Wegen Verwechslungsgefahr Kurden rasieren sich die Bärte ab
14.10.2014, 17:56 Uhr
Der Bart muss ab.
(Foto: REUTERS)
Wer einen langen Bart trägt, ist nicht gleich Islamist - doch diese Erkenntnis erschließt sich nicht jedem. Im Südosten der Türkei werden ganz normale bärtige Bürger als solche angefeindet, woraufhin diese nur einen Ausweg sehen.
Islamisten tragen lange Bärte, oder? Dieses Klischee hält sich hartnäckig, auch in der islamischen Welt. Zwar stimmt es, dass viele bekannte Terroristen Bärte tragen oder trugen (siehe Osama Bin Laden), doch besteht kein Kausalzusammenhang zwischen Haarpracht im Gesicht und politisch-religiöser Gesinnung. Viele tragen Bart, weil es in manchen Weltgegenden so üblich ist, vielleicht auch, weil sie ihren Glauben zeigen wollen, aber nicht weil sie politische Aussagen treffen wollen. Jedenfalls nicht die, dass der IS in irgendeiner Form eine gute Sache verfolgt.
So oder so ähnlich dürften viele Bartträger in der Türkei denken, die in den vergangenen Wochen in Bedrängnis geraten sind. Denn viele von ihnen sind als Islamisten angefeindet worden - obwohl sie einfach nur einen Bart tragen. Das berichtet die türkische Zeitung "Hürriyet", die aus einen Bericht der "Millyet" zitiert. Die Betroffenen ziehen klare Konsequenzen: Die Bärte müssen ab. "Lebewohl für die Bärte" titelt die Zeitung daher.
Zu diesem Schritt hätten sich vor allem Männer in der südosttürkischen Stadt Diyarbakir entschlossen, berichtet das Blatt. Viele Bartträger seien von einem Mob verfolgt worden, weil sie für Sympathisanten des IS gehalten worden seien. In der Millionenstadt leben viele Kurden unter denen wiederum viele mit der verbotenen Arbeiterpartei PKK verbunden sind. Außerdem tummeln sich einige Hisbollah-Anhänger in der Gegend, die die Sache des IS vertreten. Laut der Zeitung kam es bereits zu einigen Zusammenstößen, die Stimmung ist extrem gereizt.
Kronzeuge für die Bartrasur ist ein örtlicher Friseur. "Einige Bürger, die nichts mit dem IS oder der Hisbollah zu tun haben, sind wegen ihrer Bärte schikaniert worden", wird er zitiert. Viele seiner Kunden hätten sich die Haarpracht im Gesicht rasieren lassen, andere hätten ihn sich allerdings nur trimmen lassen. Der Friseur wird zum politischen Barometer: "Ich mache diese Arbeit seit 15 Jahren und habe noch nie so viele Bärte rasiert", sagte er.
Quelle: ntv.de, vpe