Panorama

Polizist in Augsburg erschossen Fahndung nach Tätern erfolglos

Alle verfügbaren Kräfte sind an der Suche beteiligt.

Alle verfügbaren Kräfte sind an der Suche beteiligt.

(Foto: dapd)

In Augsburg wollen Polizisten zwei Motorradfahrer kontrollieren, doch die beiden eröffnen das Feuer auf die Beamten. Ein Polizist wird trotz Schutzweste erschossen, seine Kollegin verletzt. Die Polizei leitet umgehend eine Großfahndung ein. CDU-Innenexperte Bosbach sieht bei n-tv vorerst keinen politischen Handlungsbedarf.

Nach tödlichen Schüssen auf einen Polizisten in Augsburg werden zwei Männer als mutmaßliche Mörder gesucht. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann verurteilte die Tat als "gemeines Verbrechen". Die beiden flüchtigen Täter stammten vermutlich aus der schwerkriminellen Szene, sagte Herrmann. Die Männer sollten bei einer Routinekontrolle überprüft werden und eröffneten später das Feuer auf den 41 Jahre alten Beamten und seine 30-jährige Kollegin. Vermutlich wollten sie ein anderes Verbrechen verdecken. Viele Polizisten durchsuchten das gesamte Gebiet bis zum Abend - ohne Erfolg. "Wir haben leider keine heiße Spur", sagte ein Polizeisprecher. Für die weiteren Ermittlungen wurde die Sonderkommission "Spickel" gebildet - benannt nach dem Augsburger Ortsteil, in dem das Verbrechen geschah.

Der zweifache Familienvater wurde so schwer verletzt, dass er noch am Tatort starb. Er hinterlässt nach Angaben der Behörden eine Frau und zwei Söhne im Alter von 13 und 17 Jahren. "Mein besonderes Mitgefühl gilt der Ehefrau, den Kindern und den Eltern des ermordeten Kollegen", sagte Herrmann. Der Polizeipräsident des Präsidiums Schwaben Nord, Gerhard Schlögl, erläuterte, die Kollegin des Getöteten habe nach den Schüssen mehrmals zurückgefeuert. Sie habe sie vermutlich nicht getroffen. Die Beamtin selbst erlitt einen Streifschuss an der Hüfte. Der Täter schoss nach Angaben von Oberstaatsanwalt Günther Zechmann aus rund zehn Metern Entfernung.

"Wie James Bond über die Lech-Brücke"

Mehrere Menschen seien nach der nächtlichen Tat überprüft worden, sagte Schlögl. Leider habe die Polizei bisher aber keine heiße Spur. Ein wichtiges Indiz bei der Fahndung nach den Kriminellen ist das Kennzeichen des zurückgelassenen grauen Honda-Motorrads vom Typ CB 500. Es sei ein ungültiges Nummernschild mit dem Kennzeichen A-L 307 gewesen. Dieses Kennzeichen sei von der Zulassungsstelle inzwischen an einen anderen Kraftfahrer vergeben worden, der mit dem Verbrechen nichts zu tun habe, sagte ein Polizeisprecher. Man habe vermutlich auch DNA-Spuren, aber da gebe es noch keine Gewissheit.

Oberstaatsanwalt Zechmann sagte in Augsburg, die Verfolgungsjagd sei sehr ungewöhnlich gewesen: "Das war ein Tatablauf, den sich auch hartgesottene Ermittler nicht ohne weiteres vorstellen können. (...) Wie James Bond über die Lech-Brücke in Augsburg."

Zechmann vermutete, dass die Täter mit den Schüssen, die wohl heimtückischer Mord seien, ein anderes Verbrechen verdecken wollten. Möglicherweise seien die zwei in ein größeres Drogengeschäft verwickelt gewesen. Aber man wisse nicht genau, was sie auf einem Parkplatz gemacht hätten. Die Polizeistreife habe sie dort zur Unzeit überrascht. Er zeigte sich sicher, dass die Täter Ortskenntnisse hatten.

Polizist trug schusssichere Weste

Das Waldgebiet, in dem die Täter zu Fuß verschwunden waren, werde weiter durchsucht. Seit dem Vorfall gegen 3.00 Uhr in der Nacht fahnden mehrere hundert Beamte nach den Tätern, darunter Scharfschützen und Beamte des Sondereinsatzkommandos SEK. Aus ganz Bayern wurden Kräfte zusammengezogen. Das Gebiet um das Stauwehr Hochablass und der nördliche Teil des Augsburger Stadtwaldes wurden weiträumig abgesperrt. Auch ein Polizeihubschrauber war im Einsatz. Dichter Nebel erschwerte die Suche. Ob die Männer sich überhaupt noch im Augsburger Stadtwald aufhielten, war jedoch unklar. "Theoretisch besteht die Gefahr, dass sie aus dem Wald rausgekommen sind", sagte Polizeipräsident Schlögl.

Sperre: Die Polizei macht eine Brücke über dem Lech dicht.

Sperre: Die Polizei macht eine Brücke über dem Lech dicht.

(Foto: dapd)

Die Beamten wollten bei ihrer Streife auf einem Parkplatz im Augsburger Stadtgebiet den Motorradfahrer und seinen Mitfahrer kontrollieren. Das Duo flüchtete jedoch mit dem Zweirad bis in den Stadtwald. Die Maschine rutschte dann weg. Die Polizisten holten sie ein. Dann eröffneten die Verdächtigen das Feuer auf die Beamten. Später flohen beide zu Fuß weiter. Warum die Unbekannten mit einer großkalibrigen Waffe auf den Polizisten schossen, war nicht bekannt.

"Die Beamten sind zum ungünstigsten Moment gekommen", sagte Zechmann. Die Staatsanwaltschaft ermittle wegen Mordes und versuchten Mordes. Der getötete Polizist trug eine schusssichere Weste. Der Schuss traf den Mann daher vermutlich an Hals oder Kopf. Seine Kollegin rief sofort Hilfe, doch der Notarzt konnte den Beamten nicht mehr retten.

Bosbach: Kein Handlungsbedarf

Unionspolitiker Wolfgang Bosbach sieht nach der Tat keinen Anlass für politischen Handlungsbedarf. "Das ist jetzt nicht die Stunde der Politik", sagte der Vorsitzende des Bundestagsinnenausschuss bei n-tv. Es sei jetzt nicht die Stunde, wo "wir eine ganze Salve von neuen Vorschlägen unter das Volk streuen sollten", betonte Bosbach. "Das ist die Stunde des Mitgefühls mit den Opfern und mit den Hinterbliebenen des ermordeten Polizeibeamten."

Allerdings bleibe die Frage nach mehr Polizisten "ein wichtiges Thema". Man könne nicht auf der einen Seite der Polizei immer neue Aufgaben übertragen und auf der anderen Seite den Stellenabbau der letzten Jahre fortsetzen, so Bosbach. "Der war allerdings in den Bundesländern sehr, sehr unterschiedlich."

Rainer Wendt, Bundesvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), sieht ebenfalls keinen Handlungsbedarf. Deutsche Polizisten seien für solche Fälle ausreichend ausgebildet, sagte er bei n-tv. Die Schutzweste hilft aber nicht immer. "Bei aller guten Ausrüstung und allem professionellen Vorgehen kann man bei einem zu allem entschlossenen Täter nicht alle Gefahren verhindern." Das gehöre leider zum Beruf dazu. "Deshalb sind jetzt auch vorschnelle Forderungen völlig fehl am Platz."

Quelle: ntv.de, tis/dpa

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