Technik

Google schockt Konkurrenz Chrome glänzt mit Highspeed

Der Schock bei Microsoft muss tief sitzen: Nur wenige Stunden nachdem durchgesickert war, dass Google einen eigenen Browser namens Chrome entwickelt, stand die Betaversion am Dienstagabend bereits zum Download bereit. Und der Browser ist dem ersten Eindruck nach so gut, dass auch Mozillas Firefox vor Schreck den Schwanz eingezogen haben dürfte: Chrome ist rasend schnell und extrem stabil.

Google Chrome ist in wenigen Minuten heruntergeladen und installiert. Die Startseite besticht durch ihre konsequente Schlichtheit: Menüleiste oder Seitenbalken gibt's nicht. Der User muss sich mit zwei Buttons für die Einstellungen und zum Bearbeiten der aktuellen Seite zufrieden geben. Außerdem kann er vor- und zurückblättern, die Seite aktualisieren und in einer Leiste seine Favoriten platzieren. Die Suche ist in die Adressleiste (Omnibox) integriert und in einem Extra-Fenster kann der Verlauf durchsucht werden. Wenn der Browser erneut gestartet wird stehen außerdem in Vorschaufenstern die am häufigsten besuchten Seiten zur Verfügung.

Rivalen überholt

Der weiß-blaue Minimalismus ist gewöhnungsbedürftig, überzeugt aber mit einer außergewöhnlichen Performance. Seiten werden von Chrome blitzschnell aufgebaut, laut Google zehn bis 15 Mal flotter als von Firefox und Internet Explorer. Ob die Werte stimmen, ist nur schwer nachvollziehbar, doch auch der Otto-Normal-User nimmt einen spürbaren Unterschied war. Dabei erweist sich der Google-Neuling als echter Steher. Im Gegensatz zu seinen Widersachern geht ihm auch bei langen Sitzungen nicht die Puste aus, was vermutlich auf eine intelligentere Speicherverwaltung zurückzuführen ist. Auch das Zappen durch Youtube-Videos ist noch nach dem 20. Clip ruckelfrei. Mozilla hat übrigens inzwischen bekannt gegeben, dass eine modifizierte Version seines aktuellen Browsers in Nenchmarktests schneller war als Chrome. Der Wettlauf ist also eröffnet, die User dürfen sich freuen – egal wer letztendlich die Nase vorn hat.

Der größte Wurf dürfte den Chrome-Entwicklern aber mit den Tabs gelungen sein. Dass neue Seiten in eigenen Fenstern geöffnet werden, hat Firefox bereits zum Standard gemacht. Google geht aber einen entscheidenden Schritt weiter: Jeder Tab läuft als eigener Prozess, wodurch gewährleistet werden soll, dass nie der gesamte Browser abstürzt, sondern sich nur einzelne Tabs verabschieden.

Experten schwärmen vor allem von der JavaScript-Engine, die Google vom dänischen V8-Team neu programmieren ließ. Sie macht das JavaScript für den Prozessor leichter verdaulich, indem sie es in Maschinencode übersetzt. So kann die CPU die in den meisten Standardrechnern unterforderten Mehrkern-Prozessoren besser nutzen.

Sicher?

Zusätzliches Tempo nimmt Chrome dadurch auf, dass es das Verhalten des Internetnutzers analysiert und sich so selbstständig anpasst. Ein rotes Tuch für Google-Kritiker, die dem US-Konzern schon lange vorwerfen, dass User-Daten jahrelang gespeichert werden, um angeblich anonym kommerziell verwertet zu werden. Google beteuert aber, dass Chrome die Daten nur auf dem Rechner des Anwenders ablegt und nicht auf Zentralservern speichert. Wer sicher gehen will, sollte die privaten Daten am Ende einer Sitzung löschen.

Apropos Sicherheit: Chrome will der Sicherheitsspezialist unter den Internet-Browsern sein. Pop-ups werden zwar nicht total geblockt, aber an den unteren Bildrand geschoben, wo sie nicht weiter stören. Ein Phishing- und Malware-Filter, der permanent mit aktuellen Daten gefüttert wird, soll vor Angriffen aus dem Internet schützen. Vor unsicheren Seiten wird mit einer knallroten Seite und einem Fenster mit eindeutigem Hinweis gewarnt. Sichere Seiten kennzeichnet Chrome ähnlich wie Firefox und Internet Explorer durch eine grüne Markierung der Adresse.

Ganz so sicher wie Google uns vormachen will, ist Chrome aber zumindest in der jetzigen Version nicht: Fachleute haben einige Lücken gefunden, durch die Angreifer schlüpfen könnten. Bei einer handelt es sich um eine Variante der so genannten "Carpet Bomb", die Apple bereits vor Monaten in seinem Browser Safari beseitigt hatte. Peinlich, aber von einer Beta sind eben – auch von Google – keine Wunder zu erwarten.

Porno-Knopf eingebaut

Für besonders misstrauische Surfer hält Google Chrom das so genannte Inkognito-Fenster bereit. In diesem Modus speichert der Browser keine Cookies, temporäre Dateien oder Verlaufsprotokolle. Nicht ganz zu unrecht sprechen einige Experten vom "Porno-Knopf", denn das spezielle Fenster wird vermutlich vor allem für den Besuch von schlüpfrigen Seiten benutzt, was aus verständlichen Gründen vor anderen Computernutzern geheim gehalten werden soll. Ansonsten ist die Funktion eher unpraktisch. Viele Standardseiten wie Ebay verweigern beispielsweise ohne Cookie-Erlaubnis den Dienst.

Trotz der fantastischen Geschwindigkeit und den Sicherheitsbeteuerungen von Google raten viele Experten vorerst noch davon ab, Google Chrome als Standard-Browser einzusetzen. "Aus Datenschutz-Gründen kann man Chrome derzeit nicht empfehlen, sagt Christian Krause vom unabhängigen Landesdatenschutzzentrum Schleswig-Holstein. Seine Kritik entzündet sich an einer Identifikationsnummer, die das Programm bei der Installation automatisch erstellt. Sie wird zwar laut Unternehmen nur für Aktualisierungen der Software eigesetzt. "Schon beim Start des Computers wird nach Updates gesucht und damit auch die Nummer übermittelt", moniert Krause. Damit seien Nutzer für Google theoretisch eindeutig identifizierbar.

Andere Internet-Experten stellen dem allerdings gegenüber, dass Chrome eine so genannte Open-Source-Software ist. Das heißt, jeder darf den Browser weiterentwickeln. Und so sei es nur eine Frage der Zeit, bis etwaige von Google versteckte Spionagefunktionen auffliegen würden.

Quelle: ntv.de

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