Entschuldigung in 24 Stunden Bischof setzt Ministerin Ultimatum
23.02.2010, 20:15 UhrWegen Äußerungen über sexuelle Missbrauchsfälle setzt die katholische Kirche der Bundesjustizministerin ein 24-Stunden-Ultimatum für eine Entschuldigung. Leutheusser-Schnarrenberger will schriftlich reagieren. Unterdessen werden weitere Fälle von sexuellem Missbrauch durch Geistliche bekannt.
Die katholische Kirche in Deutschland ist empört über Äußerungen von Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP). Diese hatte am Montag in der ARD gesagt, die katholische Kirche erwecke bislang nicht den Eindruck, dass sie auch nur bei Verdachtsfällen mit den Strafverfolgungsbehörden konstruktiv zusammenarbeiten wollte.
Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, der Freiburger Erzbischof Robert Zollitsch, setzte Leutheusser-Schnarrenberger ein 24-Stunden-Ultimatum für eine Entschuldigung. Er habe der FDP-Politikerin wegen der als "maßlose Polemik" empfundenen Äußerungen einen Brief geschrieben und wolle außerdem noch am Dienstag mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) telefonieren, sagte er. In Freiburg tagt zurzeit die Frühjahrsvollversammlung der Bischofskonferenz. "Irgendwo gibt es Grenzen", sagte Zollitsch.
"Undifferenziert und emotional"
Nach Zollitschs Empfinden hat es in der Politik noch nie eine "ähnlich schwerwiegende Attacke auf die katholische Kirche gegeben". Er nannte die Äußerungen "undifferenziert und emotional".

Nun muss Sabine Leutheusser-Schnarrenberger einen Entschuldigungsbrief schreiben.
(Foto: picture alliance / dpa)
Leutheusser-Schnarrenberger will schriftlich auf Zollitsch reagieren. "Ich werde in angemessener Form schriftlich dem Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz antworten", sagte sie dem "Hamburger Abendblatt". Sie halte "wenig von einem wechselseitigen öffentlichen Schlagabtausch."
Zollitsch warf der Ministerin auch vor, den Eindruck erweckt zu haben, dass die inzwischen bekanntgewordenen rund 120 Missbrauchsfälle an katholische Schulen und Einrichtungen auch aus der jüngeren Vergangenheit stammten. Fakt sei, dass diese Fälle 25 bis 30 Jahre zurückliegen. "Ich wehre mich nachdrücklich gegen falsche Tatsachenbehauptungen und maßlose Polemik", sagte Zollitsch. Er habe bereits am Montag keinen Zweifel daran gelassen, dass alle Fälle lückenlos aufgeklärt werden müssen. "Die staatlichen Behörden sind schnellstmöglich eingeschaltet", sagte der Bischof. Die Staatsanwaltschaft erhalte alle Einblicke.
Weitere Fälle
Unterdessen wurden am Dienstag weitere, Jahrzehnte zurückliegende Fälle von sexuellem Missbrauch durch Geistliche bekannt. Fünf mutmaßliche Opfer von sexuellen Übergriffen hätten ihr Schicksal geschildert, sagte ein Sprecher des Bistums Essen dem WDR. Es soll sich bei den Beschuldigten um einen Ordensangehörigen, zwei Priester und einen Organisten handeln, die sich in den 50er und 60er Jahren an damals Minderjährigen sexuell vergangen haben sollen. Zwei der mutmaßlichen Täter seinen bereits tot. Ein Beschuldigter ist 94 Jahre alt.
Ein Pater der Hiltruper Missionare soll vor mehr als 20 Jahren an Schülern sexuelle Handlungen vorgenommen haben, als er am Gymnasium Johanneum im saarländischen Homburg arbeitete. Das geht aus einer Erklärung des Bistums Münster hervor, die der "Münsterschen Zeitung" vorliegt. Solange bis die Vorwürfe geprüft seien, sei der Priester durch den Bischof beurlaubt worden. Ein Kaplan hat nach Angaben des Bistums Trier Anfang der 1960er Jahre in Gerolstein (Kreis Vulkaneifel) einen Jugendlichen mehrfach sexuell missbraucht.
Quelle: ntv.de, hvo/dpa