Panorama

Bayern-Präsident hinterzog viel mehr Steuern Experte: Hoeneß droht weitere Klage

Uli Hoeneß nach dem ersten Verhandlungstag.

Uli Hoeneß nach dem ersten Verhandlungstag.

(Foto: dpa)

Viel mehr Steuern als bislang bekannt hat Uli Hoeneß hinterzogen. Er sei froh, dass jetzt "alles auf dem Tisch liegt", sagte er. Doch die Erleichterung könnte von kurzer Dauer sein. Denn nun droht dem Präsidenten von Bayern München eine Nachtragsanklage, wie ein Steuer-Strafrechtler sagt.

Nach den neuen Enthüllungen von Uli Hoeneß in seinem Steuerprozess erwartet Steuer-Strafrechtler Arne Lißewski weitere Maßnahmen der Staatsanwaltschaft gegen den Bayern-Präsidenten. "Da ist es möglich, dass eine Nachtragsanklage vonseiten der Staatsanwaltschaft erhoben wird", sagte der Krefelder Jurist der dpa. Hoeneß hatte zum Auftakt des Verfahrens vor dem Münchner Landgericht eingeräumt, sogar 18,5 Millionen Euro an Steuern hinterzogen zu haben - 15 Millionen Euro mehr als von der Staatsanwaltschaft bislang angenommen.

"Die Staatsanwaltschaft wird bemüht sein, diese 15 Millionen in den Prozess einzubinden", sagte Lißewski. Das umfassende Geständnis des Präsidenten des deutschen Fußball-Rekordmeisters FC Bayern gebe "dem ganzen Prozess natürlich eine ganz neue Dynamik". Möglich sei nun, dass der Prozess wegen der überraschenden Angaben des Angeklagten bis zu drei Wochen unterbrochen werden könnte, erklärte Lißewski.

Anhand der ursprünglichen Fakten habe er eine Bewährungsstrafe für Hoeneß für "gut möglich" gehalten, sagte der Experte. Angesichts der neuen Informationen müsse man dagegen "zwangsläufig auch schon daran denken, dass eine Freiheitsstrafe ohne Bewährung in Betracht kommt", fügte Lißewski hinzu. Die Selbstanzeige von Hoeneß sei damit unwirksam, könnte also nicht mehr strafbefreiend wirken.

Bereits drei Zeugen vernommen

Am ersten Tag des Prozesses gegen Uli Hoeneß sind bereits drei der vier vorgesehenen Zeugen vernommen worden. Die überraschendste Aussage machte dabei der Präsident des FC Bayern München selbst: Er gestand nicht nur, 3,5 Millionen Euro hinterzogen zu haben. So steht es in der Anklageschrift, über die das Landgericht München II verhandelt. Er gab an, darüber hinaus dem Staat noch viel größere Summen zu schulden. Insgesamt gehe es um mindestens 18,5 Millionen Euro. "Ich bin froh, dass jetzt alles auf dem Tisch liegt", sagte Hoeneß. "Ich werde alles dafür tun, dass dieses für mich bedrückende Ereignis abgeschlossen wird."

Hoeneß hatte, teilweise mit geliehenem Geld, über ein Konto bei der Schweizer Bank Vontobel an der Börse spekuliert und dabei mehrfach zweistellige Millionenbeträge bewegt. 50.000 Transaktionen habe er zwischen 2001 und 2010 gehabt. Oft handelte er mit Devisen: Euro gegen Dollar, Euro gegen Schweizer Franken, Dollar gegen Yen, Dollar gegen Schweizer Franken. Manchmal rief er nachts bei der Bank an. Eine Zeitlang sei er regelrecht verrückt gewesen und habe die Nerven verloren. Insgesamt machte er dabei große Verluste, die zwischenzeitigen Gewinne von mehr als 33 Millionen Euro hätte er dennoch versteuern müssen. Außerdem gab er Verlustvorträge privater Veräußerungsgeschäfte in Höhe von rund 5,5 Millionen Euro an um weniger Steuern zahlen zu müssen. Insgesamt ist Hoeneß angeklagt, Steuern "in sieben selbständigen Fällen" hinterzogen zu haben. Der Bayern-Präsident gestand alle Vorwürfe.

Hoeneß: Habe Finanzprodukte nicht verstanden

Dass die Summe der hinterzogenen Steuern nun so unerwartet hoch ist, könnte für Hoeneß zu einer langen Haftstrafe führen. Steuerhinterziehung wird in Deutschland mit bis zu fünf Jahren bestraft, besonders schwere Fälle mit bis zu zehn Jahren. Offenheit und Kooperationsbereitschaft könnten ihm positiv ausgelegt werden. Außerdem scheint er sich als überfordert und naiv darstellen zu wollen. Einen Überblick über Gewinne und Verluste habe er nicht gehabt. Das könne geschehen, "wenn man zockt und verrückt ist wie ich es damals war". Auch wirklich verstanden habe er einige der Produkte nicht, mit denen er handelte.

Die eigentliche Hoffnung für Hoeneß ist aber die Selbstanzeige: Nachdem er von Recherchen eines "Stern"-Journalisten erfahren hatte, zeigte er sich selbst an. Bei einer solchen Anzeige ist es der Staatsanwaltschaft möglich, die Straftat nicht weiter zu verfolgen. Allerdings könnte es zu spät gewesen sein: Immerhin hatte Hoeneß schon von den Recherchen erfahren. Sein Anwalt Hanns Feigen pocht aber darauf, dass die Selbstanzeige wirksam ist: "Wir sitzen alle hier, weil Uli Hoeneß eine Selbstanzeige eingereicht hat."  Am 25. Februar 2013 habe Staatsanwalt Achim von Engel bestätigt, dass die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft ohne die Selbstanzeige ergebnislos geblieben wären und dass Hoeneß und sein Steuerberater Günther Ache sich "um Aufklärung bemüht" hätten.

"Ich bin aber kein Sozialschmarotzer"

Nach Hoeneß' Darstellung wollte er seine Steuern nachzahlen seit das Abkommen zwischen Deutschland und der Schweiz gescheitert war, das Steuerhinterziehern eine Amnestie in Aussicht gestellt hatte. Das war im Dezember 2012. Dass sich Hoeneß dann weiter Zeit ließ, erklärt er unter anderem damit, dass sein Berater, der Chef der Devisenabteilung bei Vontobel, im Urlaub gewesen sei.

Ein Stuttgarter Steuerbeamter sagte als Zeuge, er habe bereits 2012 einen Hinweis bekommen: Ein Journalist habe sich gemeldet und nach einer möglichen Verbindung des FC Bayern zu einem Schweizer Nummernkonto gefragt. Die Angaben seien aber zu vage gewesen, um sie weiter zu verfolgen. Der Journalist habe auch die Nummer des Kontos nicht herausgeben wollen. "Der Name Hoeneß, das kann ich definitiv sagen, ist zu keinem Zeitpunkt gefallen." Ein Finanzbeamter in München sei per "Ausschlussverfahren" darauf gekommen, dass es sich um Uli Hoeneß handeln könnte. Dazu habe er habe am 17. Januar 2013 einen Aktenvermerk geschrieben - am Morgen dieses Tages war bereits die Selbstanzeige eingegangen. Der dritte Zeuge wollte nicht vernommen werden, es wurde eine frühere Vernehmung verlesen.

Auch Hoeneß trug eine schriftliche Aussage vor, in der er vor allem auf die moralische Dimension seiner Tat eingeht: "Ich bin aber kein Sozialschmarotzer, ich habe fünf Millionen an soziale Einrichtungen gegeben, 50 Millionen Steuern gezahlt. Ich will damit nicht angeben, ich will nur reinen Tisch machen." Zehn Millionen Euro hat er schon beim Finanzamt hinterlegt, zur Aussetzung seines Haftbefehls zahlte er fünf Millionen Euro. Das Urteil soll am Donnerstag gesprochen werden.

Quelle: ntv.de, vpe/che/hvo/dpa

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