Giftcocktail wirkt nicht Mörder qualvoll hingerichtet
30.04.2014, 18:05 UhrChaos und Folter: Bei einer Hinrichtung in Oklahoma werden einem Mörder drei geheim gehaltene Substanzen gespritzt. Dabei platzt ihm eine Vene, der Mann ringt 43 Minuten mit dem Tod und stirbt an einem Herzinfarkt. Nicht nur Bürgerrechtler sind schockiert.
Die Beschreibung der Szene klingt fürchterlich. Um 18.23 Uhr beginnt in McAlester im Südosten des US-Staates Oklahoma die Hinrichtung des Mörders Clayton Lockett. Der 38-Jährige liegt auf einer Trage, als er eine vermeintlich tödliche Giftspritze mit einer umstrittenen Mischung aus drei Substanzen erhält. 13 Minuten nach Beginn der Prozedur, schreibt ein anwesender Reporter der Zeitung "The Oklahoman", macht Lockett ein schmerzverzerrtes Gesicht.
Sein Körper verkrampft, er schüttelt sich unkontrolliert. Der Verurteilte hebt mehrfach den Kopf und presst schwer verständliche Worte zwischen den Zähnen hervor. Sein Anwalt David Autry sagt später, er habe Ausrufe wie "Oh, Mann" gehört. "Es war extrem schwierig mitanzusehen." Ein Vollzugsbeamter habe gesagt: "Irgendetwas stimmt nicht".
Drei Minuten später schließen Gefängnismitarbeiter den Vorhang vor dem Fenster zum Zuschaueraum. Andere Beobachter sprachen im US-Fernsehen von einem Chaos, einem Desaster und von Folter.Nochmal zwanzig Minuten später informiert der Gefängnisdirektor Robert Patton die Zeugen, dass die Exekution gestoppt worden sei. "Wir hatten ein Venenversagen, wodurch die Chemikalien nicht in den Straftäter geraten konnten", zitiert ihn der Reporter. Die geplatzte Vene bewirkte, dass der Mann nach insgesamt 43 Minuten an einem Herzinfarkt starb. Da lag er immer noch im Hinrichtungssaal.
Debatte um das Instrument Giftspritze
Der Vorfall facht die Debatte über die Todesstrafe in den USA an. Vor allem das Instrument Giftspritze löst bei immer mehr Bürgern Unbehagen aus. Seit sich viele Pharmafirmen und Apotheken im In- und Ausland aus ethischen und rechtlichen Gründen wehren, für Exekutionen benötigte Beruhigungs- und Schmerzmittel zu verkaufen, versuchen die Behörden die Engpässe kreativ zu umgehen. Laut der "New York Times" wenden sich an vordringlich an staatlich schwach regulierte Labore.
Oklahoma und andere Bundesstaaten halten trotz gerichtlicher Klagen geheim, welche Ersatzstoffe diese Anbieter verwenden. Kritiker halten das für ungeheuerlich. Die Bürgerrechtsorganisation ACLU beklagt, dass Oklahoma mit ungetesteten Wirkstoffen "wissenschaftliche Experimente" an Todeskandidaten durchführe. Die Frage sei, "ob wir der Regierung genug vertrauen, um ihr zu erlauben, ihre Bürger, auch die schuldigen, mit einem geheimen Prozedere zu töten", sagt der ACLU-Direktor in Oklahoma, Ryan Kiesel. Die Behörden des Staates betonen hingegen, dass nicht das Mittel, sondern die fehlerhafte Verabreichung das Problem bei Locketts Hinrichtung ausgelöst habe.
Nicht der erste Fall
Doch es war nicht der erste Fall: Bereits im Januar hatte etwa eine Exekution mit einer neuen Giftmischung im Staat Ohio international Schlagzeilen gemacht. Damals habe der Betroffene insgesamt 25 Minuten mit dem Tod gerungen. Er schnappte nach Luft, machte Würgegeräusche, berichteten Zeugen. Auch hier hatte der Verteidiger vorher vergeblich Einspruch gegen die Verwendung der Ersatzstoffe eingelegt.
Selbst Unterstützern der Todesstrafe ist die Sache nicht geheuer. Mehrere Bundesstaaten denken deshalb über eine Rückkehr zum Elektrischen Stuhl oder zum Erschießungskommando nach. Doch entsprechende Initiativen, etwa in Virginia und Wyoming, scheiterten bislang am Widerstand des Parlaments. Bürgerrechtler hoffen dagegen, dass sich ein ganz anderer Trend fortsetzt: In den letzten Jahren schafften New Mexico, Connecticut and Maryland die Todesstrafe ab. Geht es nach ihnen, sollen möglichst viel der anderen 32 Staaten folgen.
Quelle: ntv.de, Marco Mierke, dpa