Obduktion nicht möglich Leiche von Frühchen bestattet
24.10.2012, 18:06 Uhr
(Foto: dpa)
Aufruhr an der Charité: Noch immer ist nicht klar, wie sich Neugeborene mit den gefährlichen Serratien-Keimen anstecken konnten. Und ausgerechnet das Kind, das vermutlich an den Bakterien gestorben ist, wurde vor einer möglichen Obduktion begraben. Ein Chefarzt der Klinik musste derweil Prügel einstecken - mit Schlagstöcken.
Ein Chefarzt der Berliner Charité ist in seinem Büro überfallen und mit Stockschlägen schwer verletzt worden. Die Täter sollen dem Gynäkologen Behandlungsfehler vorgeworfen haben. Indes geht die Suche nach der Quelle eines Darmkeims auf zwei Charité-Stationen weiter. Wie viele Babys noch infiziert sind, teilte Deutschlands größtes Uniklinikum nicht mit. Für Wirbel sorgte derweil, dass die Leiche des vermutlich an den Darmkeimen gestorbenen Babys bereits begraben wurde. Unklar ist, ob das tote Kind jetzt noch obduziert werden soll.
Zu dem Überfall auf den Mediziner hieß es bei der Polizei, die beiden geflüchteten Angreifer wollten sich möglicherweise an dem Gynäkologen für eine angeblich falsche Behandlung einer Frau rächen. Ein Zusammenhang mit den kranken Babys in der Charité schlossen sie aus. Die Polizei sprach von einem ungewöhnlichen Fall. Bei der Berliner Ärztekammer war nicht bekannt, ob gegen den Mediziner eine Anzeige vorlag.
Der 44-Jährige erlitt einen Rippenbruch, Prellungen und Schürfwunden. Ob sich Täter und Opfer kannten, sei noch unklar, hieß es bei der Polizei. Ein Kollege, der helfen wollte, wurde ebenfalls angegriffen. Das Überfallopfer gilt laut Ärztekammer als äußerst kompetenter und qualifizierter Mediziner, der auch Seminare zur Kommunikation zwischen Arzt und Patienten gebe.
Zu Übergriffen auf Ärzte ist es bundesweit wiederholt gekommen. Zuletzt waren zwei Mediziner im März in ihrer Praxis in Rheinland-Pfalz von einem Rentner erschossen worden. Der 78-Jährige tötete sich dann selbst. Verschärfte Sicherheitskonzepte für Krankenhäuser wollen Marburger Bund und Ärztekammer nicht. "Eine Klinik muss ein offenes Haus sein. Es wäre fatal, die Häuser zu einem abgeschlossenen Bereich umzuwandeln."
Eltern wussten nichts von Keimbefall
Zum Darmkeimbefall von Neugeborenen hieß es nach Charité-Angaben, dass sieben Babys an den Bakterien erkrankt sind, 16 weitere ohne Symptome infiziert. Ein Kind war vermutlich an den Keimen gestorben.
Als das gestorbene Baby obduziert werden sollte, stellte sich nun heraus, dass sein Leichnam verschwunden war. Ein Sprecher der Staatsanwaltschaft hatte zunächst erklärt, man wisse weder, wo die Leiche sei, noch kenne man seine Identität. Am späten Nachmittag teilten Charité und Staatsanwaltschaft dann mit, es sei bereits beigesetzt worden. "Wir prüfen jetzt mit einem auswärtigen Gerichtsmediziner, ob eine Obduktion noch sinnvoll ist", sagte Staatsanwaltschaftssprecher Martin Steltner.
Das Kind war am Deutschen Herzzentrum zunächst erfolgreich operiert worden. Dann flammte die Infektion mit den Darmkeimen auf, die sich der Säugling vermutlich zuvor auf einer Station der Charité zugezogen hatte. Das Baby starb am 5. Oktober. Eine Woche später wurde das Kind laut Steltner auf einem muslimischen Friedhof bestattet. Davon habe die Staatsanwaltschaft erst jetzt erfahren. Überdies habe die Familie des toten Kindes bislang nichts von den Keimen gewusst, sagte Steltner. Sie soll erst jetzt über die Infektion informiert worden sein.
Quelle: ntv.de, dpa