Saunafahrten weiter möglich Bahnchef verteidigt Kurs
16.07.2010, 13:35 UhrBahnchef Grube verteidigt sich: Es habe keine schlampige Wartung der Fernzüge gegeben, im Gegenteil. Ob die Klimaanlagen der betroffenen ICE-Baureihe überholt werden, ist weiter unklar. Von Kundenseite werden unterdessen Forderungen nach Entschädigungen lauter.
Die Hitzefahrten im ICE sind laut Bahnchef Rüdiger Grube nicht auf einen Sparkurs des Unternehmens zurückzuführen. Vielmehr habe die Bahn für die Wartung der Fernzüge in den vergangenen Jahren mehr ausgegeben, sagte Grube. Ganz ausschließen konnte er weitere Saunafahrten trotzdem nicht. Er betonte aber: "Wir geben uns alle Mühe, dass so etwas nicht vorkommt." Verbraucherschützer fordern für Hitzeopfer jetzt Geld statt Gutscheine von der Bahn.
Dem Unternehmen war immer wieder vorgeworfen worden, wegen seines geplanten Börsengangs einen Sparkurs zu fahren. Dem hielt Grube nun entgegen, allein für die Fernverkehrsflotte seien die Materialausgaben von 298 Millionen Euro 2004 auf 405 Millionen Euro im vergangenen Jahr gestiegen. Der Personalaufwand sei von 84 Millionen auf 96 Millionen Euro erhöht worden.
Keine Mängel entdeckt
Grube betonte, dass bei der anstehenden Generalüberholung der 44 ICE-2-Züge wegen der Ausfälle überlegt werde, "ob es nicht besser ist, dass wir auch die Klimaanlage entsprechend überarbeiten". Die Bahn hat in einer Arbeitsgruppe mit den Herstellern bei der Baureihe ICE 2 weder Mängel bei der Wartung noch bei der Konstruktion entdeckt. Der Vorsitzende des Bundestags-Verkehrsausschusses, Winfried Hermann von den Grünen, hatte gefordert, dass zumindest neue Züge der Bahn mit Klimaanlagen ausgerüstet werden, die bis 45 Grad Außentemperatur funktionieren.

Die Forderung der Betroffenen: Geld statt Tickets.
(Foto: dpa)
Auf Kundenseite droht der viel gescholtenen Bahn weiterer Ärger: Der Fahrgastverband Pro Bahn fordert, Fahrgäste aus überhitzten Zügen deutlich besser zu entschädigen als geplant. "Die Bahn sollte sich großzügig zeigen", sagte der Vorsitzende Karl-Peter Naumann am "Reisegutscheine sind nicht angemessen."
"Gutscheine kosten nichts"
Verbraucherschützer sehen das ähnlich: Wer durch den Ausfall der Klimaanlage gesundheitliche Probleme bekomme, habe Anspruch auf Schadenersatz in barer Münze, teilte die Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz mit. Dies gehe unter anderem aus der Europäischen Fahrgastrechtverordnung hervor. "Gutscheine sind ein geschickter Schachzug der Bahn, um trotz eigenen Fehlverhaltens ungeschoren davon zu kommen." Ein Reisegutschein koste die Bahn nichts, denn die Züge führen mit oder ohne Gutscheininhaber.
"150 Prozent des Reisepreises sind das Minimum - aber das bitte in Geld", erklärte Monika Hecken, Juristin der Verbraucherzentrale. Sie empfiehlt Betroffenen, ihren Anspruch direkt schriftlich per Einschreiben mit Rückschein an die Deutsche Bahn zu richten. Hecken rät Reisenden auch, sich den Ausfall der Klimaanlage vom Zugbegleiter bestätigen zu lassen und notfalls mit Mitreisenden Adressen auszutauschen, um im Streitfall Zeugen benennen zu können.
Die Bahn hatte jenen Hitzeopfern, die ärztlich versorgt werden mussten, Fahrgutscheine in Höhe des Anderthalbfachen des ursprünglichen Fahrpreises zugesagt. Personenverkehrsvorstand Ulrich Homburg sagte, man wolle auf die Betroffenen zugehen und mit ihnen über eine Wiedergutmachung ins Gespräch kommen.
Quelle: ntv.de, dpa