Panorama

Radioaktives Material bei Überfall gestohlen Mexikanische Polizei findet offenen Behälter

Das gestohlene medizinische Gerät war in einer mit Metall verstärkten Holzkiste transportiert worden.

Das gestohlene medizinische Gerät war in einer mit Metall verstärkten Holzkiste transportiert worden.

(Foto: picture alliance / dpa)

Der Diebstahl eines Lastwagens in Mexiko alarmiert die Internationale Atomenergiebehörde und führt zu einer Großfahndung mitten in Mexiko: Die Fracht beinhaltet gefährliches radioaktives Material. Nun finden Ermittler den Behälter, den die offenbar ahnungslosen Diebe jedoch bereits geöffnet haben.

Nach dem Diebstahl eines mit radioaktivem Material beladenen Lastwagens in Mexiko hat die Polizei die strahlende Ladung sichergestellt. Die gefährliche Substanz Kobalt-60 sei im Bundesstaat Mexico im Zentrum des Landes gefunden worden, teilte die Behörde für nukleare Sicherheit (CNSNS) mit. Bereits am Montag hatten Unbekannte bei einem bewaffneten Überfall in Tepojaco bei Mexiko-Stadt das Fahrzeug in ihre Gewalt gebracht. Wie die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) mitteilte, sei das eigentlich für medizinische Zwecke gedachte Material "extrem gefährlich". Mit ihm ließe sich beispielsweise eine "schmutzige Bombe" herstellen, bei der radioaktives Material mit konventionellem Sprengstoff gemischt wird.

Die Räuber hätten den Metallbehälter geöffnet und das radioaktive Material entnommen, sagte der CNSNS-Physiker Mardonio Jiménez. "Diese Leute hatten nicht die geringste Ahnung, was sie da rausgeholt haben. Anscheinend waren es keine Spezialisten." Der Behälter sei in einem Haus in dem Ort Hueypoxtla entdeckt worden. Das radioaktive Material wurde mehr als 500 Meter entfernt auf einem Feld sichergestellt.

Bislang sei unklar, wie viele Menschen mit der strahlenden Substanz in Kontakt kamen, sagte Jiménez. Allerdings sei davon auszugehen, dass die Personen, die den Behälter öffneten, einer deutlich erhöhten Strahlung ausgesetzt gewesen sein. Spezialisten würden nun die Strahlung am Fundort messen. Bislang sei die Situation unter Kontrolle. Polizei und Streitkräfte sperrten den Fundort weiträumig ab.

"Die hatten keine Ahnung, was sie da stehlen"

Der im Bundesstaat Hidalgo gestohlene Transporter war mit einem medizinischen Gerät zur Krebstherapie beladen, welches das Radionuklid Kobalt-60 nutzt. Es sollte von einem Krankenhaus in der nördlichen Stadt Tijuana in ein Zentrum für radioaktive Abfälle gebracht werden Zwei bewaffnete Täter hatten den Fahrer an einer Tankstelle überwältigt und ihn gefesselt auf einer Brache zurückgelassen, wie die Zeitung "El Universal" berichtete. Offenbar hatten es die Räuber auf den mit einem Kran ausgestatteten Laster abgesehen.

Fahndungsfoto der Behörden: Beim Entfernen des Magneten am Kopfstück des Gerätes wird radioaktive Strahlung freigesetzt.

Fahndungsfoto der Behörden: Beim Entfernen des Magneten am Kopfstück des Gerätes wird radioaktive Strahlung freigesetzt.

(Foto: picture alliance / dpa)

Die Ermittler gehen davon aus, dass es sich bei den Tätern um einfache Kriminelle handelt, die sich der radioaktiven Fracht nicht bewusst waren. Lastwagenentführungen seien in Mexiko keine Seltenheit und der Diebstahl habe sich zudem in einer Gegend ereignet, in der die Drogenkartelle relativ schwach vertreten seien. "Unsere Vermutung ist, dass sie keine Ahnung hatten, was sie da stehlen. In dieser Gegend sind Überfälle Alltag", sagte ein Sprecher der Behörden. Die CNSNS informierte die IAEA über den Vorfall und veröffentlichten Fotos des stahlverstärkten Transportbehälters aus Holz.

Kobalt-60 findet in der Industrie sowie in der Medizin in vielen Bereichen Anwendung. Außer zur Strahlentherapie bei der Krebsbehandlung dient es zur Durchleuchtung von Metall, um so darin Schwachstellen zu entdecken. Ungeschützter Kontakt mit der Gammastrahlung von Kobalt-60 führt zu einem erhöhten Krebsrisiko.

"Es ist eine krebserregende Substanz. Sie ist gefährlich, wenn jemand den Behälter öffnet", sagte der stellvertretende Leiter des Zivilschutzes in Hidalgo, Miguel García Conde. Der örtliche Gesundheitsminister Pedro Luis Noble sagte örtlichen Medien, das radioaktive Material könne einen Menschen töten, der vier Minuten der Strahlung ausgesetzt sei.

Diebstahl von radioaktivem Material keine Seltenheit

Experten warnen seit langem vor der Gefahr radioaktiven Materials, das nur schlecht gesichert in Krankenhäusern, auf dem Gelände von Hochschulen und bei manchen Firmen gelagert wird. Im vergangenen Jahr wurden der IAEA 17 Zwischenfälle bekannt, bei denen strahlendes Material in unbefugte Hände gelangte oder zum Verkauf angeboten wurde. Daneben gab es 24 Fälle, in denen solches Material gestohlen wurde oder verloren ging.

Besondere Gefahrengebiete sind ehemalige Sowjetrepubliken wie Tschetschenien, Georgien und Moldau. Dort wurden im Jahr 2011 mehrfach Verdächtige festgenommen, die waffenfähiges Uran verkaufen wollten. Im Jahr 2000 kamen in Thailand drei Menschen ums Leben, nachdem dort ebenfalls ein mit Kobalt-60 arbeitendes Gerät zur Strahlentherapie gestohlen wurde und anschließend auf einem Schrottplatz landete. Dabei wurden laut der IAEA zudem rund 1870 in der Nähe lebende Menschen einer "etwas erhöhten Strahlung" ausgesetzt. In Brasilien starben 1987 bei einem ähnlichen Vorfall vier Menschen.

Die internationale Gemeinschaft sucht mit hohem Aufwand zu verhindern, dass das Material in die falschen Hände fällt. US-Präsident Barack Obama berief vor drei Jahren ein Gipfeltreffen zu dieser Frage ein. Für März 2014 ist in Den Haag ein weiteres Treffen geplant.

IAEA-Direktor Yukiya Amano hatte erst im Juli erneut vor der Gefahr durch schmutzige Bomben gewarnt. "Wenn eine schmutzige Bombe in einer Großstadt explodiert oder wenn eine nukleare Einrichtung sabotiert wird, könnten die Folgen verheerend sein", sagte er.

Quelle: ntv.de, bwe/AFP

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