Hoeneß-Erpresser verurteilt "Mister X" wandert hinter Gitter
16.12.2014, 12:07 Uhr
Thomas S. verlangte 215.000 Euro von Ex-Bayern-Präsident Uli Hoeneß.
(Foto: dpa)
Trotz Geständnis und Entschuldigung muss der Erpresser von Uli Hoeneß ins Gefängnis. Die Staatsanwaltschaft sieht zwar keinen besonders schweren Fall, besondere Minderungsgründe aber auch nicht. "Mister X" habe kriminelle Energie.
Im Prozess gegen den Erpresser von Uli Hoeneß ist das Urteil gefallen. Thomas S. muss für drei Jahre und neun Monate ins Gefängnis. Richter Oliver Ottmann hielt ihm zugute, dass er geständig war und dem Ehepaar Hoeneß einen Auftritt vor Gericht ersparte. Trotzdem sei es "kein Kavaliersdelikt", wie Ottmann betonte. "Sie haben die Hilflosigkeit von Herrn Hoeneß ausgenutzt." Nach seiner Verurteilung sei "der mächtige Mann auf einmal machtlos" gewesen.
Der 51-Jährige hatte zuvor gestanden, den ehemaligen Präsidenten des FC Bayern vor dessen Haftantritt mit einem Drohbrief erpresst und 215.000 Euro verlangt zu haben. Staatsanwalt Klaus Reichenberger hatte in seinem Plädoyer keinen besonders schweren Fall gesehen, besondere Minderungsgründe aber auch nicht. Der Angeklagte habe "kriminelle Energie" an den Tag gelegt, deshalb forderte die Staatsanwaltschaft vier Jahre und drei Monate Haft für den Angeklagten .
Verteidiger Martin Heidenreich verwies dagegen auf die schwierige finanzielle und gesundheitliche Situation des Angeklagten, der mehr als 300.000 Euro Schulden hat und an Diabetes leidet. Er hielt eine milde Strafe von zwei Jahren und sechs Monaten für ausreichend. Sein Mandant habe mit seinem Geständnis Einsicht gezeigt.
Der Erpressungsfall in Stichworten:
Der Brief von "Mister X": "Nun ist es langsam so weit", beginnt das Schreiben, das der Vorsitzende Richter Oliver Ottmann bei Prozessbeginn vorlas. Der Brief traf am 10. Mai kurz vor Hoeneß' Haftantritt wegen Steuerhinterziehung in dessen Anwesen am Tegernsee ein. "Dieser Abschnitt in Ihrem Leben wird sicher nicht leicht", droht "Mister X". Die Erfahrungen im Gefängnis würden dazu führen, dass "Ihr Ego, Ihre Persönlichkeit regelrecht gebrochen" werden.
Nach langer Vorrede kommt der Erpresser zum Punkt: "Es fällt Ihnen mit Sicherheit nicht schwer, sich von einem Betrag von 215.000 Euro zu trennen", schreibt er. "Sollte es nicht dazu kommen, können Sie versichert sein, dass Ihre Haftzeit kein Zuckerschlecken wird." Der Verfasser betont, er habe Kontakte und droht mit einem "unruhigen Haftverlauf". "Ich weiß, es klingt böse. Ist aber so." "Mister X" schließt: "Ich wünsche Ihnen und uns alles Gutes. Möge dieses Scheißgeschäft so ruhig wie möglich über die Bühne gehen."
Die Festnahme: Hoeneß' Frau Susanne brachte den Brief sofort zur Polizei. Diese organisierte die fingierte Geldübergabe im Münchner Stadtteil Sendling. Dafür stellte der FC Bayern ein Dienstfahrzeug zur Verfügung, mit dem eine Plastiktüte zum vereinbarten Übergabeort - einem Mülleimer neben einer Bushaltestelle - gebracht wurde. Bei der Festnahme am 10. Mai fiel Thomas S. vom Fahrrad und brach sich das Schlüsselbein.
Der Angeklagte: Der 51-Jährige geriet schon früh mit dem Gesetz in Konflikt und saß seit 1984 immer wieder wegen Betrugs, Unterschlagung, Raub, Diebstahl oder Fahrerflucht in verschiedenen Gefängnissen. Erst 2011 wurde er zuletzt aus der Haft entlassen. Seither lebte er mit seiner Lebensgefährtin in München. Er hat zwei Kinder aus einer früheren Beziehung, zu denen er keinen Kontakt hat.
Das Motiv: Thomas S. hatte Geldsorgen - nach eigenen Angaben rund 340.000 Euro. Der hoch verschuldete 51-Jährige hatte auf den Namen seiner Lebensgefährtin ein Lotto-Geschäft in München eröffnet, das er im Februar schließen musste. Er konnte sich nicht einmal eine Krankenversicherung leisten - obwohl er Diabetes-Patient ist. Inzwischen sei auch seine Freundin mit 150.000 Euro verschuldet und habe Insolvenz anmelden müssen.
Das Geständnis: "Ich befand mich damals in einer absolut verzweifelten Situation", gab der Mann in einer von seinem Anwalt verlesenen Erklärung an. "Die Schulden häuften sich, es kam zu Pfändungen bei meiner Lebensgefährtin." Als er von dem Urteil gegen Hoeneß erfuhr, erschien ihm dieses im Vergleich zu seiner eigenen Haftstrafe "ungeheuer", wie er sagte. "Die Idee kam spontan, ausgelöst durch meine völlig desolate Lage." Er habe gar nicht damit gerechnet, die Summe auch wirklich zu bekommen. "Es war wie die Abgabe eines Lottoscheins."
Quelle: ntv.de, dsi/dpa