Technik

Studie zur Internetnutzung 58% sind online

Bankgeschäfte, Reisebuchungen oder Ticketbestellungen wie für die Fußballweltmeisterschaft werden heute zunehmend online abgewickelt. Dennoch ist ein Internetzugang in Deutschland keine Selbstverständlichkeit. Ein großer Teil der Bevölkerung ist immer noch offline - mit allen negativen Konsequenzen: Wer nicht "drin" ist, zahlt bei vielen Dienstleistungen drauf und bleibt von zahlreichen Angeboten ausgeschlossen.

"Vertiefung der sozialen Gräben"
"Durch die Kluft zwischen Onlinern und Offlinern werden auch die traditionellen sozialen Gräben in der Gesellschaft vertieft", sagt Gernot Gehrke, Geschäftsführer des Europäischen Zentrums für Medienkompetenz in Marl, das die Rolle des Internets im Projekt "Digitale Teilung" untersucht hat. Hätten Internet-Fans das Netz früher als Integrationsmedium gepriesen und sich von ihm größere Chancengleichheit erhofft, zeige sich heute, dass Randgruppen dadurch teilweise noch stärker ausgrenzt werden.

Netznutzung einkommensabhängig
Die Internetnutzung hänge vom Einkommen ab, erklärt Frank Wagner vom Meinungsforschungsinstitut Infratest in München, das jedes Jahr den "Nonliner"-Atlas herausgibt. Demnach waren im Jahr 2004 drei Viertel aller Haushalte mit einem monatlichen Nettoeinkommen über 3000 Euro online, unterhalb der Grenze von 1000 Euro jedoch nur knapp 30 Prozent. Gerade sozial Schwächere sind daher laut Wagner durch die Internetverbreitung benachteiligt.
Zudem spiegele sich die Bildungskluft in Deutschland klar in den Nutzergruppen des Internets, sagt Jutta Croll, Geschäftsführerin der Stiftung "Digitale Chancen" in Berlin. So waren Infratest zufolge im vergangenen Jahr drei von vier Studenten und Abiturienten im Netz aktiv, während Hauptschulabsolventen zu 57 Prozent offline blieben. Diese hätten dadurch auch Nachteile auf dem Arbeitsmarkt. "Der Vorsprung der Info-Elite wächst durch die Internetnutzung", so Croll.

Interneterfahrung als Schlüsselqualifikation
Ähnliches gelte oft auch in Bezug auf Arbeitslose und Ausländer, sagt Institutsleiter Gehrke. Unter den Arbeitslosen beispielsweise waren laut dem Statistischen Bundesamt im Jahr 2004 insgesamt 44 Prozent ohne Internetzugang. Dadurch fänden sie nicht nur weniger Stellenangebote. Bei der Jobsuche könne PC- und Interneterfahrung heute eine Schlüsselqualifikation sein, sagt Gehrke.

58 Prozent sind im Netz
Auch insgesamt hinkt das Wachstum der Webgemeinde in Deutschland den Zielen der Politik noch hinterher. So hatte sich die Regierung in ihrem Aktionsprogramm "Informationsgesellschaft 2006" vorgenommen, 75 Prozent der Bevölkerung bis 2005 an das Netz heranzuführen. 2004 lag die Quote jedoch erst bei 58 Prozent, und Studien zufolge wächst die Internetverbreitung inzwischen sogar langsamer. International liegt Deutschland damit nur im Mittelfeld bei der Internetnutzung.

Auch viele ältere Menschen nutzen Internet
In einigen Bereichen zeichnen sich jedoch auch positive Trends ab. So gehören Senioren grundsätzlich zwar immer noch zu den Außenseitern in der Netzgemeinde, inzwischen legen diese dem Statistischen Bundesamt zufolge aber überdurchschnittlich zu. "Das Bild vom technikfremden Rentner trifft heute auf viele Senioren nicht mehr zu - auch ältere Menschen interessieren sich zunehmend für die virtuelle Welt", sagt Ute Kempf vom Kompetenzzentrum Frauen in Informationsgesellschaft und Technologie in Bielefeld, die die Aktionen "50plus-ans-Netz.de" und "Frauen-ans-Netz.de" betreut.

Ähnlich erfreulich sei die Entwicklung bei den Frauen: Hier zeigen die Statistiken, dass junge Frauen mit ihren männlichen Altergenossen bei der Internetnutzung inzwischen gleichauf liegen oder diese sogar schon überholt haben. Auch zwischen Ost- und Westdeutschland gleichen sich die Zahlen immer mehr an.

Hürde: Technikkompetenz
Damit Offliner leichter Anschluss an die Netzwelt fänden, benötigten sie zuallererst Einsteiger-Projekte für Technik-Laien, meint Infratest-Sprecher Wagner. Denn die größte Barriere sei für viele immer noch der Umgang mit dem PC. Zudem seien für diese Zielgruppe vor allen Dingen mehr maßgeschneiderte Inhalte nötig, sagt Kempf. Gerade für Senioren sei die Anschaffung eines Webzugangs kein Automatismus, man müsse ihnen etwas für ihre speziellen Bedürfnisse bieten. Auch für den weiblichen Geschmack gebe es zu wenig Seiten.
Neben dem passenden Anschluss fehle es vielen Nutzern aber auch an der nötigen Medienkompetenz, um wirklich vom Internet profitieren zu können, sagt Institutsleiter Gehrke. Wer wie viele Jugendliche das Netz bloß zum Spielen und Musik hören nutze, den bringe es nicht unbedingt weiter. "Drin" sein allein sei eben nicht alles - man müsse auch etwas Sinnvolles mit dem Internet anzufangen wissen.

Quelle: ntv.de

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