Panorama

Barmherzigkeit für schwarze Schafe Der Papst wird zum "Revolutionär"

Papst Franziskus tritt als vorsichtiger Reformator an.

Papst Franziskus tritt als vorsichtiger Reformator an.

(Foto: dpa)

Homosexuelle, Frauen, die eine Abtreibungen vornehmen ließen, Geschiedene - die katholische Kirche hat ein Problem mit vielen ihrer Gläubigen. Papst Franziskus fordert Barmherzigkeit und will das Thema damit auch abhaken.

Die scharfe Kritik von Papst Franziskus an seiner katholischen Kirche hat in  Italien Aufsehen erregt. Mit offenen Worten hatte der Papst in seinem ersten großen Interview die Kirche eindringlich aufgefordert, sich nicht nur mit Fragen der Abtreibung, der homosexuellen Ehen, der Scheidung und Verhütung zu befassen.

Der angesehene Mailänder "Corriere della Sera" nannte den Aufruf des Papstes zu einer barmherzigen Kirche, die sich um "soziale Wunden" kümmert, revolutionär. Auch andere führende Zeitungen hoben die Äußerungen des Papstes auf die Titelseite, sprachen von einer "Umarmung" und "zivilem Mut" des Kirchenführers.

Dinge im Kontext sehen

"Das geht nicht", kritisierte Franziskus in dem am Donnerstag veröffentlichten Interview für die Jesuitenzeitschrift "Civiltá Cattolica" eine Kirche, die sich auf bestimmte kritische Fragen konzentriert. Die offizielle Haltung der Kirche zu den Themen habe sich nicht geändert, sie müsse aber stets das Individuum im Blick haben. "Wir müssen ein neues Gleichgewicht finden, sonst droht das moralische Gebäude der Kirche wie ein Kartenhaus einzustürzen", sagte das Oberhaupt der katholischen Kirche. Homosexuelle und Geschiedene müssten "begleitet" und "nach ihren Bedingungen" im wahren Leben beurteilt werden. Die Kirche müsse zuallererst "Wunden heilen und die Herzen der Gläubigen erwärmen".

Papst Franziskus warb auch um Gnade für Frauen, die eine Abtreibung hinter sich hätten und wahre Reue zeigten. Das Kirchenoberhaupt tritt seit seiner Wahl am 13. März bescheiden und sehr volksnah auf, zugleich zeigte er sich zu Reformen der katholischen Kirche willens. Ihm sei auch bereits vorgeworfen worden, nicht viel "über diese Sachen" zu reden, erwähnte Franziskus. Wenn man aber darüber spreche, "dann muss man den Kontext beachten."

In dem Interview sprach Franziskus auch offen über sich selbst, seinen jesuitischen Hintergrund und seine Vision für eine offene und einladende Kirche. Die Publikation ist das Ergebnis von drei privaten Gesprächen des Papstes mit Chefredakteur Antonio Spadaro. Er traf den Papst in seinen Privaträumen in der Casa Santa Marta. Die Einrichtung der Wohnung beschreibt der Journalist als einfach und streng, jedoch erfüllt von den menschlichen Gesichtern Christis, des Heiligen Franziskus, St. Josef und Maria.

Der Papst berichtete unter anderem über seine Angst als junger Mann, wegen seiner schnellen, autoritär anmutenden Entscheidungen als ultrakonservativ zu gelten. Deshalb setze er heute darauf, seine Entscheidungen nach intensiven Beratungen mit anderen zu treffen. Seiner Kirche empfahl er, sich nicht in einer lähmenden Vergangenheit zu verschließen, sondern mit Vertrauen, Zuversicht und Mut voranzugehen, um neue Räume zu finden, Gott zu begegnen.

Quelle: ntv.de, sba/dpa

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