Kind mit Salzpudding getötet Bewährung für Stiefmutter
16.03.2006, 15:44 UhrIm Prozess um die tödliche Vergiftung eines Mädchens aus Rheinland-Pfalz mit einem versalzenen Pudding bleibt es bei einer Bewährungsstrafe für die Stiefmutter. Der Bundesgerichtshof (BGH) bestätigte am Donnerstag ein Urteil des Landgerichts Frankenthal vom Juli des vergangenen Jahres, das die damals 23-Jährige wegen Körperverletzung zu 14 Monaten Haft auf Bewährung verurteilt hatte.
Nach den Worten des 4. Strafsenats war der Angeklagten - wie dem Großteil der Bevölkerung und dem BGH-Senat selbst - völlig unbekannt, dass 0,5 bis 1 Gramm Kochsalz pro Kilogramm Körpergewicht tödlich wirken. Die junge Frau aus Ludwigshafen hatte am 15. März 2004 die vierjährige Tochter ihres Lebensgefährten gezwungen, einen Pudding aufzuessen, in den das Kind versehentlich zwei Esslöffel Salz eingerührt hatte. Das Mädchen, das nur 15 Kilo wog, starb trotz sofortiger ärztlicher Behandlung anderthalb Tage später. (Az: 4 StR 5376/05 vom 16. März 2006)
Der BGH stufte die Tat nun zwar, anders als das Landgericht, als gefährliche Körperverletzung ein, beließ es aber bei der Strafhöhe. Dem Landgerichtsurteil zufolge hatte Angelina gut 30 Gramm Kochsalz in einen 0,2-Liter-Becher Fertigpudding eingerührt - offenbar hatte sie zuvor beobachtet, wie die Erwachsenen ihren Joghurt mit Zucker gesüßt hatten. Die Stiefmutter, die gerade ihr eigenes Baby gefüttert hatte, reagierte genervt und zwang Angelina, den Pudding auszulöffeln, um sie zu erziehen und zu bestrafen.
Nach den Worten der BGH-Strafsenatsvorsitzenden Ingeborg Tepperwien ist die Beweiswürdigung des Landgerichts nicht zu beanstanden, wonach Angelina den versalzenen Pudding nicht freiwillig gegessen hat. Die Strafkammer habe die Wirkung von stark versalzenem Pudding damals im Selbstversuch getestet - er habe bei den Richtern Würgereiz und Brennen im Hals ausgelöst. "Es spricht viel dafür, dass die bloße Drohung nicht gereicht hat, sondern dass körperliche Gewalt nötig war", sagte Tepperwien.
Die Vorsitzende räumte ein, dass die Strafe angesichts der schrecklichen Folgen zu milde erscheinen möge. "Doch für den Tod des Kindes kann die Angeklagte, obwohl sie ihn verursacht hat, nicht verantwortlich gemacht werden." Sie treffe in diesem Punkt kein Schuldvorwurf: Selbst der Rettungssanitäter und eine Kindergärtnerin hätten nichts von der tödlichen Wirkung des Salzes geahnt.
An die Adresse der Großeltern des Kindes - die den BGH in einem Brief um eine härtere Strafe gebeten hatten, damit der Tod des Kindes nicht "umsonst" sei - sagte Tepperwien, zumindest würden durch den Fall die Gefahren von Kochsalz in der Bevölkerung bekannt. "Vielleicht werden dadurch weitere Unglücksfälle vermieden."
Quelle: ntv.de