Panorama

"Das waren ganz normale Leute" Nachbarn geschockt über Säugling in Koffer

hannover.JPG

Eine 22-Jährige legt ihr Neugeborenes in einem Koffer ab. In diesem findet die Polizei auch das Skelett eines weiteren Kindes. Die Anwohner in dem beschaulichen Wohnviertel sind geschockt, denn sie beschreiben die junge Frau als nett und unauffällig.

Es ist ein gepflegtes Wohnviertel unweit des Zentrums von Hannover, in das die Polizei zu einem erschütternden Fund gerufen wird. In dem Mehrfamilienhaus mit der weißen Fassade wohnen Studenten, Rentner und Familien. Ein junges Pärchen mit Hund ist vor zwei, drei Monaten erst in den vierten Stock eingezogen. Zu deren Wohnung rücken Polizei und Rettungsdienst an - in einem Koffer liegt ein neugeborenes Baby. Es lebt und kommt in eine Klinik. Dann der Schock, als die Beamten den Koffer näher untersuchen: Sie finden Skeletteile - vermutlich von einem weiteren Baby.

Kurz nach dem grausamen Fund nehmen Polizisten die 22-jährige mutmaßliche Mutter an ihrem Arbeitsplatz fest. Ein Haftrichter ordnete wegen des Verdachts des Totschlags Untersuchungshaft an. Gegenüber den Beamten machte die junge Frau bis zum Nachmittag keine Angaben. Ihr 19-jähriger Freund, mit dem sie zusammen wohnt, ist weiter auf freiem Fuß. Die gefundenen Knochenteile werden in der Rechtsmedizin untersucht.

"Als ich gestern vor dem Haus Polizei gesehen habe, habe ich zuerst an einen Einbruch gedacht", sagt Rainer Deike. Der 69 Jahre alte Nachbar beschreibt das junge Paar als nett und unauffällig. "Man kennt sich hier, es herrscht ein gutes Verhältnis im Haus." Gegenüber von ihm ist eine WG, eine junge Frau macht gerade ihren Umzug. Wie es dazu kommen konnte, dass die mutmaßliche Mutter, die 22-jährige neue Nachbarin, ihr lebendes Baby in einen Koffer steckte, das können sich die übrigen Hausbewohner nicht erklären. Ihr Partner ist es, der die Polizei verständigt. Gerade hat er das Neugeborene in dem Koffer entdeckt, so zumindest seine Schilderungen gegenüber den Beamten.

Eine junge Frau kommt mit ihrem Kind auf dem Arm und einem kleinen Hund an der Leine die Treppe hoch. Sie kann gar nicht fassen, was ihr die Polizei über das Pärchen erzählt. "Sie haben ja auch einen Hund und wir sind auch einmal zusammen Gassi gegangen", berichtet die Nachbarin. Die 22-Jährige habe gerade erst eine Ausbildung angefangen. "Das waren ganz normale Leute", erzählt die Frau. "Ich war auch einmal in der Wohnung, da sah alles ganz normal aus." Das neue Pärchen habe auch Besuch gehabt und einmal eine Party gefeiert. Von der Schwangerschaft habe sie nichts bemerkt, sagt die Nachbarin. Auch bei einem Gespräch habe die Frau nichts davon erwähnt. "So etwas sieht man sonst nur im Fernsehen."

Kleines Mädchen ist wohlauf

Der Psychiater Michael Soyka, der sich auch als Gutachter mit Fällen von Kindstötung beschäftigt und das Buch "Wenn Frauen töten" schrieb, vermutet, dass die junge Frau zu ihrer Schwangerschaft und dem Kind keinen Zugang gefunden hat. "Man gewinnt den Eindruck, dass die Frau das Kind wie ein Ding abgelegt hat in einem Koffer." Er vermutet eine starke Entfremdung der jungen Frau von dem Kind.

Eine gute Nachricht kommt aus der Kinderklinik. Der Zustand des geretteten Säuglings - es ist ein kleines Mädchen - ist stabil. Unterdessen meint Nachbar Deike: "Man hätte den Menschen vorher helfen sollen."

Quelle: ntv.de, Elena Metz, dpa

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen