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Knast oder Freiheit für Uli Hoeneß Die Plädoyers sind gehalten, jetzt beraten die Richter

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(Foto: AP)

"Das Thema ist schwierig, aber auch im Ergebnis relativ leicht", sagt der Verteidiger von Uli Hoeneß in seinem Plädoyer. Er fordert eine Einstellung des Verfahrens oder eine Bewährungsstrafe - für den Bayern-Präsidenten ist offenbar entscheidend, nicht ins Gefängnis zu müssen. Genau dort will der Staatsanwalt Hoeneß aber sehen.

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Im Steuerstrafverfahren gegen den Präsidenten des FC Bayern München fordert die Verteidigung die Einstellung des Verfahrens oder eine Bewährungsstrafe. Staatsanwalt Achim von Engel verlangte am letzten Prozesstag dagegen eine Freiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten für Uli Hoeneß. Haftstrafen über zwei Jahren können nicht zur Bewährung ausgesetzt werden, Hoeneß müsste also ins Gefängnis, wenn das Gericht dem Plädoyer der Anklage folgt und das Urteil rechtskräftig wird.

Nach den Plädoyers zogen sich Richter Rupert Heindl, die zwei Beisitzer und die beiden Schöffinen zur Beratung zurück. Ab 14 Uhr sei mit einem Urteil zu rechnen, sagte Heindl. Vor den Plädoyers hatte er betont, dass es in diesem Verfahren "keine Verständigungen", also keinen Deal gegeben habe.

Hoeneß verfolgte die Plädoyers weitgehend reglos. Sollte er von der hohen Strafforderung des Staatsanwalts überrascht gewesen sein, so ließ er sich das nicht anmerken.

Staatsanwalt sieht Selbstanzeige als unwirksamen Schnellschuss

Engel sagte in seinem halbstündigen Plädoyer, Hoeneß habe Einkünfte in Höhe von 107 Millionen Euro verschwiegen. Er beschrieb, wie Hoeneß über Jahre hinweg untätig geblieben sei, obwohl von deutschen Behörden Schweizer Steuer-CDs aufgekauft wurden und obwohl der damalige Post-Chef Klaus Zumwinkel für Steuerhinterziehung verurteilt wurde. Selbst nach dem Scheitern des Steuerabkommens zwischen Deutschland und der Schweiz Ende 2012 habe Hoeneß "keine äußerlich erkennbaren Aktivitäten" gezeigt.

Der Zusammenhang zwischen den Recherchen des "Stern"-Reporters Johannes Röhrig und der Selbstanzeige liege "auf der Hand", so Engel. Röhrig war einem Nummernkonto auf der Spur, konnte es Hoeneß jedoch nicht zuordnen. Strafverschärfend wollte Engel diesen Zusammenhang jedoch nicht werten, da "trotz intensiver Recherchen" nicht habe geklärt werden können, was Röhrig wann wusste.

Die Selbstanzeige nannte Engel einen "Schnellschuss". Sie sei unwirksam, da sie unvollständig gewesen sei. Nur für zwei Jahre seien Gewinne, sonst Verluste erklärt worden. Weitere Erklärungen habe Hoeneß erst auf Aufforderung vorgelegt. "Eine Aufstellung, die rein inhaltlich den Anforderungen einer Selbstanzeige genügt, gibt es bis heute nicht." Die im Verfahren ermittelte Steuerschuld von 27,2 Millionen Euro sei weiterhin nur ein Schätzwert.

Engel sah die Merkmale eines besonders schweren Falles erfüllt. Er akzeptierte Milderungsgründe wie den öffentlichen Pranger, die Lebensleistung des Angeklagten und die fehlgeschlagene Selbstanzeige. All diese Gründe seien jedoch "nicht besonders gewichtig".

"Ein Satz mehr, dann würden wir hier nicht sitzen"

Rechtsanwalt Feigen betonte in seinem knapp 50-minütigen Plädoyer, die Abgabe der Selbstanzeige am 17. Januar 2013 sei "die Stunde Null" dieses Verfahrens. Hätte der Staatsanwalt an diesem Morgen bei Hoeneß geklingelt, hätte man sich über die Unwirksamkeit der Selbstanzeige unterhalten können. "Aber Herr Hoeneß hat geklingelt, oder klingeln lassen."

Ob Hoeneß auf die Recherchen des "Stern" reagiert habe, sei egal. Natürlich habe er das. "Aber hierauf kommt es gar nicht an." Denn die Motive des Selbstanzeigen-Erstatters seien unerheblich.

Wie bereits an den früheren Prozesstagen rechnete Feigen vor, dass die Zahlen der Selbstanzeige zutreffend seien. Dennoch gebe es darin "ein Problem": die ausgewiesenen Verluste in einzelnen Jahren. Über die aufgeführte Quellensteuer sei jedoch ersichtlich gewesen, dass es auch in den Verlustjahren zu versteuernde Spekulationsgewinne gegeben habe. Feigen räumte ein, es wäre besser gewesen, wenn Hoeneß' Steuerberater "einen Satz" dazu geschrieben hätte, dass auch in den Verlustjahren Steuern fällig werden dürften. "Das hätte dazu geführt, dass wir nach meiner sicheren Überzeugung hier nicht sitzen würden". Die Frage sei, so Feigen, ob die Selbstanzeige an diesem technischen Punkt gescheitert sei.

"Das war der eine Schuss, von dem alle reden"

Mit Blick auf die Frage, ob die vollständigen Unterlagen zu spät abgegeben wurden, verwies Feigen auf einen Vermerk des Staatsanwalts vom 7. März 2013. Daraus gehe hervor, dass die Anklagebehörde für die Beantragung von Hausdurchsuchung und Haftbefehl den Eingang der Unterlagen nicht abwarten wolle. Dies habe gezeigt, dass die Staatsanwaltschaft sich auf die Unterlagen beschränken wollte, "die leicht zu beschaffen waren". Damit fehlten die Devisentermingeschäfte. Schon mit der Abgabe der Selbstanzeige sei "offenkundig" gewesen, dass die Steuerschuld sehr viel höher als die in der Anklage genannten 3,5 Millionen Euro ausfallen würde. Dennoch habe zwei Wochen nach Eingang der Selbstanzeige das Finanzamt Miesbach eine Steuerschuld erhoben, die in der Nähe der nun ermittelten 27,2 Millionen gelegen habe. "Hut ab!", sagte Feigen in Richtung Miesbach. Es sei also möglich gewesen, die korrekten Zahlen "auf dem Wege der Schätzung" zu berechnen.

Die Selbstanzeige, so schloss Feigen, sei "besser als ihr Ruf". Im Kern komme es jedoch gar nicht darauf a n, ob sie fehlerhaft sei, sondern ob der Steuerpflichtige damit vollständig zur "Steuerehrlichkeit" zurückkehre. Das sei am 17. Januar 2013 der Fall gewesen, dies sei "der eine Schuss, von dem immer alle reden, genau der". Ein Sprecher der Staatsanwaltschaft hatte am Mittwoch vor der Presse gesagt, für eine Selbstanzeige habe man "nur einen Schuss", und im Fall Hoeneß sei der daneben gegangen.

"Im Ergebnis ist es relativ leicht"

Die Verteidigung müsse darüber nachdenken, räumte Feigen ein, ob Einstellung in Betracht komme oder ob man sagen müsse, es fehle "an den letzten feinen Voraussetzungen". Eine solche Konstellation sei trotz der hohen Zahl der Selbstanzeigen in der Rechtsprechung bislang nicht entschieden worden. Dies liege daran, machte Feigen klar, dass die Steuerbehörden solche Fälle in der Regel gar nicht den Staatsanwaltschaften vorlegten.

"Das Thema ist schwierig, aber auch im Ergebnis relativ leicht", so Feigen. Es könne im Ergebnis keinen Unterschied machen, ob eine Selbstanzeige wirksam ist oder an formalen Mängeln scheitert. Der Antrag der Staatsanwaltschaft sei daher "schon in der Oktav" völlig verfehlt.

Feigen bilanzierte, strafmildernde Gründe seien eigentlich egal, aber er führte sie dennoch aus. Hoeneß sei nicht vorbestraft, er habe sich "mustergültig in seinem Leben verhalten, privat und beruflich", aber das sei ja nichts Ungewöhnliches. Er sei Nationalspieler gewesen, habe den FC Bayern München gut gemanagt, habe Arbeitsplätze geschaffen und Steuern gezahlt. "Die Verteidigung meint nicht, weil der FC Bayern die Champions League gewinnt", müsse Hoeneß straffrei bleiben, sagte Feigen.

Wichtig sei jedoch: "Wo Not am Mann" gewesen sei, habe Hoeneß immer geholfen - auch in den Jahren, in denen er in Zürich Verluste eingefahren habe. Hoeneß sei "kein großkotziger Spender". Man müsse "gar nicht Gerd Müller erwähnen und sein Schicksal, auch da weiß jeder, was Herr Hoeneß geleistet hat".

Dank an die Steuerfahnderin aus Rosenheim

"Der übliche Steuerhinterzieher hortet sein Geld in der Schweiz und freut sich darüber, dass die Zinsen nicht versteuert werden", fasste Feigen die Position der Verteidigung zusammen. Hoeneß dagegen haben "zocken" wollen. Es handele sich daher nicht um klassische Steuerhinterziehung.

Zum Schluss entschuldigte Feigen sich bei der Rosenheimer Steuerfahnderin, die am Dienstag ausgesagt und in den Tagen zuvor die Steuerschuld errechnet hatte. "Wir haben ihr zugemutet, ihren Faschingsurlaub zu schieben", außerdem habe sie, "dafür Dank, einen Top-Job gemacht".

Für den Fall, dass das Gericht nicht auf Einstellung des Verfahrens erkenne, beantragte Feigen schließlich eine Bewährungsstrafe.

Nach den Plädoyers gab Richter Heindl Hoeneß das Schlusswort. Der sagte, er habe dem Vortrag seines Anwalts nichts hinzuzufügen.

Quelle: ntv.de

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