Haftantritt verzögert sich Ist Hoeneß zum großen Finale noch frei?
28.04.2014, 11:29 Uhr
Darf wohl noch ein bisschen länger zuschauen: Uli Hoeneß mit Ehefrau Susanne beim Bundesliga-Spiel gegen Bremen am 26. April.
(Foto: dpa)
Bereits seit sechs Wochen steht das Urteil gegen Uli Hoeneß, doch passiert ist seitdem: nichts. Der Richter zögert die Zustellung offenbar bis zum letzten Moment hinaus - und könnte Hoeneß so die Möglichkeit geben, als Triple-Sieger einzufahren.
Lissabon am 24. Mai: Fast zeitgleich mit dem Schlusspfiff entlädt sich die gespannte Atmosphäre im Estádio da Luz in einer Fontäne aus Weißbier. Spieler, Verantwortliche und Fans flippen aus, ihr FC Bayern hat geschafft, was zuvor noch keiner anderen Fußballmannschaft gelungen ist: die Verteidigung des Champions-League-Titels. Diese Nacht wird zur Mutter aller Feiern, soviel steht fest. Nur einer sitzt 2374 Autokilometer entfernt in seiner acht Quadratmeter großen Zelle in Landsberg und verdrückt eine Träne, während sich das Fernsehen mit rauschenden Bildern aus der Berichterstattung verabschiedet. Uli Hoeneß muss von der Talsohle seines Lebens aus beobachten, wie der Verein, den er als Präsident erst zu dem gemacht hat, was er heute ist, ohne ihn auf dem Gipfel seines Erfolges angekommen ist. Was für eine bittere Ironie des Schicksals.
Haben sich wohl auch die Behörden gedacht - und offenbar beschlossen, die vielfältig vorhandenen Schlupflöcher im bayerischen Strafvollzugsgesetz zu nutzen, um Hoeneß' Haftantritt so weit wie möglich aufzuschieben. Das jedenfalls berichtet die "Bild"-Zeitung, die gar Hoeneß' exakt durchgetakteten "Knast-Fahrplan" kennen will: Demnach will der verurteilte Steuerbetrüger mit einem Katertag Pause am Montag nach dem Endspiel seine Haft in der JVA Landsberg antreten. Und könnte so ganz nebenbei noch hautnah miterleben, wie "seine" Bayern zum Bundesliga-Saisonabschluss am 10. Mai die Meisterschale in den Münchner Himmel recken und eine Woche später gegen Borussia Dortmund um den Pokal kämpfen.
Möglich wird das offenbar durch eine geschickte Ausnutzung der gesetzlich vorgeschriebenen Fristen. Der zuständige Richter Rupert Heindl wird die schriftliche Urteilsbegründung nach "Bild"-Informationen erst zum letztmöglichen Zeitpunkt am 30. April fertigstellen, weswegen Hoeneß die entsprechende Vorladung frühestens am 2. Mai aus seinem Briefkasten fischen kann. Ab dem Zeitpunkt der Zustellung hat der 62-Jährige dann vier Wochen lang Zeit, seine Haft anzutreten - was perfekt in Hoeneß' persönlichen Terminkalender passen dürfte.
Mit stolzgeschwellter Brust als Triple-Sieger einfahren, das klingt drehbuchreif. Jetzt müssen sich nur noch alle Beteiligten brav an die Regieanweisungen halten. Dass die Bayern im Halbfinal-Hinspiel gegen Real Madrid 0:1 verloren haben - geschenkt. Denn wie auch immer man zum FC Hollywood stehen mag, eines kann man dem Verein sicher nicht absprechen: einen Riecher für spannende Geschichten mit der Extraportion Pathos. Weswegen die Vorstellung von Uli Hoeneß, wie er am 24. Mai, frisch der Weißbierdusche entstiegen, vor die Fernsehkameras tritt und sich mit einem lachenden und einem weinenden Auge für dreieinhalb Jahre von der Bildfläche verabschiedet, wohl gar nicht mal so abwegig ist.
Quelle: ntv.de