Panorama

Wende für den "Engel mit Eisaugen" Amanda Knox freigesprochen

Amanda Knox beteuerte ihre Unschuld.

Amanda Knox beteuerte ihre Unschuld.

(Foto: AP)

Im November 2007 wird Meredith Kercher mit durchgeschnittener Kehle in einem Haus im italienischen Perugia gefunden. Ihre Mitbewohnerin Amanda Knox wird für die Tat zu einer langen Gefängnisstrafe verurteilt, doch in der Berufung sprechen die Richter Knox frei. Auch ihr Ex-Freund wird entlastet.

Die Amerikanerin Amanda Knox ist im Berufungsprozess um den Mord an einer britischen Studentin im italienischen Perugia freigesprochen worden. Knox, auch "Engel mit den Eisaugen" genannt, war 2009 wegen der brutalen Ermordung der 21-jährigen Britin Meredith Kercher zu 26 Jahren Haft verurteilt worden. Auch ihren Ex-Freund Raffaele Sollecito sprach das Geschworenengericht frei. Der Richter ordnete ihre umgehende Freilassung an.

Raffaele Sollecito.

Raffaele Sollecito.

(Foto: REUTERS)

Zur Urteilsverkündung erschien Knox völlig blass im Gerichtssaal. Nach der Verkündung des Freispruchs brach sie in Tränen aus. Ihre Schwester Deanna Knox sagte, für Amanda sei nun "ein Albtraum zu Ende". "Sie hat vier Jahre lang für ein Verbrechen gelitten, das sie nicht begangen hat", sagte die Schwester unter Tränen.

Knox hatte bis zuletzt ihre Unschuld beteuert. "Ich bezahle mit meinem Leben für etwas, was ich nicht getan habe", sagte die 24 Jahre alte Amerikanerin mit zitternder Stimme in fließendem Italienisch vor Gericht. "Ich habe nicht getötet, ich habe nicht vergewaltigt, ich war nicht da." Knox betonte laut einem Bericht des Senders BBC: "Ich bin nicht die, für die viele mich halten. Die Perversion, die Gewalt, der fehlende Respekt vor dem Leben - ich habe diese Sachen nicht getan, auch wenn sie sagen, ich hätte es."

Die junge Frau flehte: "Ich will wieder zurück nach Hause. Ich möchte wieder mein Leben leben. Ich will nicht bestraft werden. Ich will nicht, dass mein Leben und meine Zukunft zerstört werden für etwas, das ich nicht getan habe, denn ich bin unschuldig." Ihr mitverurteilter Ex-Freund Raffaele Sollecito äußerte sich ähnlich.

"Meredith wird vergessen"

Kerchers Familie erinnerte an die getötete Meredith.

Kerchers Familie erinnerte an die getötete Meredith.

(Foto: AP)

Die Mutter des Opfers nahm das Urteil reglos und stumm auf. Zum Abschluss des Prozesses hatte die Familie der Ermordeten an das Opfer erinnert. "Meredith ist fast in Vergessenheit geraten", sagte die Schwester Stephanie Kercher vor der Urteilsverkündung. "Wir sind heute hier, in dieser Stadt, die Meredith liebte, um an sie zu erinnern, um Gerechtigkeit für sie zu bekommen."

Knox und Sollecito wurden 2009 für schuldig erklärt und zu 26 und 25 Jahren verurteilt, weil sie Kercher 2007 bei ausufernden Sexspielen getötet haben sollen. Grund soll gewesen sein, dass die Britin nicht mitmachen wollte. Langweile und Drogengenuss hätten ebenfalls eine Rolle gespielt.

Die britische Austauschstudentin Meredith Kercher (21) war am 2. November 2007 mit durchgeschnittener Kehle, vergewaltigt, halbnackt und von Messerstichen übersät in ihrer und Knox' gemeinsamer Wohnung in Perugia gefunden worden. Knox und der drei Jahre ältere Italiener waren zwei Jahre später in einem der spektakulärsten Indizienprozesse der italienischen Geschichte für die Tat zu 26 beziehungsweise 25 Jahren Haft verurteilt worden.

Die Eltern von Amanda Knox wollen auf dem Weg zum Gericht nicht mit den Pressevertretern sprechen.

Die Eltern von Amanda Knox wollen auf dem Weg zum Gericht nicht mit den Pressevertretern sprechen.

(Foto: dpa)

Seit November 2010 versuchen Knox und Sollecito, in dem Berufungsprozess ihre Unschuld zu beweisen. Die Familie des Opfers sagte: "Ohne eine abschließende Entscheidung ist es schwierig, irgendetwas oder irgendjemandem zu vergeben."

Der Ausgang des Verfahrens war bis zuletzt unklar, Beobachter und Medien hielten allerdings einen Freispruch für wahrscheinlich. Zu den Hauptargumenten der Verteidiger, die auf Freispruch plädierten, gehörten Verfahrensfehler bei der Spurensicherung. Diese hätten die wichtigsten DNA-Beweise der Anklage nichtig gemacht. Das habe ein unabhängiges Gutachten bestätigt.

So seien undeutliche DNA-Spuren auf einem Büstenhalter des Opfers sichergestellt worden, der erst 46 Tage nach der Tat überhaupt gefunden worden sei. Auch die auf dem mutmaßlichen Mordmesser festgestellten DNA-Spuren Amandas seien offensichtlich verunreinigt, hielten Rechtsmediziner fest. Man könne "mehrere genetische Profile" darin erkennen. Die Staatsanwälte wiesen diese These bis zuletzt kategorisch zurück und forderte für Knox und ihren Ex-Freund eine lebenslange Haftstrafe. Lebenslang heißt in Italien im Unterschied zu Deutschland ohne zeitliche Begrenzung.

Ein Mittäter wurde in dem Mordfall in einem Schnellverfahren zu 16 Jahren wegen Beihilfe verurteilt. Er trat später als Belastungszeuge der Anklage auf.

Quelle: ntv.de, dpa

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