Bockshornkleesamen in Verdacht Kommt EHEC aus Ägypten?
30.06.2011, 10:43 Uhr
Das Saatgut von Bockshornklee-Sprossen steht nun im Verdacht, für den EHEC-Ausbruch verantwortlich zu sein.
(Foto: picture alliance / dpa)
Nachdem Sprossen als Ursprung des EHEC-Ausbruchs in Deutschland in Verdacht geraten sind, gibt es jetzt konkretere Hinweise. Laut einer Analyse auf europäischer Ebene könnte ägyptischer Bockshornkleesamen den gefährlichen Erreger nach Deutschland und Frankreich gebracht haben. Derweil verteidigt Ministerin Aigner das Krisenmanagement der Behörden.
Ägyptische Bockshornkleesamen könnten der Auslöser für die EHEC-Ausbrüche in Deutschland und Frankreich sein. Zu diesem Schluss kommt die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) in Parma in einer gemeinsamen Analyse mit dem Europäischen Zentrum zur Prävention und Kontrolle von Krankheiten (ECDC) in Stockholm.
Danach scheint es eine Verbindung zwischen einer ägyptischen Samenlieferung von 2009 zu dem EHEC-Ausbruch in Frankreich zu geben, während ein Export von Bockshornkleesamen im Jahr 2010 nach Deutschland dort eine Rolle gespielt haben könnte.
Ägyptische Bockshornkleesamen seien somit in die EHEC-Ausbrüche in beiden Ländern verwickelt, halten die europäischen Behörden fest. Allerdings gebe es noch viel Unsicherheit, ob das wirklich die gemeinsame Ursache aller EHEC-Erkrankungen sei.
"Krisenmanagement hat funktioniert"
Derweil verteidigte Bundesverbraucherschutzministerin Ilse Aigner das Krisenmanagement der Behörden während der EHEC-Epidemie. Dieses habe funktioniert, sagte die CSU-Politikerin der "Passauer Neuen Presse". "Bund und Länder haben schnell und entschlossen reagiert und sehr eng zusammengearbeitet." Es gebe aber natürlich wie immer nach solchen Geschehnissen eine Manöverkritik. "Jetzt werden wir die einzelnen Abläufe auf den Prüfstand stellen, um zu sehen, was in Zukunft weiter verbessert werden könnte", kündigte die Ministerin an.
Aigner verteidigte auch die zwischenzeitliche Warnung vor dem Verzehr von rohen Gurken, Tomaten und Salat. Die Hinweise des Robert-Koch-Instituts und des Bundesinstituts für Risikobewertung seien "begründet und angemessen" gewesen, sagte die Ministerin. Die Spur zu den Sprossen sei erst später aufgetaucht. Wenn wegen des frühen Hinweises auf Salat aber auch nur ein Mensch indirekt auf Sprossen verzichtet und damit eine schwere Erkrankung vermieden habe, "dann war das im Interesse der Verbraucher."
Kostenerstattung für Krankenhäuser
Die Gesundheitsminister wollen derweil die Kassen notfalls per Gesetz zwingen, den Kliniken die Kosten für EHEC-Patienten zu ersetzen. Außerdem sollen die Meldewege beschleunigt werden. "Die Ministerkonferenz erwartet, dass die laufenden Verhandlungen zwischen Krankenhäusern und Kassen zu den Mehraufwendungen bis Ende 2011 abgeschlossen werden", sagte Hessens Sozialminister Stefan Grüttner von der CDU zum Abschluss der zweitägigen Beratungen in Frankfurt. "Für den Fall, dass es dabei zu keiner einvernehmlichen Regelung kommt, wurde der Bund aufgefordert, die Kostenerstattung gesetzlich zu regeln."
In norddeutschen Ländern gehe es dabei "um Millionen", sagte Grüttner, ohne konkrete Zahlen für die bundesweiten Belastungen zu nennen. Die Krankenhäuser dürften nicht im Nachhinein für ihre hervorragende Arbeit bestraft werden, "indem Fälle außerhalb des vereinbarten Budgets nur zu 35 Prozent von den Krankenkassen getragen werden".
Zudem soll eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe nach Wegen suchen, das Meldewesen zu verbessern. Meldungen zu neuen Krankheitsfällen sollen künftig "schneller und tagesaktueller" bei den zentralen Stellen eingehen, sagte Grüttner.
Transportwege müssen untersucht werden
Die europäischen Behörden teilten weiter mit, dass weitere Analysen notwendig seien. Dringend sei dabei vor allem eine Untersuchung, auf welchen Wegen die ägyptischen Lieferungen in Deutschland und Europa verteilt worden seien. So sei ein Teil der ägyptischen Samen über ein britisches Unternehmen nach Frankreich gelangt.
Sprossensamen, die in Frankreich mehrere EHEC-Fälle ausgelöst haben sollen, kamen nach Pariser Regierungsangaben aus England. Im Raum Bordeaux waren zehn Menschen erkrankt, nachdem sie Sprossen aus Bockshornklee, Senf und Rucola gegessen haben. Die beiden Behörden halten ausdrücklich fest, dass Bockshornkleesamen oft in einer Samenmischung auf den Markt kommen, was eine Kontaminierung beim Umverpacken nicht ausschließe.
Zu den dringenden Ratschlägen der Experten an die Verbraucher gehört, dass sie keine Sprossen für den eigenen Konsum ziehen und Sprossen auch erst nach einem ausführlichen Kochen verzehren sollten.
Quelle: ntv.de, dpa/AFP