Rätselraten über "Salvator Mundi" Leonardo-Experte zweifelt noch
12.07.2011, 14:11 UhrIn New York ist angeblich ein Gemälde von Leonardo da Vinci aufgetaucht, ein segnender Christus. Doch der deutsche Experte Frank Zöllner ist noch nicht vollständig überzeugt. So manches spreche zwar für ein Original - aber ist die Nase nicht zu lang?
Die Echtheit des neu aufgetauchten Gemäldes von Leonardo da Vinci ist nach Einschätzung des deutschen Experten Frank Zöllner noch nicht vollständig geklärt. "Das Ganze ist eine sehr interessante Hypothese, und man wird sehen, ob sie Bestand hat", sagte Zöllner. "Man muss das ergebnisoffen prüfen."
Was man ausschließen könne, sei eine Fälschung. Es gehe um die Frage, ob der "Salvator Mundi" (Weltenretter) ein Werk des Meisters selbst oder die hochklassige Kopie eines Schülers sei. Diese Frage zu klären, sei in höchstem Maße kompliziert, betonte der Leipziger Professor.
Das in New York aufgetauchte Werk zeigt einen Christus mit zum Segen erhobener rechter Hand. Das Universalgenie Leonardo da Vinci (1452-1519) gilt als einer der einflussreichsten Maler der Kunstgeschichte, seine "Mona Lisa" ist Umfragen zufolge das bekannteste Bild der Welt. Schon die Zeitgenossen waren verblüfft von der illusionistischen Wirkung seiner Bilder.
"Darüber hinaus war er vor allem ein großer Innovator, er hat in fast allen seinen Gemälden Vorbilder übertroffen", sagte Zöllner. "Seine Art zu malen war einfach neu. Nehmen wir das berühmte Abendmahl: Die Apostel in dieser Weise als Gruppe darzustellen mit all den unterschiedlichen Emotionen, das hatte es vorher eben noch nie so gegeben." Eine derartige Originalität weise der "Salvator Mundi" zunächst einmal nicht auf.
Von Stilanalyse bis Röntgenbild
Die Beurteilung der Echtheit basiere vor allem auf Stilanalysen und auf technischen Untersuchungen. Stilistisch stelle sich in erster Linie die Frage, ob das Gesicht voll überzeuge. Schon anhand eines Fotos lasse sich erkennen, dass zum Beispiel die Segenshand außerordentlich genau modelliert und die Lichtführung sehr suggestiv sei. "Aber man müsste sich auch fragen, ob ein Gesicht mit einer so langen Nase denn nun unbedingt dem Perfektionismus Leonardos entspricht." Das alles seien Einschätzungsfragen, bei denen unterschiedliche Experten zu unterschiedlichen Schlüssen kommen könnten.
Die technische Untersuchung umfasse eine Durchleuchtung des Bildes unter anderem mit Röntgen- und Infrarotstrahlen. Dabei könne man unter der obersten Malschicht verborgenen Vorzeichnungen auf die Spur kommen. "Bei Leonardo findet man gelegentlich Vorzeichnungen, aber leider nicht immer. Wenn man also welche findet, ist das kein zwingendes Argument." Des Weiteren analysiere man die Farbpigmente: Stammen sie überhaupt aus der fraglichen Zeit? Sind es Farben, die Leonardo üblicherweise verwendete? Auf diese Weise lassen sich Fälschungen entlarven.
Weitere Indizien für die Echtheit können sich aus zeitgenössischen Quellen ergeben. Ein "Salvator Mundi" wird in den Dokumenten aus Leonardos Zeit nirgends genannt. Aber auch das sei kein zwingendes Argument gegen die Echtheit, sagte Zöllner. Es könne zum Beispiel sein, dass der "Salvator Mundi" aus der Zeit von vor 1500 stamme. Damals war Leonardo etwas weniger bekannt und wurde deshalb auch seltener erwähnt. "Kurzum, wie man es auch dreht und wendet: Es bleibt eine sehr spannende und zugleich komplizierte Sache."
Quelle: ntv.de, Christoph Driessen, dpa