Panorama

Eurostat: Weniger Deutsche bis 2060 Heimspiel vor leeren Rängen

Laut Eurostat geht die Bevölkerungszahl in Deutschland zurück.

Laut Eurostat geht die Bevölkerungszahl in Deutschland zurück.

(Foto: picture alliance / dpa)

Die europäische Statistikbehörde Eurostat hat errechnet, dass die Deutschen in den nächsten 50 Jahren immer weniger werden. Frankreich und England legen dagegen kräftig zu. Heißt das etwa, wir haben in der EU bald weniger zu melden? Wir wagen eine Analyse.

Droht den Deutschen das gleiche Schicksal wie der Haiti-Ferkelratte, der Felsengebirgsschnecke und dem Nacktbrustkänguru? Sterben wir aus? Glaubt man der neuesten Erhebung der EU-Statistikbehörde Eurostat, sieht es jedenfalls nicht gut aus für die Erben des Arminius. Bis 2060 werden nach neuesten Berechnungen nur noch rund 66 Millionen Menschen in Deutschland leben. Im vergangenen Jahr waren es noch fast 82 Millionen. Dass laut Eurostat im gleichen Zeitraum Franzosen und Briten immer zahlreicher werden, wirft eine dringliche Frage auf: Schwindet damit Deutschlands Macht in den europäischen Institutionen?

Auch die französische Elite beteiligt sich am Bevölkerungswachstum: Carla Bruni und Nicolas Sarkozy erwarten Nachwuchs.

Auch die französische Elite beteiligt sich am Bevölkerungswachstum: Carla Bruni und Nicolas Sarkozy erwarten Nachwuchs.

(Foto: REUTERS)

Zum Beispiel im Europäischen Parlament: Dort wird die Anzahl der Sitze, für die ein Land Abgeordnete entsenden darf, nach der Bevölkerungszahl geregelt. Deutschland mit 82 Millionen Einwohnern stellt zurzeit 99 Abgeordnete, Frankreich mit  65 Millionen bereits 74 und Großbritannien mit nur 60 Millionen Einwohnern 73 Abgeordnete. 

Die Statistiker von Eurostat haben errechnet, dass die Bevölkerungszahl Frankreichs weiter wächst, unter anderem dank einer höheren Geburtenrate. Die "Grande Nation" werde in knapp 50 Jahren auf knapp 74 Millionen Bürger kommen, das wären 9 Millionen mehr als noch 2010. Auch Großbritannien werde kräftig zulegen: 79 Millionen Menschen soll es 2060 geben - nach 62 Millionen im Jahr 2010.

Mit anderen Worten: Im nächsten Halb-Jahrhundert fallen wir Deutschen zahlenmäßig auf die britischen Verhältnisse von heute zurück, während Frankreich und Großbritannien - vermutlich lächelnd vor lauter Elternstolz - an uns vorbeiziehen. 

Ende der einfachen Mehrheiten in Brüssel?

Dass nun aus 17 Millionen mehr Engländern, Walisern und Schotten auch endlich mal ein paar talentierte Torhüter entstehen, darf bezweifelt werden. Und ob die Franzosen mit 9 Millionen mehr Menschen irgendwann besser beim Eurovision Song Contest abschneiden, ist ebenfalls unwahrscheinlich. Aber was heißt das für das europäische Machtgefüge?

Im Europaparlament richtet sich die Anzahl der Sitze nach der Bevölkerungsgröße der Länder.

Im Europaparlament richtet sich die Anzahl der Sitze nach der Bevölkerungsgröße der Länder.

(Foto: picture alliance / dpa)

"Die Deutschen sollten bei dem Thema vielleicht weniger an die EU und mehr an ihren Nachwuchs denken", sagt Henning Riecke von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik. Natürlich hätte Deutschland mit weniger Einwohnern auch etwas weniger Macht bei Entscheidungen, die zum Beispiel im Europäischen Rat mit der sogenannten doppelten Mehrheit getroffen würden. "Denn dafür braucht man nicht nur mindestens 55 Prozent der Mitgliedsstaaten, die jeweils eine Stimme haben, sondern man muss zusammen auch mindestens 65 Prozent der EU-Bevölkerung stellen", erklärt Riecke. "Da würde Deutschland dann natürlich etwas an Macht verlieren."

Sorgen macht sich Riecke aber nicht. "Macht hängt in Europa von vielen Faktoren ab, nicht nur von der Bevölkerungszahl." Außerdem sei fraglich, ob die EU in 50 Jahren noch genauso ist wie heute. "Möglich, dass sich die Institutionen bis dahin reformiert haben", sagt Riecke.

Klar aber ist: Europa braucht Deutschland - schon deswegen, weil wir am Ende fast als Einzige für die Schulden gewisser Nachbarstaaten geradestehen können. Per EU-Order wird man die Deutschen aber kaum zum Eltern-Glück zwingen können, meint Riecke. "Vielleicht wäre das aber ein Job für einen EU-Vermehrungskommissar", fügt er lachend hinzu.

Irgendetwas muss Italiens zukünftiger Ex-Premierminister Silvio Berlusconi nach der nächsten Wahl ja machen ...

Quelle: ntv.de

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