Rekordhitze und Dürre Heiß, heißer, Sommer 2015
01.09.2015, 11:50 Uhr
Bei der Qualifikation für die Badewannen-WM in Erfurt nutzen die Teilnehmer die letzten Sonnenstrahlen.
(Foto: dpa)
Der Sommer neigt sich dem Ende und macht dem Herbst Platz - allerdings nicht, ohne sich gebührend zu verabschieden. Es sei kein Jahrhundertsommer gewesen, sagt n-tv-Meteorologe Björn Alexander. Dennoch wurden einige Rekorde gebrochen.
n-tv.de: Björn, was meinst du zu dieser Formel: heiß, heißer, Sommer 2015?
Björn Alexander: Auf jeden Fall spielt der Sommer 2015 in der Liga der heißesten Sommer ganz oben mit. Denken wir alleine an das erste Juli- und das erste Augustwochenende. Da wurde in Kitzingen gleich zweimal der deutsche Hitzerekord von 40,3 Grad eingestellt. Außerdem hatten wir bei unseren Wetterprognosen mindestens drei- bis viermal die 40 Grad mit dabei. Das passiert einem Meteorologen in Deutschland normalerweise vielleicht alle drei bis vier Jahre einmal. Und zwar, dass das einmal im Sommer vorkommt und nicht direkt mehrfach.
Ein Ausnahmesommer also?
In Sachen Hitzewellen bestimmt. Und eben auch, was die gesamte Abweichung vom langjährigen Mittel angeht. Allerdings ist auf dem ersten Platz unangefochten der Sommer 2003. Dieser Jahrtausendsommer brachte eine Abweichung von 3,3 Grad.
Jahrtausendsommer?
Ja. 2003 war absolut außergewöhnlich. Das zeigt auch der Abstand zu den nachfolgenden Hitzesommern. Die Plätze zwei und drei teilen sich nämlich mehrere Sommer mit einer Abweichung von 2,2 beziehungsweise 2,1 Grad. Das sind beispielsweise 1947, 1992 oder 1994. Und eben auch der Sommer 2015.
Warum ist der Abstand zwischen 2003 und 2015 denn so groß? Schließlich war es in den vergangenen Wochen doch sehr heiß.
Das lag maßgeblich am Juni. Der war in diesem Jahr nämlich ziemlich durchschnittlich. Zwar ging es schon mal heiß los. Dann folgte aber die sogenannte Schafskälte und brachte teilweise sogar Bodenfrost. Schlussendlich war der Juni damit nur 0,6 Grad wärmer als der Durchschnitt.
Das alleine kann es wohl nicht gewesen sein.
Der zweite große Unterschied lag in der Verteilung der Hitze. Der Sommer 2003 war landesweit extrem heiß, 2015 war es besonders der äußerste Süden. Das hat das Mittel natürlich auch nach unten gedrückt. Unterschied Nummer 3: der August. Denn auch wenn es angesichts der heißen Temperaturen im August kaum zu glauben ist: der August 2003 war nochmals deutlich heißer. In diesem Jahr war der August gut 3 Grad wärmer als normal. Im August 2003 betrug die Abweichung sogar 4 Grad!

Die Tage werden wieder kürzer, dafür kann man den Mond besser bestaunen wie im Hamburger Hafen.
(Foto: dpa)
Das ist wirklich extrem. Wie viel zu warm war denn der Juli?
Der brachte uns in diesem Jahr eine positive Abweichung von gut 2,5 Grad. Was jedoch gerade in den Hochsommermonaten Juli und August - wie eben bereits erwähnt - sehr auffällig war: Der Norden war alles in allem wirklich nur durchschnittlich, während der Süden sehr heiße Wochen erlebte. Übrigens das genaue Gegenteil vom Hochsommer 2014. Der war im Süden kühl und nass und im Norden sonnig und heiß.
Eine Frage noch zum Thema Regen: Zwischenzeitlich war es ja sehr trocken. Hat sich das denn inzwischen geändert?
Gerade im August war der Regen sehr unterschiedlich verteilt. Die Land- und Forstwirte am Niederrhein bzw. generell über der Nordhälfte können sich über die Regenmenge eigentlich nicht beschweren - höchstens über die zeitliche Verteilung. Denn binnen drei Tagen Dauerregen und durch die teils heftigen Gewitter zuletzt sind im August schon mal gerne 150 bis 250 Liter Regen pro Quadratmeter zusammengekommen. Da ist das Regensoll also auch mal öfter übererfüllt worden. Im Süden sind dagegen nur rund 50 Prozent der ansonsten üblichen Niederschläge gefallen. Das sieht man übrigens auch, wenn man mal an Rhein oder Mosel spazieren geht. Dort herrscht Niedrigwasser, was maßgeblich an der wochenlangen Trockenheit in den Einzugsgebieten im Süden und Südwesten liegt.
Wie sieht es denn in den nächsten Tagen aus? Eher Sonne oder eher Regen?
Eigentlich von allem etwas. Generell unbeständig mit wiederkehrenden Schauern oder zeitweiligem Regen zeigen sich der Norden und der Süden. Zwischendrin zeigt sich die Sonne generell häufiger. Bei den Temperaturen bewegen wir uns voll im jahreszeitlich passenden Fenster zwischen meist 15 und 22 Grad.
Was macht das Wochenende?
Das dürfte sogar nochmals etwas kühler werden. Nach jetzigem Stand liegen wir dann nämlich zwischen einem Tief über Skandinavien und der Ostsee und einem Hoch über dem Atlantik. Damit erreicht uns Luft aus nordwestlichen Richtungen und die ist recht frisch mit Höchstwerten zwischen 14 und knapp 20 Grad. Außerdem bleibt es wechselhaft und windig mit Schauern.
Gibt es denn auch Hoffnung auf einen schönen Spätsommer?
Nach dem Wochenende deutet sich eine zögerliche Wetterbesserung mit ansteigenden Temperaturen in Richtung Spätsommer an. Die Entwicklung im Detail ist aber noch sehr unsicher.
Lassen eure Wettervorhersagen eigentlich auch schon Aussagen über den Herbst oder sogar den Winter zu?
Nein. Natürlich gibt es auch Meteorologen, die sich mit der Vorhersage über Wochen oder Monate beschäftigen. Nur sind diese Langzeitprognosen, wenn sie denn wissenschaftlich fundiert sind, allenfalls Hilfsmittel in der Energiewirtschaft.
Aber es gibt doch auch Menschen, die anhand der Natur Prognosen - zum Beispiel für den Winter - machen.
Ja, die gibt es. Und es spricht ja auch nichts dagegen, dass man das tut. Ganz im Gegenteil: Auf diese Art und Weise kann man sich direkt mit der Natur und der Umwelt auseinandersetzen. Und das ist in diesen Zeiten, in denen sich alles immer mehr beschleunigt, alles immer schneller wird, eine wirklich wichtige Sache. Meine Meinung ist, dass das meiste, was man in der Natur ablesen kann, eine Folge der Vergangenheit ist. Und natürlich reagiert die Natur auch sehr kurzfristig auf einige Wetterphänomene. Das lässt aber - aus meiner Sicht - keine Aussagen über den zukünftigen Witterungsverlauf von einigen Monaten zu.
Quelle: ntv.de