Panorama

Nackte in der Gaskammer Intendant setzt "Tannhäuser" ab

Kominskis Inszenierung macht Wagners Venusberg zum Schauplatz blutiger Naziverbrechen.

Kominskis Inszenierung macht Wagners Venusberg zum Schauplatz blutiger Naziverbrechen.

(Foto: picture alliance / dpa)

Schon bei der Premiere kommt es zu einem Tumult. Die drastischen Holocaust- und Erschießungsszenen in der Düsseldorfer "Tannhäuser"-Inszenierung sind für einige Zuschauer zu viel, mehrere müssen zum Arzt. Das Stück wird abgesetzt, der Regisseur ist empört und spricht von Zensur.

Die umstrittene "Tannhäuser"-Vorstellung in Düsseldorf hat bei einigen Zuschauern Gesundheitsbeschwerden ausgelöst. Nach der Premiere mit Holocaust- und Erschießungsszenen haben sich gleich ein Dutzend Zuschauer zum Arzt begeben. Rheinoper-Intendant Christoph Meyer reagierte so bestürzt, dass er die drastische Inszenierung nach nur vier Tage absetzt.

Bei der Premiere hatte eine Gaskammerszene, in der nackte Statisten in einem vernebelten Glaswürfel zu Boden sinken, die Zuschauer verstört. Zu empörten Tumulten kam es dann, als Tannhäuser als Nazi mit Hakenkreuzbinde eine Familie erschießt.

Komponist Wagner war Antisemit

Wenige Wochen vor den Feiern zum 200. Geburtstag des großen romantischen Komponisten wird auch die Debatte um Richard Wagners Antisemitismus und seinen Einfluss auf die Nazi-Ideologie wieder angetrieben. Die Mehrheit der Forscher trennt bisher zwischen den judenfeindlichen Äußerungen Wagners und seinem musikalischen Werk.

Bei Wagners Oper "Tannhäuser", der auf Sagen um den Sängerkrieg auf der Wartburg und dem Venusberg basiert, hat bisher noch niemand antisemitisches Gedankengut vermutet. Regisseur Burkhard C. Kosminski ging es mit der Verortung in die Nazi-Zeit vielmehr um das große Thema Schuld und Erlösung.

Regisseur spricht von Zensur

Nun wird Wagners "Tannhäuser" nur noch konzertant aufgeführt - auf der Bühne stehen lediglich drei lange Reihen roter Stühle. Das findet nicht jeder gut. Kosminski wirft der Oper eine Art Zensur vor. Auch im ehrwürdigen Freundeskreis der Oper hätte mancher die Inszenierung sehen wollen, um sich ein eigenes Urteil bilden zu können.

Die jüdische Gemeinde begrüßte die Entscheidung der Rheinoper. "Es besteht die Gefahr, dass das Leid der Opfer durch eine inflationäre Verwendung von NS-Symbolik bagatellisiert wird. Da muss man sehr sensibel sein", sagte der Vorsitzende der jüdischen Gemeinden von Nordrhein. Er betonte jedoch, die Gemeinde wolle sich grundsätzlich nicht in künstlerische Belange einmischen. Die jüdische Gemeinde Düsseldorf hatte das Stück "geschmacklos" genannt, allerdings keine Absetzung gefordert.

Regisseur Kosminski hätte sich eine Diskussion zum "Tannhäuser" gewünscht. Doch Opernintendant Meyer steht zu seiner Entscheidung. Allein vor dem roten Vorhang auf der Bühne stehend sagte er: "Ich muss die menschliche Gesundheit über die künstlerische Freiheit stellen."

Quelle: ntv.de, dpa

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