloster etwas Ruhe zu finden - bis ausgerechnet der Pastor des Ortes ums Leben kommt.

Quelle: ntv.de

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