Panorama

Schneeregen im Südwesten erwartet Europas Flughäfen gelähmt

Ein Flugzeug in Budapest. Der Flughafen war für Stunden gesperrt.

Ein Flugzeug in Budapest. Der Flughafen war für Stunden gesperrt.

(Foto: REUTERS)

Nach ungewöhnlich starken Schneefällen regiert auf europäischen Flughäfen das Chaos. Hunderte Flüge fallen aus, tausende Passagiere müssen in den Wartehallen übernachten. Auf manchen Flughäfen geht nichts mehr. Und die Städte befürchten, dass bald keine geräumten Straßen mehr garantiert werden können.

Heftiger Schneefall hat den Luftverkehr von London bis Budapest zeitweise stillgelegt und die Flugpläne durcheinander gebracht. In Deutschland war besonders das Drehkreuz Frankfurt betroffen. Am größten deutschen Flughafen saßen hunderte Passagiere fest, viele schon seit Freitag. Das Problem waren nicht nur die eingeschneiten Bahnen in Frankfurt. Viele Flüge fielen aus, weil die Zielflughäfen geschlossen oder überlastet waren.

Lange Gesichter am Flughafen Frankfurt. Hier kam es auch zu Tumulten wütender Passagiere.

Lange Gesichter am Flughafen Frankfurt. Hier kam es auch zu Tumulten wütender Passagiere.

(Foto: dpa)

Allein bis Mittag wurden in Frankfurt 172 Flüge gestrichen, am Vortag waren bereits 560 von 1400 Flügen ausgefallen. Dadurch gab es allein seit Freitag einen Rückstau von etwa 2500 Fluggästen. In der endlos langen Schlange vor der Gepäckabfertigung lagen die Nerven blank. Als frisch angekommene Fluggäste versuchten, eine neue Schlange für aktuelle Flüge zu bilden, sahen einige seit Stunden festsitzende Menschen laut Augenzeugen rot. Nach tumultartigen Szenen musste die Polizei dazwischengehen. Die Lufthansa wechselte auf einen Sonderflugplan. Das bedeutet, dass zahlreiche Flüge innerhalb Deutschlands und Europas von und nach Frankfurt gestrichen werden, hieß es. Konkrete Zahlen nannte die Lufthansa  nicht.

Auf dem Amsterdamer Flughafen Schiphol wurden 1700 Feldbetten aufgestellt - doch für die rund 3000 Gestrandeten reichte das nicht. "Andere Fluggäste schliefen auf Stühlen und Bänken", sagte ein Sprecher des Amsterdamer Flughafens. Viele Flüge waren gestrichen oder verspätet. Knapp 4000 Passagiere strandeten am Flughafen in Brüssel. Die Reisenden mussten die Nacht zum Sonntag im Flughafengebäude verbringen. Ihre Flüge wurden von anderen Flughäfen - vor allem London - in die belgische Hauptstadt umgeleitet. Da viele Passagiere aus China, Südkorea, Kuwait und den USA stammten, besaßen sie kein Visum für Belgien und durften den Transitbereich nicht verlassen, sagte ein Flughafensprecher. Das Rote Kreuz und die Feuerwehr schlugen Betten auf und versorgten die unfreiwilligen Übernachtungsgäste.

Die Reise kann noch dauern: Übernachten auf dem Flughafen München.

Die Reise kann noch dauern: Übernachten auf dem Flughafen München.

(Foto: dapd)

In London fielen binnen weniger Stunden bis zu 15 Zentimeter Schnee, danach ging an den beiden großen Flughäfen Heathrow und Gatwick erstmal gar nichts mehr. Allein in Gatwick waren waren 47 Schneepflüge und Traktoren im Einsatz. Der britische Wetterdienst registrierte den kältesten Dezember seit 100 Jahren. Auf dem Pariser Flughafen Charles de Gaulle sollten 15 Prozent der Flüge ausfallen. Der Budapester Flughafen Ferihegy wurde für mehrere Stunden komplett geschlossen: Die Räummannschaften kamen nicht mehr gegen den Schnee an.

Eingeschränkter Verkehr auf Straßen

Nach und gewaltigen Staus am Freitag rollte zumindest der Verkehr in Deutschland trotz Schnee und Eis wieder. Dennoch kam es immer wieder zu Unfällen. In Rheinland-Pfalz fuhr ein 19 Jahre alter Autofahrer auf mit Schneematsch bedeckter Fahrbahn in eine Familie mit zwei Kleinkindern. Die Eltern, ihre Kinder und auch der Fahrer erlitten schwere Verletzungen. In Bayern wurden bei einem Frontalzusammenstoß sechs Menschen verletzt. In Mecklenburg-Vorpommern suchte sich ein Unternehmen den falschen Tag aus, um einen Mähdrescher zu überführen: Das Fahrzeug blieb stecken und blockierte den Verkehr. Sonntag könnten sich die Verhältnisse auf den Straßen weiter verschlimmern: Vor allem im Südwesten soll es Schneeregen geben.

Schnee in London. Großbritannien erlebt einen Rekordwinter.

Schnee in London. Großbritannien erlebt einen Rekordwinter.

(Foto: AP)

Die vielen Unfälle mit Lastwagen, die Autobahnen für Stunden blockierten, lösten eine neue Diskussion über Winterreifen- oder sogar Schneekettenpflicht für Lkw aus. Der Auto Club Europa (ACE) stellte sich allerdings gegen Forderungen von Verkehrsexperten der SPD und Grünen nach Schneekettenpflicht für Laster. "Dann machen die Ketten den Asphalt kaputt, und der Asphalt macht die Ketten kaputt", warnte ACE-Sprecher Rainer Hillgärtner.

"Wir versuchen alles zu tun, aber wenn man kein Geld hat, wird man teilweise den Winterdienst einschränken", warnte der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes (DStGB), Gerd Landsberg. Schon jetzt werde auf einigen Nebenstraßen nicht mehr gestreut. "Die Bürger werden sich wahrscheinlich daran gewöhnen müssen, wie in skandinavischen Ländern, dass man auch auf einer festgefahrenen Schneedecke fahren kann", sagte Landsberg. "Eine andere Alternative sehe ich zurzeit nicht."

Nebenstraßen nicht geräumt

Schon jetzt werde auf einigen Nebenstraßen nicht mehr gestreut. "Die Bürger werden sich wahrscheinlich daran gewöhnen müssen, wie in skandinavischen Ländern, dass man auch auf einer festgefahrenen Schneedecke fahren kann", sagte Landsberg. "Eine andere Alternative sehe ich zurzeit nicht."

Kein Winterdienst im Bürgerpark in Bremen.

Kein Winterdienst im Bürgerpark in Bremen.

(Foto: dpa)

Der Städte- und Gemeindebund warnt indes: Hielten sich Schnee und Eis weiter so hartnäckig, könnten keine geräumten Straßen mehr garantiert werden. Der Streusalz-Hersteller K+S schließt Lieferengpässe wie im vergangenen Winter nicht mehr aus. "Wir produzieren an allen Standorten rund um die Uhr", sagte Konzernchef Norbert Steiner der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung".

Bei der Bahn gab es nach Angaben eines Sprechers zwar auch am Samstag zahlreiche Verspätungen und Ausfälle, allerdings sei die Lage deutlich entspannter als am Freitag. Die Züge seien sehr voll, da viele Verkehrsteilnehmer auf die Bahn umgestiegen seien. Durch den Aufruf der Lufthansa, bei innerdeutschen Verbindungen die Bahn zu nutzen, sei mit noch stärkerem Aufkommen in den Zügen zu rechnen.

Erste Tankstellen ohne Treibstoff

Manche Tankstellenkönnen nicht mehr beliefert werden.

Manche Tankstellenkönnen nicht mehr beliefert werden.

(Foto: dapd)

Schnee und Eis behindern zunehmend auch die Versorgung in Deutschland. Den ersten Tankstellen ging eine Woche vor Weihnachten der Treibstoff aus. betraf besonders Tankstellen in den Mittelgebirgen wie im Harz, im Erzgebirge oder im Thüringer Wald. Aufgrund der Engpässe dürfen in Thüringen und Sachsen an diesem Sonntag ausnahmsweise Streusalz- und Benzinlaster fahren.

Wer es am Wochenende in die Urlaubsorte schaffte, konnte hingegen die schönen Seiten des Winters genießen: Auf dem Brocken im Harz wurden 143 Zentimeter Schnee gemessen, auf dem Fichtelberg im Erzgebirge 133 Zentimeter, dem Großen Arber im Bayerischen Wald 122 Zentimeter. 

Quelle: ntv.de, ghö/dpa/AFP

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