Vorfall in Kaufhaus-Umkleide Trump wegen sexuellen Missbrauchs verurteilt
09.05.2023, 21:21 Uhr Artikel anhören
Die Journalistin E. Jean Carroll wirft dem ehemaligen US-Präsidenten Trump vor, sie in den 90er-Jahren in einer Umkleidekabine vergewaltigt zu haben. In einem Zivilprozess sprechen ihr die Geschworenen Schmerzensgeld und Schadenersatz zu. Es sei ein "Sieg für alle Frauen", denen nicht geglaubt worden sei, sagt die Klägerin.
Der frühere US-Präsident Donald Trump ist wegen sexuellen Missbrauchs und Verleumdung der Journalistin E. Jean Carroll zu fünf Millionen Dollar Schmerzensgeld und Schadenersatz verurteilt worden. Die neun Geschworenen eines Bundesgerichts in New York urteilten, Trump habe Carroll 1996 "sexuell missbraucht" und später verleumdet. Den Vorwurf der Vergewaltigung wiesen sie zurück. Carroll sprach von einem Sieg "für alle Frauen, die gelitten haben, weil ihnen nicht geglaubt worden ist".
Mit dem Urteil in dem viel beachteten Zivilprozess wird Trump erstmals wegen Vorwürfen der sexuellen Gewalt rechtlich belangt. Er ist im Verlauf der Jahrzehnte von rund 20 Frauen des sexuellen Fehlverhaltens bis hin zur Vergewaltigung beschuldigt worden. Er wies solche Vorwürfe stets zurück.
Bei zivilen Verfahren gilt in den USA für einen Schuldspruch eine niedrigere Schwelle als bei Strafprozessen: Ein solcher bedeutet im Zivilrecht, dass die Juroren eine Tat als eher wahrscheinlich denn als eher unwahrscheinlich ansehen. Bei Strafprozessen muss die Schuld hingegen zweifelsfrei erwiesen sein.
Die heute 79-jährige Carroll wirft Trump vor, sie im Frühjahr 1996 in der Umkleidekabine eines New Yorker Luxus-Kaufhauses vergewaltigt zu haben. Öffentlich machte die langjährige Kolumnistin des Magazins "Elle" ihren Vorwurf erst 2019, als Trump Präsident war. Sie habe so lange geschwiegen, weil sie Angst gehabt habe, dass Trump ihre Karriere zerstören könne, hatte sie erklärt. Im Prozess bestätigten zwei Zeuginnen, dass ihnen Carroll kurz nach dem Vorfall von der Tat berichtet hätte.
Am Anfang stand eine Verleumdungsklage
Trump bezichtigte Carroll der Lüge und erklärte, sie sei nicht sein "Typ". Sie wolle nur den Verkauf ihres Buches ankurbeln. Carroll verklagte den Präsidenten daraufhin in New York wegen Verleumdung und im vergangenen November in einer zweiten Klage wegen der mutmaßlichen Vergewaltigung selbst sowie erneut wegen Verleumdung. Sie verlangte Schmerzensgeld und Schadenersatz in nicht genannter Höhe. Weil es sich um einen Zivilprozess und nicht um ein Strafverfahren handelte, drohte Trump keine Gefängnisstrafe.
Die Geschworenen sprachen Carroll nun nach weniger als dreistündigen Beratungen fünf Millionen Dollar (rund 4,5 Millionen Euro) zu - zwei Millionen Dollar wegen sexuellen Missbrauchs und drei Millionen Dollar wegen Verleumdung.
Während der Urteilsverlesung herrschte angespannte Stille im vollbesetzten Gerichtssaal. Carroll nahm den Urteilsspruch bewegt auf und umarmte ihr Anwaltsteam. Ihre Anwältin Roberta Kaplan zeigte sich "sehr glücklich" über das Urteil. Trumps Anwalt Joe Tacopina kündigte Rechtsmittel gegen das Urteil an. Er verwies unter anderem darauf, dass Carroll Trump stets Vergewaltigung zur Last gelegt habe - die Geschworenen aber lediglich sexuellen Missbrauch anerkannt hätten.
Trump selbst reagierte erbost auf den Ausgang des Zivilprozesses. "Dieses Urteil ist eine Schande - eine Fortsetzung der größten Hexenjagd aller Zeiten", erklärte der 76-jährige Republikaner, der bei der Präsidentschaftswahl 2024 erneut antreten will, auf seiner Onlineplattform Truth Social. Mit Blick auf Carroll erklärte Trump: "Ich habe überhaupt keine Ahnung, wer diese Frau ist."
Quelle: ntv.de, jki/ino/AFP/dpa