Tödliche Schüsse am Berliner Neptunbrunnen Gewerkschaft nimmt Polizisten in Schutz
29.06.2013, 12:46 Uhr
(Foto: dpa)
Nach dem tödlichen Polizeieinsatz am Berliner Neptunbrunnen verteidigt die Deutsche Polizeigewerkschaft das Vorgehen der Beamten. Deren Chef Wendt sagt n-tv, dass der Polizist eine gegenwärtige Gefahr habe abwehren müssen. Berlins Innensenator Henkel schlägt derweil den Einsatz von Tasern vor.
Die Deutsche Polizeigewerkschaft hat das Vorgehen des Berliner Polizisten verteidigt, der am Freitag vor dem Roten Rathaus einen mit einem 20 Zentimeter langen Messer bewaffneten Mann erschossen hatte.
Der Polizist sei von Berufs wegen verpflichtet, Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung abzuwehren, sagte der Gewerkschaftsvorsitzende Rainer Wendt n-tv. "Wenn von einer Person eine gegenwärtige Gefahr ausgeht, dann muss er einschreiten, um diese Gefahr abzuwehren und das war hier augenscheinlich der Fall", so Wendt.
Kein Polizist mache es sich leicht, auf einen anderen Menschen zu schießen, sagte auch der Berliner Landesvorsitzende der Gewerkschaft, Bodo Pfalzgraf, im RBB. Es sei nicht möglich, alle Beamten zu Kampfkünstlern oder Scharfschützen auszubilden, damit in einer solchen Situation auf Arme oder Beine geschossen werden kann.
Schuss in den Oberkörper
Der mutmaßlich verwirrte Mann - vermutlich ein 31 Jahre alter Berliner - hatte nackt in einem Brunnen vor dem Rathaus gestanden. "Als die Verstärkung eintraf, hat dieser Mann angefangen, sich mit dem Messer selbst zu verletzen", sagte der Berliner Polizeisprecher Stefan Redlich nach ersten Ermittlungen n-tv. Die Beamten seien dann in den Brunnen gestiegen, um den Mann davon abzuhalten.
Dann habe der Mann einen Polizisten bedroht. Als er nicht auf die Aufforderungen reagierte, das Messer fallenzulassen, gab ein zweiter Polizist einen Schuss ab. Der Polizist traf den Mann in den Oberkörper, er starb noch im Rettungswagen. Laut Polizei hat der Beamte in Notwehr geschossen.
"In solchen Extremsituationen spielt das spezielle Krankheitsbild keine Rolle mehr", sagte Polizeigewerkschafter Pfalzgraf. "Wenn am Ende jemand mit der Waffe auf einen losgeht, dann ist auch das staatliche Gewaltmonopol gefragt, weil man nicht alle Konflikte dieser Welt sprachlich lösen kann."
Henkel für Einsatz von Tasern
Zugleich zeigte Pfalzgraf Verständnis für die durch den Vorfall ausgelöste Debatte: "Es wird jetzt eine Diskussion geführt über die Verhältnismäßigkeit der Polizei-Maßnahme. Das ist auch in Ordnung."
Berlins Innensenator Frank Henkel von der CDU sprach sich derweil für den Einsatz von Elektroschock-Pistolen aus. Sogenannte Taser seien trotz Risiken ein vergleichsweise mildes Mittel, sagte Henkel der "B.Z. am Sonntag". Es sei durchaus ratsam, erneut darüber zu diskutieren. "Allerdings ist völlig unklar, ob es dafür eine politische Mehrheit gäbe", zitierte die Zeitung den Minister.
Das Vorgehen des Polizisten selbst verteidigte Henkel: "Was auf dem Video nicht zu sehen ist, ist die Ich-Perspektive und das Innenleben eines Polizisten, der Millisekunden hat, um eine Entscheidung zu treffen, auch über sein eigenes Leben." Es spreche vieles dafür, dass der Beamte in Berlin in Notwehr gehandelt habe. Die Mordkommission des Landeskriminalamts ermittelt routinemäßig gegen den Polizisten wegen Totschlags.
Ein Video auf der Internet-Plattform Facebook, das die Erschießung des Mannes im Neptunbrunnen zeigt, löste derweil Empörung unter Medienpolitikern aus. Unionsfraktionsvize Michael Kretschmer sagte dem "Focus": "So etwas darf nicht gepostet werden." Facebook müsse in solchen Fällen sofort reagieren und die Bilder aus dem Netz nehmen. Die Bilder seien "menschenverachtend", fügte der CDU-Medienexperte hinzu.
Ein Sprecher von Verbraucherministerin Ilse Aigner von der CSU sagte dem Magazin: "Offenbar reichen die technischen Instrumente und die Teams, die Inhalte der Seiten angeblich rund um die Uhr prüfen, nicht aus."
Quelle: ntv.de, mli/AFP