Unglückskapitän hofft auf kurzen Prozess "Comandante" Schettino bietet Deal an
17.07.2013, 15:44 Uhr
Der Prozess gegen Schettino findet im umfunktionierten "Teatro Moderno" in Grosseto statt.
(Foto: AP)
Drei Jahre und fünf Monate - für diese Zeitspanne ist "Costa Concordia"-Kapitän Schettino bereit, ins Gefängnis zu gehen, wenn dafür das Verfahren gegen ihn abgekürzt wird. Angesichts der 32 Todesopfer halten das viele Nebenkläger für Hohn. Sie setzen auf eine Beweisführung, die eine drastischere Strafe mit sich bringen soll.

In der italienischen Öffentlichkeit gilt er als "Kapitän Feigling". Seine Erklärung, er sei in ein Rettungsboot gerutscht, hatte weltweit für Empörung gesorgt.
(Foto: dpa)
Im Prozesses gegen den "Costa-Concordia"-Unglückskapitän Francesco Schettino hat die Verteidigung ein Schuldanerkenntnis im Gegenzug für eine milde Haftstrafe von drei Jahren und fünf Monaten und einen kurzen Prozess angeboten. Die Nebenkläger, die im Wesentlichen aus Nachfahren der Todesopfer bestehen, reagierten empört auf das Angebot.
Eine ähnliche Offerte Schettinos hatte die Staatsanwaltschaft bei den Voranhörungen im Mai bereits abgelehnt. Dem ehemaligen Kapitän drohen unter anderem wegen mehrfacher fahrlässiger Tötung bis zu 20 Jahre Haft.
Der Prozess gegen Schettino begann erst am Mittwoch richtig, nachdem er in der Vorwoche wegen eines landesweiten Anwaltsstreiks umgehend vertagt worden war. Schettino muss sich neben fahrlässiger Tötung auch wegen Verursachung von Umweltschäden und Verlassens eines Schiffes in Seenot verantworten.
In einem vom Hauptfall abgekoppelten Prozess hatte sich die Staatsanwaltschaft indes zu einem Deal mit den fünf Angeklagten bereiterklärt. Voraussichtlich an diesem Samstag werden der Krisenmanager der Reederei Costa Crociere, Roberto Ferrarini, der Steuermann des Schiffes sowie drei weitere Besatzungsmitglieder gegen ein Schuldeingeständnis zu Haftstrafen von bis zu zwei Jahren und zehn Monate verurteilt.
Schettino schiebt Hauptschuld von sich

Beliebtes Motiv der Fotografen ist die vermeintliche frühere Schettino-Geliebte Domnica Cemortan.
(Foto: REUTERS)
Das Kreuzfahrtschiff "Costa Concordia" war im Januar 2012 vor der Mittelmeerinsel Giglio auf einen Felsen gefahren, war dabei aufgeschlitzt worden und gekentert. 32 Menschen starben, zwei der Opfer werden eineinhalb Jahre nach dem Unglück noch vermisst. Unter den Toten waren auch zwölf Deutsche.
Die Staatsanwaltschaft wirft Schettino vor, mit dafür verantwortlich zu sein, dass das Schiff zu nahe an die Insel heranfuhr. Zudem soll er den Kreuzfahrtriesen noch vor Ende der Evakuierung verlassen haben. Schettino selbst hält sich nicht für den Hauptschuldigen. Vor Gericht erschien er braungebrannt und in grauem Anzug. Die Attraktion der Kameras war aber die junge Moldawierin Domnica Cemortan, deren Nähe zu Schettino in der Unglücksnacht zur Spekulation geführt hatte, er sei abgelenkt worden - was die junge Frau jedoch bestreitet. Vor Gericht sucht Cemortan zunächst nicht den Blickkontakt des Kapitäns. Im Prozess will sie selbst als Nebenklägerin auftreten.
Prozess ins örtliche Theater verlegt
Wegen des großen öffentlichen Interesses findet der Prozess weiter in dem umfunktionierten "Teatro Moderno" in Grosseto statt. Das Gericht hat zunächst drei Verhandlungstage für Mittwoch, Donnerstag und Freitag angesetzt. Es wird erwartet, dass sich der Prozess allein bis zu einem Urteil in erster Instanz über Monate hinzieht. Mehr als 400 Zeugen sind geladen, mehr als 200 Nebenkläger zugelassen, darunter auch die Reederei Costa Crociere und die Insel Giglio.
Die "Costa Concordia" liegt bis heute vor der Küste Giglios auf der Seite. Bemühungen zur Bergung des Schiffes dauern an.
Quelle: ntv.de, jog/dpa