Technik

Qualitätskontrolle? Ärzte-Bewertung im Internet

Der direkte Weg zum richtigen Arzt - mit diesem Versprechen preisen sich immer mehr Bewertungsportale im Internet an. Die Betreiber verkünden ein neues Zeitalter im Verhältnis von Ärzten und Patienten.

Viele Mediziner stehen der Entwicklung allerdings zwiespältig gegenüber. Denn die Bewertungen lassen sich meist kaum kontrollieren.

Eine "kaum überschaubare Zahl von Neugründungen" stellte die Hamburger Stiftung Gesundheit kürzlich in einer Untersuchung über Internetportale fest, bei denen Patienten angeben können, wie zufrieden sie mit ihrem Arzt sind. Von den Bewertungsportalen, die die gemeinnützige Stiftung begutachtet hat, sind fünf in den vergangenen zwölf Monaten an den Start gegangen.

Noch kein User-Boom

Einen Boom sieht auch Markus Reif, Geschäftsführer bei dem Münchner Anbieter Jameda. Bei der Zahl der Patienten, die die Portale nutzen, gibt es bislang allerdings keinen solchen Boom, räumt er ein. Egal ob sie Jameda, Imedo, Docinsider oder Topmedic heißen: Hinter den meisten Adressen von Ärzten steht noch keine einzige Bewertung. "Das wird sich aber schnell ändern", meint Reif.

Diese neue Art der Patientendemokratie hält der Münchner Allgemeinmediziner Manfred Strecker für eine Chance. Rund die Hälfte aller Patienten, die neu zu ihm kommen, geben an, sie seien übers Internet auf seine Praxis aufmerksam geworden. Strecker sieht aber auch Gefahren. Wenn ein Patient im Internet schlechte Noten verteilt, sei unklar, ob die Kritik wirklich berechtigt ist. "Da kann sich jeder ausleben", fürchtet Strecker. Er hält es aber auch für denkbar, dass Ärzte Bewertungsportale zu ihren Gunsten manipulieren, indem sie sich selbst gute Noten geben: "In schlechten Zeiten kommt man auf alles Mögliche."

Chance größer als Risiko

Der Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Vereinigung Bayern, Axel Munte, hält die Chancen der neuen Portale dennoch für größer als die Risiken. "Rückmeldungen der Patienten sind eine tolle Möglichkeit zur Qualitätskontrolle, die wir alle brauchen", sagt der KV-Chef. Zumal sämtliche Betreiber versichern, dass sie sich bemühen, Manipulationen zu verhindern.

Und Markus Reif von der Jameda GmbH ist überzeugt, dass Manipulation kein Thema mehr sein werde, wenn Hunderttausende oder Millionen von Patienten ihre Ärzte bewertet haben. Dass die Entwicklung schnell in diese Richtung gehen könnte, glaubt nicht nur er. Etliche zahlungskräftige Investoren seien auch an diesem Teil der Internet-Wirtschaft interessiert, erklärt Reif. Sie hätten erkannt, dass rund ums Thema Medizin Milliardensummen umgesetzt werden. Und er ist sicher, dass das Internet als Werbe-Plattform auch für Ärzte eine immer größere Rolle spielen wird, beispielsweise über kostenpflichtige "Premium-Einträge", wie sie viele Portale anbieten.

Goldgräberstimmung

Seine Firma werde daher bald eine Kooperation bekanntgeben können, die die Branche aufhorchen lasse, kündigt Markus Reif an. Auch Jörg Zimmermann von Imedo berichtet über einen finanzkräftigen Partner, dessen Namen er jedoch noch nicht nennen könne. Für eine gewisse Goldgräberstimmung hat es gesorgt, dass vergangenes Jahr die Verlagsgruppe Holtzbrinck, zu der unter anderem "Die Zeit", "Tagespiegel", oder die Verlage Rowohlt und S. Fischer gehören, beim Gesundheits-Portal Helpster eingestiegen ist. Damit war klar, dass auch Großkonzerne dieses Geschäftsfeld entdeckt haben.

Eines sei allerdings unvermeidlich, glaubt Markus Reif: "In wenigen Jahren wird es nur noch einen oder zwei Anbieter geben." Die Entwicklung werde ähnlich verlaufen wie bei den Internet-Suchmaschinen, wo sich der US-Konzern Google in kurzer Zeit eine übermächtige Rolle gesichert hat.

Quelle: ntv.de

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