Ist er der nächste Papst? Angelo Scola - der Wahrscheinliche
13.03.2013, 15:39 Uhr
Angelo Scola darf sich Hoffnungen machen.
(Foto: AP/dpa)
Die Wetten laufen: Viele setzen im Konklave auf den Mailänder Erzbischof Angelo Scola. Und tatsächlich spricht einiges für den konservativen Benedikt-Intimus, vor allem seine Offenheit gegenüber dem Islam rechnen ihm viele hoch an. Einzig seine Nähe zu rechten Politikern in Italien brachte ihm zuletzt Kritik ein.
Mit dem Prädikat "papabile" ist das so eine Sache. Auf den italienischen Piazzas ist es gängige Meinung, dass Kardinäle, die als "papabile" in das Konklave gehen, auch als "papabile" wieder herauskommen - und nicht als Papst. Der wohl größte Favorit des Konklave 2013 kann davon ein Lied singen: Angelo Scola, Erzbischof von Mailand, galt bereit 2005 als einer der Anwärter für den Heiligen Stuhl. Pontifex wurde damals bekanntermaßen ein anderer: Kardinal Joseph Ratzinger.
Scola wird es verwunden haben. Denn durch den Rücktritt des Deutschen ergibt sich für den Sohn eines überzeugten Sozialisten und Lkw-Fahrers ja eine neue Chance, in das höchste Kirchenamt aufzusteigen. Und zum anderen ist Ratzinger ein alter Weggefährte von Scola. Sie kennen sich seit den 70er Jahren, verfassten damals gemeinsam Beiträge für die Zeitschrift "Communio". In den 80er Jahren dann, beide sind zwischenzeitlich in der kirchlichen Hierarchie aufgestiegen, holte Ratzinger Scola als Berater in die von ihm geführte Glaubenskongregation.
Und 2011 schließlich ist es Papst Benedikt XVI., der Scola zum Erzbischof von Mailand ernennt. Die Diözese gilt als die bedeutendste und einflussreichste in Italien – unter den italienischen Kardinälen, die fast ein Viertel des Konklave ausmachen, spielt das bei ihrer Entscheidung eine wichtige Rolle. Seine Chancen, das Konklave nicht schon wieder nur als "papabile" zu verlassen, sind also nicht schlecht. Doch wer ist der Mann, der sich anschickt, der nächste Papst zu werden?
Ein Studienkollege Ratzingers
Geboren wird Scola 1941 in dem kleinen Dörfchen Malgrate, gelegen am Ufer des Comer Sees. Wegen seiner Herkunft - die Eltern waren einfache Leute - gilt er als bodenständig und volkstümlich. Durch sein Elternhaus habe er "den Glauben mit der Muttermilch aufgesogen", wird Scola zitiert. Das ist vor allem dem tiefen Glauben seiner Mutter zu verdanken. In der Schule gilt er als strebsam, gut in Griechisch und Latein - ein erster Hinweis auf seine spätere Karriere in der Kirche.
Geschadet haben werden ihm diese Kenntnisse jedenfalls nicht, als er sich für die Theologie entscheidet. Ähnlich wie Ratzinger entwickelt er sich eher zum intellektuellen Kirchenmann, widmet sich nach seiner Priesterweihe 1970 theologischen Studien. In den 70er und 80er Jahren - damals lernen sich Ratzinger und Scola kennen - besucht er mehrere renommierte katholische Universitäten und Einrichtungen, um sein Wissen zu vertiefen.
Dialog mit dem Islam gefördert
1991 wird er dann höherer Funktionsträger in der katholischen Kirche. Papst Johannes Paul II. hält große Stücke auf ihn und ernennt ihn zum Bischof von Grosetto, 1995 zieht er nach Rom. Scola wird vom Papst zum Rektor der Päpstlichen Lateranuniversität erhoben. Mit der Jahrtausendwende kommt der Aufstieg in die höchsten Kreise: 2002 wird er Patriarch von Venedig, ein Jahr später zieht er in das Kardinalskollegium ein.
Als Erzbischof von Mailand zeigt er sich von seiner zupackenden Seite: Innerhalb weniger Monate setzt er sieben Vikare vor die Türe. Für Katholiken, die sich einen resoluten Herrscher auf dem Stuhl Petri wünschen, ist das ein gutes Zeichen. Punkte brachten Scola seine Bemühungen um den interreligiösen Dialog ein. 2004 gründet er den Studienkreis "Oasis", der sich in einer Zeit, in der der Islam in den Fokus der Weltpolitik rückte, den Muslimen zuwendet.
Bei Buchmachern ist Scola Favorit
Allerdings ist Scola in vielen Haltungen wenig fortschrittlich. Er gilt als konservativ, lehnt etwa Frauen in Priesterämtern strikt ab. Schwierigkeiten bringt Scola in der heutigen Zeit auch seine Nähe zur Laienorganisation Comunione e Liberazione ein. Schon früh schloss er sich ihr an und geriet damit die Nähe des späteren Regierungschefs Silvio Berlusconi und dessen damaligen Kompagnons im Immobiliengeschäft, Marcello Dell’Utri. Beide unterrichtete er in Philosophie, als sie noch reine Unternehmer waren. Berlusconi ist, trotz zuletzt guten Wahlergebnisses, ins Zwielicht geraten; Dell’Utri wurde wegen Verbindungen zur Mafia verurteilt.
Im Konklave wird das aber vermutlich keine tragende Rolle spielen. Vielmehr, ob der 72-Jährige genügend Stimmen für sich gewinnen kann. Und da spielt Scola vieles in die Hände: Zum einen ist er Italiener, und damit Mitglied der stärksten nationalen Fraktion im Konklave. Zum anderen gehört er der Lobby der "Diplomaten" an, einer Gruppe um den Kardinalsdekan Angelo Sodano, der so etwas wie der derzeitige Interimspapst ist. In britischen Wettbüros sind sich die Buchmacher deswegen sicher: Wer auf Scola setzt, muss mit der im Vergleich geringsten Quote vorlieb nehmen. Sicher gewonnenes Geld also? In den Gassen Roms würde man das wohl ganz anders sehen.
Quelle: ntv.de