Panorama

Elbe umspült altehrwürdige Gebäude Bricht Lauenburgs Altstadt zusammen?

In der Altstadt von Lauenburg werden die Häuser von der Elbe umspült.

In der Altstadt von Lauenburg werden die Häuser von der Elbe umspült.

(Foto: dpa)

Bundeskanzlerin Merkel besucht die vom Elbehochwasser betroffenen Stadt Lauenburg. Nach ihren Reisen in die Katastrophengebiete soll dies die letzte Station sein, auf der sie den Menschen Mut machen muss. Den brauchen sie dort, denn die alte Stadt scheint aus den Fugen zu geraten. Ganz schlimm sieht es auch in Sachsen-Anhalt aus. Dort müssen immer mehr Orte evakuiert werden.

Das Elbe-Hochwasser steigt nicht mehr. Vielerorts hat es bereits seinen Höhepunkt erreicht, die Pegelstände stagnieren oder sinken. Die Wassermassen drücken dennoch weiter auf die oft durchweichten Deiche. Die Gefahr von Brüchen bleibt groß. Auch wenn im schleswig-holsteinischen Lauenburg der Wasserstand seit gestern Abend konstant bleibt, sorgen sich die Statiker um die alten Gebäude der historischen Innenstadt. Bundeskanzlerin Angela Merkel stattete Lauenburg am Mittag einen Kurzbesuch ab und informierte sich über die Lage vor Ort. Weitere Station ist das niedersächsische Hitzacker.

Vor allem die starke Strömung der hochwasserführenden Elbe bereitet den Statikern große Sorgen. "Da die Elbe mit bis zu 20 Kilometer pro Stunde die jahrhundertealten Altstadt-Häuser umspült, drohen Sedimente aus den Fundamenten herausgespült zu werden", erklärte Karsten Steffen vom Krisenstab des Kreises Herzogtum Lauenburg. Das könne die Standhaftigkeit der Gebäude nachhaltig beeinträchtigen. "Wenn ein Gebäude wirklich wegbrechen sollte, ist ein Domino-Effekt zu befürchten, weil sich die Häuser ja gegenseitig auch Schutz bieten."

Der Wasserstand wird in Lauenburg noch viele Tage extrem hoch sein. Experten schätzen, dass es bis zu einer Woche dauern kann, bis der Pegel auf unter neun Meter sinkt. Aktuell liegt er bei 9,63 Meter.

Verfolgen Sie die aktuelle Entwicklung im n-tv.de Liveticker.

Trotz allgemein sinkender Pegelständen mussten im Landkreis Stendal in Sachsen-Anhalt die Orte Klietz, Kamern und Scharlibbe geräumt werden. Dort besteht Lebensgefahr. Nach Angaben des Krisenstabes der Landesregierung war die Situation teilweise dramatisch. Nicht alle Anwohner wollten ihrer Häuser verlassen.

Grund für die überraschende Evakuierung war ein Überlaufen des Klietzer Sees, rund 20 Kilometer vom gebrochenen Fischbecker Damm entfernt. Der Ortsteil Neuermark-Lübars steht bereits unter Wasser. Wegen des Hochwassers war die Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) mit Booten an der Evakuierung beteiligt.

Am Abend waren bereits 150 Einwohner aus dem Ort Wust in Sicherheit gebracht worden. "Nach längeren Versuchen, den Ort zur retten, war dies nicht mehr möglich", sagte eine Sprecherin des Krisenstabs der Landesregierung. Helfer wären sonst selbst in Gefahr geraten.

Die Bruchstelle des Deichs bei Fischbeck hat sich nicht weiter geöffnet. Dort hatte die Bundeswehr aus der Luft große Sandsäcke abgeworfen. Auch wenn die Lage im Krisenstab offiziell als stabil bezeichnet wird, schießen noch immer hunderte Kubikmeter pro Sekunde durch den Bruch ins Hinterland. Laut Landrat Carsten Wulfänger kann der Deich nicht mehr geschlossen werden. Auch deshalb werden drei Tage nach dem Deichbruch weitere Orte evakuiert. Derzeit bahnt sich das Wasser seinen Weg in Richtung Jerichow.

Dagegen entspannt sich die Lage in Magdeburg, die Pegelstände sinken weiter. Dort beginnen die Aufräumarbeiten. Im Salzlandkreis ist die Situation vor allem an den Elbdeichen in Schönebeck angespannt. Die Ortsteile Grünewalde, Ranies und Elbenau bleiben gesperrt.

In Aken läuft die Evakuierung immer noch. Rund 9.000 Menschen müssen in Sicherheit gebracht werden. Das Hochwasser hat bereits viele Straßen überflutet, vor allem am Ortsrand. Auch alle Zufahrtswege sind abgeriegelt. Durch den gebrochenen Saale-Damm bei Klein Roseburg fließt weiterhin Wasser in die Region, die sich in einen riesigen See verwandelt hat. Er reich inzwischen von Barby, Groß Rosenburg bis nach Aken. Die Helfer vor Ort mühen sich weiter um die Rettung von Menschen und Tieren. So sind allein acht Boote im Einsatz, um Tiere in Sicherheit zu bringen.

In Aken starb ein 61-jähriger Mann durch Stromschlag beim Auspumpen eines Kellers. Seine Ehefrau erlitt einen Schock und kam ins Krankenhaus. Dadurch stieg die Zahl der Todesopfer in Sachsen-Anhalt im Zusammenhang mit dem Hochwasser auf vier und damit in ganz Deutschland auf mindestens acht.

Stabile Lage im Nordosten

Stiftung RTL
Kontonr. 1512151
BLZ 37050198
Sparkasse Köln/Bonn
Stichwort: Jahrhundertflut

Aktion Deutschland Hilft
Kontonr. 102030
BLZ 37020500
Sozialbank, Köln
Aktion Deutschland Hilft e.V. ist ein Bündnis von 22 deutschen Hilfsorganisationen, die im Katastrophenfall ihre Kräfte bündeln.

In Mecklenburg-Vorpommern sind mehr als 3000 Einsatzkräfte und Helfer in der Region um Dömitz und Boizenburg im Einsatz. Die Pegelstände liegen weitgehend stabil bei etwa 7,18 Metern in Dömitz und 7,32 in Boizenburg. Normal sind rund zwei Meter. An vielen Stellen sickert bereits Wasser durch die Deiche. Wie der Landrat des Kreises Ludwigslust-Parchim, Rolf Christiansen (SPD), mitteilte, sind die Stellen aber noch unproblematisch.

Brandenburg scheint beim Hochwasser glimpflich davonzukommen. Wegen des gebrochenen Deichs bei Fischbeck in Sachsen-Anhalt war im Havelland ein rund 3,5 Kilometer langer Notdeich errichtet worden. "Die Lage sieht stabil aus", sagte ein Sprecher der Koordinierungsstelle Katastrophenmanagement. Der Notdeich werde wohl nicht unter Druck geraten. Im Süden des Landes haben unterdessen die Aufräumarbeiten begonnen.

Die Verbraucherzentralen beraten seit heute Hochwasseropfer: Unter gebührenfreien Telefonhotline 0800/100 37 11 beantworten Experten bis 9. August montags bis freitags von 9 bis 16 Uhr Fragen zu Versicherungsschutz, Renovierungsverträgen mit Handwerkern und anderen Themen.

Strecke Köln-Berlin wieder frei

Die gesperrte Elbbrücke in Biederitz bei Magdeburg ist wieder für Zugverkehr frei. ICE-Züge der Strecke Köln-Berlin können damit wieder fahren. Laut Bahn gibt es aber weiter Verspätungen, ebenso auf der Strecke Berlin-Frankfurt. Weitere Einschränkungen gibt es durch die anhaltende Sperrung der Elbbrücke in Hämerten bei Schönhausen. Auch im Regionalverkehr gibt es viele Behinderungen.

Nachtragshaushalt angeregt

Die Wassermassen richten vermutlich einen Schaden in Milliardenhöhe an. Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler sprach sich für einen Nachtragshaushalt zur Bewältigung der Flut-Folgekosten und gegen Steuererhöhungen aus. Bei einem Treffen der Kanzlerin mit den Ministerpräsidenten der 16 Bundesländer geht es am Donnerstag neben den Soforthilfen aus Berlin von 100 Millionen Euro auch um eine faire Lastenverteilung bei zusätzlichen Finanzspritzen.

ARD und ZDF wollen keine Spendengala

Unionsfraktionschef Volker Kauder forderte ARD und ZDF auf, im Rahmen einer Spendengala Geld für die Flutopfer in Deutschland zu sammeln. Der "Bild"-Zeitung sagte Kauder: "ARD und ZDF sollten sich überlegen, ob sie nicht zur Linderung der Schäden durch die Flut eine extra Spenden-Gala veranstalten." Die Sendung könnte gut auf die Möglichkeiten zum Spenden hinweisen. Kauder erinnerte an die Erfahrungen mit der Flut von 2002. Damals sei eine solche Sendung ein voller Erfolg gewesen.

Die ARD reagierte umgehend auf Kauders Aufruf und teilte mit, dass es zwar Spendenaufrufe, aber keine Spendengala geben werde.  Ein ARD-Sprecher verwies darauf, dass der "Musikantenstadl" mit Andy Borg am kommenden Samstag die Flut an Elbe und Donau thematisieren werde. Betroffene sollen zu Wort kommen und um Spenden bitten. "Eine Spendengala im eigentlichen Sinne wird dies aber nicht." Eine ZDF-Sprecherin ergänzte, der Sender rufe in seinen aktuellen Sendungen ständig zu finanzieller Hilfe auf. Bisher seien über die Spendenhotline des "Aktionsbündnisses Katastrophenhilfe" Zusagen in Höhe von mehr als 1,9 Millionen Euro eingegangen.

Quelle: ntv.de, ppo/dpa

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