Vorwürfe gegen ranghohe Soldaten NGO: Mexikos Militär tötet gezielt Kriminelle
03.07.2015, 11:30 Uhr
"Völlig illegitime und illegale Order": Die Vorwürfe richten sich gegen Offizielle des mexikanischen Militärs.
(Foto: AP)
In Mexiko nimmt der anhaltende Kampf gegen das Organisierte Verbrechen groteske Formen an. Offenbar sind Kriminelle offiziell zum Abschuss freigegeben. Menschenrechtler berichten von außergerichtlichen Hinrichtungen und illegalen Einsatzbefehlen.
Mexikanische Soldaten haben nach Angaben von Menschenrechtlern die dienstliche Anweisung erhalten, Kriminelle zu töten. Die Menschenrechtsorganisation Centro Prodh forderte in einem vorgelegten Bericht eine Untersuchung der Vorwürfe gegen ranghohe Offiziere. Dabei geht es insbesondere um mutmaßliche außergerichtliche Hinrichtungen von mehreren Verdächtigen in einem Lagerhaus in Tlatlaya im Juni vergangenen Jahres. Prodh-Chef Mario Patrón Sánchez sprach von einer "völlig illegitimen und illegalen Order". Es müsse eine Untersuchung dazu geben, wer für die Befehle verantwortlich ist.
Prodh erwähnte unter anderem eine Anweisung, die neben 36 weiteren am 11. Juni 2014 wenige Tage vor den Erschießungen ausgegeben worden sei. Darin wurden die Soldaten demnach angehalten, "während der Nacht in massiver Form zu operieren und am Tag die Einsätze zu verringern, um Kriminelle im Dunkeln niederzuschießen, da die meisten Verbrechen zu dieser Zeit begangen werden".
Die Menschenrechtler wiesen darauf hin, dass in dem Einsatzbefehl mit dem Wort "abatir" bewusst eine Formulierung verwendet worden sei, die eine sprachliche Beschönigung des Wortes "matar" für "töten" sei. Dieselbe Order für die Soldaten des Stützpunktes 22-D bei Tlatlaya fordert demnach zugleich, dass die "Einsätze in strenger Achtung der Menschenrechte" zu erfolgen hätten.
Offensive gegen Drogenhandel kostet Tausende Menschenleben
Nur 19 Tage nach dem Erlass der Order habe die Armee mitgeteilt, dass bei einer Schießerei in einem Lager bei Tlataya im Bundesstaat México 22 mutmaßliche Bandenmitglieder getötet worden seien; auf Seiten der Soldaten habe es lediglich einen Verletzten gegeben. Allein dieses Verhältnis der Opferzahlen wirft nach Ansicht der Menschenrechtler Fragen auf.
Eine Überlebende sagte später während einer Pressekonferenz, die Soldaten hätten mehrere der Gefassten erschossen, obwohl diese sich bereits ergeben hätten, darunter auch ein 15-jähriges Mädchen. Die Generalstaatsanwaltschaft beschuldigte drei Soldaten des Mordes an acht Menschen in dem Fall. Vier weiteren, darunter ein Offizier, wurden Dienstpflichtverletzungen vorgeworfen. Nach Angaben der nationalen Menschenrechtskommission wurden bei dem Vorfall in Tlatlaya sogar bis zu 15 Menschen außergerichtlich hingerichtet.
Seit dem Beginn der Offensive gegen den Drogenhandel unter dem früheren Staatschef Felipe Calderón im Jahr 2006 wurden 100.000 Menschen getötet oder als vermisst gemeldet.
Quelle: ntv.de, jja/AFP