Letzte Weichenstellung steht an Fast 20 Grad im Februar - ist der Winter vorbei?
15.02.2024, 15:24 Uhr Artikel anhören
Wie hier in Dresden wagen sich die Krokusse schon an die Oberfläche.
(Foto: dpa)
Es fühlt sich in Teilen Deutschlands so an, als wäre das Gröbste geschafft: Bei Temperaturen an die 20 Grad wähnt manch einer den Winter schon als überwunden. ntv-Meteorologe Björn Alexander muss da enttäuschen: In der zweiten Februarhälfte wird es wieder kälter. Auf Rekordkurs ist der Monat dennoch.
ntv.de: Es scheint, der Frühling hat den Winter schon jetzt vollends ins Abseits gedrängt. Bleibt es auch weiterhin so warm?
Björn Alexander: Derzeit befinden wir uns tatsächlich auf einem vorläufigen und vielleicht auch letzten Maximum der Temperaturen im Februar. Auf der Vorderseite von Tief "Rixa" mit Zentrum über dem Atlantik beziehungsweise den Britischen Inseln erreicht uns nämlich aktuell die Luft aus Südwesten, also direkt aus Richtung Mittelmeer und Spanien.
Wie warm wird es?
Bevor uns am Freitagmittag die Kaltfront von "Rixa" aus Westen überquert, liegen wir zuvor noch voll im sogenannten Warmsektor. Das bedeutet auch am Freitag erneute Spitzen, die meistens bei 13 bis 18 Grad liegen - vereinzelt vielleicht sogar etwas mehr.
Sind solche Werte bis an die 20 Grad schon Rekorde?
Bezogen auf ganz Deutschland definitiv nicht. Hier liegen die Spitzenreiter im zweiten Februardrittel bei über 21 Grad. Allerdings halten diese super milden Höchstwerte in Kombination mit den nur selten frostigen Nächten den Monat Februar weiterhin auf Rekordkurs.
Was bedeutet das konkret?
Bislang ist der Februar 1990 mit einer Mitteltemperatur von 5,76 Grad der wärmste, gefolgt vom Februar 2020 mit 5,31 Grad. Momentan liegen wir - nach der Hälfte des Monats - bei weiterhin unfassbaren 6,5 Grad.
Ist zu erwarten, dass diese Wärme bis zum Ende des Monats anhält?
Nach jetzigem Stand nicht. In Summe sehen die Wettercomputer eher wieder etwas kühlere Abschnitte auf uns zukommen. Wiederholt sind im letzten Monatsdrittel sogar winterliche Ansätze zu finden. Selbst der sogenannte Märzwinter könnte uns in den nachfolgenden Wochen sogar noch beschäftigen.
Wie wahrscheinlich sind solche Berechnungen?
Dass er kühler wird, ist ziemlich sicher. Ob es dann tatsächlich für einen richtigen Winternachschlag bis herunter ins Flachland reicht, ist indes unsicher. Dafür spricht allerdings, dass die Wettercomputer in der höheren Atmosphäre derzeit Trends zu einer plötzlichen Erwärmung berechnen, die wiederum auf eine Schwächung, vielleicht sogar auf einen Kollaps des sogenannten Polarwirbels hindeutet.
Was ist der Polarwirbel?
Im Prinzip handelt es sich um ein mächtiges Kaltluftpolster. Es entsteht auf der Nordhalbkugel normalerweise im Spätherbst und in den Wintermonaten. Dann sind die Temperaturunterschiede zwischen der Polregion und den südlichen Breiten besonders groß. Ist der Wirbel stark ausgeprägt, dann ist die Witterung bei uns in Deutschland oft durch westliche bis südwestliche und dementsprechend milde Winde bestimmt und die Kältepole bleiben nördlich dieses imaginären Schutzwalls vor Eis und Schnee.
Welche Folgen hat eine Abschwächung des Wirbels für unser Wetter?
Ist er instabil oder gestört, dann werden Wintervorstöße aus Norden und Osten bei uns wesentlich wahrscheinlicher. Gleichzeitig lauert die richtig eisige Luft nach wie vor in Skandinavien und ist somit ganz nah.
Wie kalt ist es in Nordeuropa?
Die Wetterstationen in Skandinavien vermeldeten zum Start in den Tag gerne mal strengen Frost unter minus 10, teils sogar unter minus 20 Grad. In den letzten Nächten war es sogar noch kälter - zum Teil mit Tiefstwerten von unter minus 35 Grad. Dabei ist jedoch noch zu erwähnen, dass von der Erwärmung in der höheren Atmosphäre bis zum Kollaps des Polarwirbels und den Auswirkungen bis zu uns nach Deutschland durchaus zwei bis drei Wochen vergehen können. Unterm Strich geht es jetzt somit in die letzte Weichenstellung für den Winter.
In welcher Größenordnung können sich die Temperaturen denn im März nach unten bewegen?
Besonders kalte März-Monate präsentierten uns in den letzten zwei Jahrzehnten die Jahre 2005, 2006, 2018 sowie der extreme Märzwinter 2013. Der brachte Deutschland eine Mitteltemperatur von 0,2 Grad und war damit im Vergleich zum langjährigen Mittel gut 3 Grad zu kalt. Dementsprechend findet sich das Jahr 2013 ebenso in den Dekaden-Rekorden wieder. Beispielsweise mit deutlich unter minus 10 Grad im letzten Monatsdrittel. Der März kann also richtig eisig werden - im krassesten Fall sogar über 6 Grad kälter als der Februar bisher.
Parallel dazu sendet der Frühling seine Boten bei uns aus: Es sollen bereits hohe Pollenkonzentrationen unterwegs sein, oder?
Je nach Witterung schicken die sogenannten Frühblüher bereits im Winter ihre Pollen auf die Reise. So können Erle und Hasel schon im Laufe des Januars in erhöhten Konzentrationen auftreten. Die Maximal-Belastungen folgen für gewöhnlich im Februar und März. Insofern sorgt das trockene, warme und zeitweise sonnige Wetter derzeit vor allem im Süden unseres Landes für einen stark bis sehr stark ausgeprägten Flug von Erlenpollen. Auch die Hasel ist in einigen Regionen noch nennenswert unterwegs, hat aber zum Teil ihren Höhepunkt bereits überschritten. Nach Norden hin ist die Pollensituation aufgrund der wiederholten Regengebiete aktuell deutlich entspannter.
Wie gestaltet sich die Entwicklung am Wochenende?
Die gute Nachricht: Alles in allem können Allergiker auch im Süden etwas aufatmen. Geschuldet ist das natürlich der schlechten Message in Sachen Wochenendwetter. Denn es geht landesweit durchwachsen weiter. So fällt am Samstag vor allem im Südosten Regen.
Und im übrigen Land?
Sonst ist es teils bewölkt, teils auch freundlich mit nur selteneren Schauern. Ein Bild, das sich am Sonntag umkehrt. Dann ist es nämlich im Nordwesten oft grau und nass, während es im Süden und Südosten schöner wird.
Bei welchen Temperaturen?
Am Samstag erwarten uns 7 bis 14 und am Sonntag 5 bis 13 Grad, bevor sich am Montag bei maximal noch 4 bis 12 Grad auf den Mittelgebirgen Schneeflocken untermischen können.
Wann können wir endlich mal wieder mit einem Sonnen-Hoch rechnen?
Damit sieht es momentan leider ziemlich düster aus. Stattdessen werden die Tiefs in puncto Niederschläge sogar nochmals richtig nachlegen. So berechnen die längerfristigen Prognosen bis zum Monatsende verbreitet 20 bis 50 Liter je Quadratmeter, teilweise auch mehr. Da wir derzeit im Deutschlandmittel schon bei etwa 50 Litern je Quadratmeter und damit bei ziemlich genau 100 Prozent der ansonsten üblichen Februar-Menge angelangt sind, ist dementsprechend auch schon sicher, dass wir den inzwischen fünften zu nassen Monat in Folge erleben.
Quelle: ntv.de